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Väter und Mütter im Beruf: Es braucht eine Rechtsgrundlage

Eltern werden noch immer im Beruf diskriminiert. Ein rechtlicher Rahmen muss Abhilfe schaffen.

Es gibt diese Geschichten, die mich erstaunen und gleichzeitig zweifeln lassen. Die mich als Frau, der die Familienplanung noch bevorsteht, beeinflussen, obwohl sie es nicht sollten. Eine davon wurde kürzlich in dem Mutter-Podcast „Mama Lauda“ erzählt und geht so: Eine junge Frau, sie arbeitet erst seit sieben Monaten in ihrer Firma, wird schwanger. Das Unternehmen ist sehr zufrieden mit ihr und beschäftigt sie gerne. Die Chefs beteuern, kein Problem mit ihrer Schwangerschaft zu haben, ja, unterstützen sie sogar. Als ihr Kind zur Welt kommt, wird die frisch gewordene Mutter in die Firma eingeladen. Mit betretenem Blick sagt der Chef ihr, dass er sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr weiterbeschäftigen könne. Und noch ein Vorschlag: Sie solle das bitte nicht so an die Kollegen und Kolleginnen herantragen, sondern sagen, dass die Entscheidung ganz von ihr aus ging.


Man wünscht sich, dass diese Geschichte vor 50 Jahren passiert ist. Aber das ist sie nicht, sie ist ganz aktuell. Kurz nach der Elternzeit kehren Mütter und Väter zurück in den Beruf, wo sie erwartet, was sie am meisten gefürchtet haben: die Kündigung. Dass diese Fälle nicht selten vorkommen, zeigt die Resonanz, die eine Petition der Initiative #proparents und der Zeitschriften „Brigitte“ und „Eltern“ erfährt: Sie fordert den Bundestag und den Bundesrat dazu auf, Elternschaft in das Antidiskriminierungsgesetz aufzunehmen. Eine der Initiatorinnen erlebte als Juristin genau das Gleiche und wurde am ersten Tag nach ihrer Elternzeit gekündigt. Etwa 300 Geschichten solcher Art wurden der „Brigitte“ zugesandt. Die Petition hat mittlerweile etwa 48.000 Unterschriften.


Ich habe noch nicht entschieden, ob ich Kinder haben möchte oder nicht. Im Zentrum steht für mich ein erfülltes Leben, sei es mit oder ohne Partner, mit einem Kind oder mehr, mit Karriere oder vielleicht mit allem. Aber meine Entscheidung ist nicht so frei, wie sie sein sollte. Denn Mütter haben es immer noch besonders schwer im Beruf – sie werden seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen, fand eine Studie aus dem vergangenen Jahr heraus. Andere belegen, dass Mutterschaft ein wesentlicher Grund für den Gender Pay Gap ist, warum Frauen also weniger verdienen als Männer. In Deutschland sind die Rechte für arbeitende Eltern im Mutterschutz- und Elternzeitgesetz geregelt, allerdings schützen sie nicht langfristig vor Benachteiligung.


In Österreich dagegen ist Elternschaft Teil des Antidiskriminierungsgesetzes. Natürlich gibt es auch dort Fälle, in denen Menschen mit Kindern benachteiligt werden – aber sie können den Arbeitgeber verklagen, wenn das passiert. Ein Urteil aus dem vergangenen Sommer etwa gab einem Vater recht, nachdem seine Kolleginnen und Kollegen versucht hatten, ihn nach seiner Elternzeit herauszuekeln: Er bekam demütigende Aufgaben, neben seinem Arbeitsplatz wurde ein Schmutzwäscheständer aufgestellt und seine Vorgesetzten wetteten, wie lange er wohl noch „durchhält“. Er erhielt 3000 Euro Schadensersatz.


Es gibt genug, was negativ beeinflusst


Neben all den Punkten, die in die Kinderfrage einfließen, sollte die Sorge um Nachteile im Beruf eigentlich die kleinste sein. Es gibt bereits genug, das meine Entscheidung negativ beeinflusst: Die Angst vor der Schwangerschaft an sich, die Sorge darum, das Kind allein großziehen zu müssen, die Bedenken, ob das Kind überhaupt gesund zur Welt kommen würde. Eine Kündigung oder Mobbing sollte ich nicht fürchten müssen, weil ich mich vielleicht für ein Kind entscheide.


Deutsche Unternehmen machen durchaus Fortschritte. Der „Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit“ des Familienministeriums von 2019 zeigt, dass der Anteil von Betrieben mit einer ausgeprägt familienfreundlichen Unternehmenskultur seit 2015 zugenommen hat – aus Sicht der Arbeitgeber und der Beschäftigten. Laut der Studie fürchten trotzdem viele Eltern Nachteile, wenn sie familienfreundliche Maßnahmen in Anspruch nehmen. Dass sowohl kleine als auch große Unternehmen Eltern das Berufsleben erleichtern, zeigt auch eine Auflistung der Bremer Initiative „Familienfreundlich“. Sie zeichnet Betriebe mit einem Siegel aus, die besonders gute Bedingungen für Mütter und Väter schaffen. Darunter gibt es einige, die Teilzeitmodelle anbieten; die flexible Arbeitszeiten und Homeoffice ermöglichen und vor allem den Wiedereinstieg nach der Elternzeit erleichtern. Ein gesetzlicher Rahmen ist dennoch wichtig, um Diskriminierung von arbeitenden Müttern und Vätern so weit es geht zu unterbinden – und ihnen eine Grundlage zu geben, falls es dazu kommt.


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