Das heilige Stück Land, um das die Menschen so erbittert streiten, umfasst nur zwei staubige Hügel vor den Toren der Jerusalemer Altstadt. An den kahlen Hängen kleben Häuser dicht an dicht, dazwischen ragt eine Aussichtsplattform empor. Auf der steht Anfang April ein junger Mann mit Kippa und deutet mit den Armen weit hinaus ins Tal. Auf Hebräisch ruft er: "Es ist wichtig zu wissen, wer zuerst hier gewesen ist. Und das war König David."
Hinter ihm drängt sich eine Schulklasse an das Geländer. Er sagt zu ihnen: "Ihr müsst verstehen: Das hier ist der Ursprung Israels, hier hat alles angefangen." Eine Straße schlängelt sich durch das trockene Tal, in der Ferne leuchtet die Wüste im Sonnenlicht. Die Schüler sind nicht gekommen, um die Aussicht zu genießen - sie sollen verstehen: Dieses Land gehört rechtmäßig ihnen.
Denn die Aussichtsplattform aus weißem Stein ist Teil der sogenannten Davidsstadt, einer Art archäologischen Freiluftmuseums. Gebaut, um die Geschichte von der Rückkehr des jüdischen Volkes zu erzählen. Eine halbe Million Touristen strömt jährlich durch den Eingang nur wenige hundert Meter südlich des Tempelbergs. Harfenmusik aus versteckten Boxen empfängt sie, der Name David steht in großen goldenen Buchstaben über dem Eingang. Sie alle wollen die Steinreste vom Palast des biblischen Königs David sehen. Sie glauben daran, dass hier Jerusalem gegründet wurde - so wie es in der Bibel steht.
Was viele Touristen nicht wissen: Die Davidsstadt liegt in Ostjerusalem, mitten im palästinensischen Stadtteil Silwan. Fünf Mal am Tag übertönt der Gesang des Muezzins die Harfenklänge. Nach internationalem Recht soll hier eines Tages eine palästinensische Hauptstadt entstehen. Die Davidsstadt ist deshalb nicht nur ein Freiluftmuseum, sie ist Teil einer Siedlungspolitik mit dem Ziel: die Teilung Jerusalems zu verhindern.
Um Silwan ist seit Jahren ein heftiger Streit entbrannt, zwischen Wissenschaftlern, Politikern und Anwohnern. Es geht dabei auch um die Frage: Wer war zuerst da?
Dass sich ein Herrschergeschlecht im 8. vorchristlichen Jahrhundert nach einem David benannte, scheint bewiesen. Aber ob dieser David hier im Süden Jerusalems einen Palast hatte, das ist wissenschaftlich hoch umstritten.
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