Nicht so schön wie Hamburg, nicht so wild wie Berlin, nicht so freundlich wie Köln und nicht so schick wie München liegt Frankfurt relativ unbeachtet vom gemeinen Kleinstadthipster in der Mitte von Deutschland. Deutscher Durchschnitt ist es trotzdem nicht. Das höchste Gebäude, der größte Ausländeranteil, der wichtigste Flughafen, extreme Unterschiede zwischen arm und reich, eine Finanzmetropole, deren Skyline Einwohner zum liebevollen aber grenzenlos übertriebenen Kosenamen „Mainhatten“ verleitet.
Außer denen, die hier wohnen scheint jedoch niemand so recht begeistert, der Standardsatz: „Frankfurt? Ja, ich bin mal von da geflogen.“, ansonsten Börsenberichte und Kulisse von Haftbefehls Musikvideos.
Frankfurt ist keine Touristenstadt, ein Besuch kein
Selbstzweck, wer nach Frankfurt kommt, hat etwas zu erledigen. Die
klassischen Sehenswürdigkeiten der Stadt sind an einer Hand abzählbar.
Die Paulskirche als Geburtsstätte der deutschen Demokratie und der
anliegende „Römer“ gehören mit Sicherheit dazu, danach wird es schon
eng. Die Börse und die Europäische Zentralbank möglicherweise für
Interessierte, aber doch auch eher Arbeitsplatz, vor 3 Jahren bei den
Blockupy Protesten auch Kriegsplatz, als Attraktion.
Das ist aber nur eine Seite der Stadt. Hat man den Schock über Hochhäuser im sonst beschaulichen Hessen erst einmal überwunden, fällt auf den zweiten Blick auf, dass Frankfurt auch kulturell einiges zu bieten hat.
So ist im Museum für angewandte Kunst nach wie vor „Jil Sander – Präsens“ zu sehen, außerdem lohnt ein Besuch des MMK immer. Wen auch weniger moderne Kunst interessiert, dem sei die „Rubens“ Werkschau im Städel nahegelegt (ab dem 8.2.18).
Das Event des Jahres ist aber wohl die „Basquiat“ Ausstellung in der Schirn Kunsthalle
und die geplanten Veranstaltungen im dazugehörigen CROWN CLUB. Eröffnet
wird dieser von uns, Dandy Diary, am 22. Februar um 19.00 Uhr.
Also der perfekte Zeitpunkt, um in ein verlängertes
Wochenende nach Frankfurt aufzubrechen. Besser Zug als Autobahn, nicht
nur der Umwelt, auch den eigenen Nerven zu Liebe, denn Parkplätze sind
in Frankfurt so selten wie Apfelwein in Berlin.
Steigt man am Hauptbahnhof aus, befindet man sich im Herzen der Stadt, und hat doch nach wenigen Schritten in die umliegenden Straßen das Gefühl nicht nur das Bahnhofsgebäude, sondern auch das Land verlassen zu haben. Hier reihen sich Restaurants, Menschen und Läden unterschiedlichster Nationalitäten aneinander, von deutscher Ordnung und Spießigkeit keine Spur. Dafür viele Möglichkeiten angenehm in den Abend zu starten und ein perfekter Ausgangspunkt für jegliche Unternehmungen.
Wer es sich leisten kann und will wohnt wohl wie Christan Kracht in Faserland im Frankfurter Hof. Wer nicht, dem sei das Frankfurt Hostel empfohlen. Will man trinken, wo man wohnt, bietet sich das Roomers an, dessen Hotelbar zu den nobelsten der Stadt gehört. Man munkelt außerdem, dass im benachbarten Le Meridian bald das „The Black Dog“ von Bar Koryphäe René Soffner öffnet. Sehnsüchtig erwartet von allen, die seine erste Bar, das The Kinly kennen. Diese befindet sich nur wenige Straßen weiter, hinter einer schwarzen Tür mit der goldenen Aufschrift „Cash only“. Sie wird erst nach Klingeln geöffnet und weist einem den Weg in einen gemütlich, edel eingerichteten Kellerraum mit angenehmen Sitzmöglichkeiten, ausgezeichneten Barkeepern in Lederschürzen und ausgefallenen, saisonalen Cocktails. Momentane Empfehlung: der Bruno.
Etwas lauter und trubeliger trinkt es sich in der Münchner Straße. Hier mischt sich Rotlicht, Szene und Bänker Milieu bevorzugt in der Plank Bar (besserer Rotwein) und im Maxie Eisen (Pastrami-Sandwichs) zu lauter Musik und guter Laune. Bei großem Andrang sitzt und steht man auch gerne davor. Dafür muss man die Getränke nicht mal in der Bar kaufen, sondern kann zum benachbarten Späti (hier Trinkhalle genannt) Yok-Yok gehen, der nicht nur eine große Bierauswahl hat, sondern auch immer wieder kleine Ausstellungen beherbergt.
Uriger geht es im Moseleck und der Terminus Klause zu. Die beiden traditionellen Säuferkneipen wurden insbesondere durch Jodel zum Treff für Studenten und Stammpublikum. Zunächst ironisch, mittlerweile Kult beginnen und enden hier viele Abende, denn die Öffnungszeiten 6-4 Uhr werden eher als Richtlinien gesehen.
In knapp 20 Minuten kann man vom Bahnhof zur am Römer gelegenen Schirn Kunsthalle laufen. Ein Schlenker führt am Main entlang. Die Mainufer, insbesondere am Eisernen Steg sind im Sommer der Treffpunkt für alle.
Wer sich nicht nur treffen, sondern auch tanzen möchte, geht in den Yachtklub, ein Boot am Sachsenhäuser Ufer, dass mit wechselndem Programm, entspannter Atmosphäre und einer Kombination aus spanischen Tapas und Frankfurter Handkäs' lockt. Initiator dieser Location ist Hans Romanov, der seit über 30 Jahren Bars, Klubs mit K und Partys in Frankfurt öffnet und schließt. Sein aktuelles Zweitprojekt ist das Eros_49 im Stripclub Black Russian im Bahnhofsviertel. Wo sich sonst leichtbekleidete Mädchen an Stangen schwingen, legen nun jedes Wochenende DJs tanzbare elektronische Musik auf.
Das Konzept Stripclub Upcycling ist dabei keineswegs neu im Bahnhofsviertel. Nur einige Häuser weiter, selbe Straße zeigt die Pik Dame, in der wir bereits die Launch-Party unser Homeboy Baggy Pants feierten, seit 10 Jahren wie es gehen kann.
Gefeiert werden kann in Frankfurt auch, wenn Dandy Diary gerade nicht in der Stadt ist, zum Beispiel im AMP direkt am Willy-Brandt-Platz mit Blick auf den beleuchteten EZB Euro, in #EUnify Laune sozusagen oder in der Pracht Bar. Besonders empfehlenswert, weil leider bald wieder weg, ist momentan ein Besuch der ABS Bar, eine improvisierte Location in den alten Räumlichkeiten der Deutschen Bank.
Mag man den Techno etwas härter und die Party etwas dunkler, geht man in Frankfurt ins Tanzhaus West. Für eine bessere Anlage lohnt sich der Weg ins benachbarte Offenbach zum Robert Johnson, dass auch mit internationalen DJs aufwarten kann und nach dem Berghain als einziger deutscher Club zu einem der besten 100 der Welt gekürt wurde.
Eher irregulär, aber spektakulär finden auch immer wieder Tanzabende in den verschiedenen Ausstellungsräumen statt. Neben den Themenpartys in Schirn und MMK hat sich insbesondere das „Kabinett der Kuriositäten" vom Atelier Frankfurt herumgesprochen. Hier ist Verkleiden Pflicht, um den abwechslungsreich gestalteten Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Künstlerhauses zu entsprechen, die an das Sisyphos oder So&So erinnern.
Weniger bunt, trotzdem erfrischend sind Partys in der Galerie im Parkhaus-wk-16 und im Kunstverein Familie Montez. Dieser besticht allein durch seine Lage unter der Honsellbrücke und am 23.2. spielt hier Shantel auf, der nicht nur DJ ist, sondern seit Kurzem auch Bürgermeisterkandidat.
Reicht es dann mit all der Feierei, kann man an Samstagen auf dem Flohmarkt am Museumsufer oder im Ostend entspannen oder die Kleinmarkthalle besuchen. Dort gibt es jeden Tag Frisches von regionalen und internationalen Händlern. Frankfurt typische Spezialitäten wie Handkäs' mit Musik oder Grüne Soße isst man am besten im alten Stadtkern von Sachsenhausen beim Atschel (hessisch für Elster) oder einem der umliegenden Lokale. Dieser Stadtteil ist nachmittags angenehm zum Spazieren und Schauen, verwandelt sich des Nachts aber in einen Moloch von suchenden BWL Studenten und Eintracht Fans, die dort zwischen Schlager und Shisha Bars wieder nicht fündig werden. (Angenehme Ausnahme ist hier die Old Fashioned Bar)
Immer lohnend ist dagegen ein Besuch der Streetwear Experten von Uebervart in ihrem schönen Laden in der Innenstadt. In unmittelbarer Nähe befinden sich nicht nur verschiedene Boutiquen, sondern auch das Café Karin und das Place To Be, das zu besuchen zu jeder Zeit eine gute Idee ist.
Bisher wenig erwähnt sind hier das Nordend und Bockenheim geblieben. Während ersteres mit der herrschaftlichen Einkaufsmeile Berger Straße zum Flanieren einlädt und zu den legendären Freitagen am Friedberger Platz, ist die Leipziger Straße in Bockenheim eher bunt zusammengewürfelt, dafür auch abwechslungsreicher.
Nach wenigen Tagen in Frankfurt, wird offensichtlich, dass trotz der Bedeutung gemahnenden Skyline und immerhin 700 000 Einwohnern alles Sehenswerte sehr nah beieinanderliegt. Die räumliche Nähe macht auch die Vielfalt dieser Stadt sichtbar. Hier trifft hessische Gemütlichkeit auf Business Stress, Altbau auf Industrieviertel, Frankfurter Buben auf Besuch aus aller Welt und am 22. Februar eben Dandy Diary auf Schirn. Am Ende ergeben diese Kontraste ein harmonisches, sogar ein überraschend sympathisches Bild. Schaut es euch selbst an:
Dandy Diary Frankfurt Guide - bitte alles ablaufen und Beweisfotos schicken!