Düsseldorf/Köln. Es riecht nach Desinfektionsmittel in meinem knallgelben Schutzanzug. Mir wird heiß. Schweißperlen tropfen mir von der Stirn. In dem mehrschichtigen Isolieranzug, der Menschen vor tödlichen Krankheitserregern wie dem Ebola-Virus schützen soll, wird jeder Handgriff zur Schwerstarbeit.
Eng und beklemmend ist es in dem neongelben Overall. Das lautstarke Geraschel des Plastik-Anzugs verschluckt bei jeder Bewegung die Umgebungsgeräusche, ich komme mir vor wie ein Schwerhöriger. Die Atemschutzmaske, die zusammen mit Handschuhen und Schuhüberziehern meine Schutzausrüstung komplettiert, zwingt mich, deutlich langsamer zu atmen, als ich es eigentlich möchte.
Unter diesen Bedingungen muss ein Helfer also arbeiten. Länger als 90 Minuten kann man in so einem Anzug kaum aushalten, meinen Experten. Ich selbst ziehe mein Exemplar schon nach zehn Minuten wieder aus. Kaum vorstellbar, wie man diese Tortur bei Temperaturen von 40 Grad Celsius aushalten soll, wie sie in Afrika nicht selten sind. Aber die Schutzausrüstung ist überlebenswichtig für alle Ärzte, Pfleger und sonstigen Helfer. Denn die begeben sich Tag für Tag in Risikosituationen, um im Kampf gegen Ebola Leben zu retten.
Daniel Peter (34) ist einer von ihnen. Als Arzt an der Kölner Uni-Klinik hat er selbst schon in etlichen Krisengebieten geholfen. Und weiß daher, dass die gefährlichste Situation das Ausziehen der Schutzausrüstung ist. Im Innenhof des Arbeiter-Samariter-Bundes in Köln demonstriert er den Vorgang, die einzelnen Handgriffe, die in genau der richtigen Reihenfolge durchgeführt werden müssen, um sich nicht anzustecken.
Der Risikofaktor Mensch kann nur durch intensives Training minimiert werden, sagt Peter: „Ich selbst habe diese kombinierte Schutzausrüstung sicherlich mehrere Dutzend Male an- und abgelegt und kann das mittlerweile. Das wäre für mich die Größenordnung, mit der ich mich sicher fühle.“ Ärzte und Pfleger fordern eine bessere Ausbildung im Umgang mit der Schutzkleidung, um die Handgriffe auch in Stresssituationen beherrschen zu können.
Amerikanische Kliniken haben einen Weg gefunden, das Risiko eines Fehlgriffs und einer Ansteckung zu reduzieren: das sogenannte „Buddy-System“. Eine zweite Person steht mit einer Checkliste daneben und hakt die einzelnen Schritte ab, wenn ein Arzt oder Pfleger die Schutzausrüstung auszieht. Peter wünscht sich, dieses System auch in den Krisengebieten und in Deutschland zu verbreiten.
Von der Angst, die durch die Bevölkerung geht, profitieren die Hersteller der Schutzkleidung. Umsätze schnellen in die Höhe, die Produktion kommt kaum noch hinterher. Die Kurse der Firmen Lakeland und Alpha Pro, die Ebola-Schutzkleidung herstellen, legten zu. Notierte der Kurs des Handschuh- und Maskenherstellers Alpha Pro Tec am 7. Oktober noch knapp über drei Dollar, verdreifachte sich der Wert des Unternehmens innerhalb einer Woche. Mit 9,25 Dollar erreichte er zwischenzeitlich den höchsten Wert aller Zeiten.
Auch Lakeland Industries profitiert von der dramatisch gewachsenen Nachfrage: Das US-Außenministerium habe 160.000 Schutzanzüge bestellt, teilte das Unternehmen vor kurzem mit. Der Kurs der Lakeland-Aktie erreichte letzte Woche mit 24,25 Dollar den höchsten Stand seit einem Jahr.
Beim deutschen Hersteller Dach mussten bereits Zeitarbeiter eingestellt werden, um die riesige Nachfrage bedienen zu können. Allein die Bundeswehr bestellte Tausende Schutz-Sets, wie der Geschäftsführer des deutschen Unternehmens Dach, Ming Gutsche, berichtet: „Die waren schnell weg“.
Dach liefert spezielle Sets für Krankenhäuser, Rettungsdienste oder Behörden, dazu gehören der Schutzanzug selbst, Atemmaske, Schutzbrille, Schuhüberzieher und zwei Paar Handschuhe. Rund 36 Euro kostet ein Paket mit einem flüssigkeitsdichten gelben Anzug, ein etwas weniger sicheres Set rund neun Euro.
Doch auch das beste Sicherheitspaket kann das Risiko nicht völlig minimieren. Welche Konsequenzen selbst der kleinste Fehler beim Umgang mit Ebola haben kann, zeigt das Beispiel der spanischen Krankenschwester, die einen an Ebola erkrankten Priester versorgt hatte. Beim Ausziehen der Schutzkleidung fasste sie sich wohl mit ihrem Handschuh ins Gesicht, kurz danach erkrankte sie selbst. Inzwischen konnte sie die Klinik aber wieder verlassen.
Peter merkt an, „dass die nur 50-prozentige Überlebenschance im Falle einer Infektion, den Umgang mit den Viren nicht unbedingt erleichtert“. Auch mir gelingt es nicht, Anzug und Handschuhe abzulegen, ohne Außenseite zu berühren, die im Ernstfall mit dem tödlichen Erreger kontaminiert sein könnte.
Am Ende meines Selbsttests steht die Erkenntnis, dass der Alltag der Helfer bei der Versorgung von Ebola-Patienten noch weit aufreibender ist, als ich vermutet hätte. Und der Respekt vor den Menschen, die diese Belastungen auf sich nehmen, um anderen Menschen zu helfen.