Cinderella Glücklich - ja, das ist wirklich ihr echter Name - hatte einen Traum. Sie wollte unbedingt auf einer privaten Fachhochschule Journalismus und Unternehmenskommunikation studieren. Es gab da nur einen Haken - oder eher 750 - und zwar pro Monat. So hoch sind nämlich alleine die Studiengebühren. Die einzige Möglichkeit, die sie sieht: einen Sponsor finden. Mittlerweile ist Cinderella 24 Jahre alt und studiert im siebten Semester. Es scheint also geklappt zu haben.
PULS: Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, dir dein Studium sponsern zu lassen?Cinderella Glücklich: Das war total spontan. Ich stand im Supermarkt vor der Kühltheke und war total erschlagen von dem Angebot. Ich hab gedacht, hier gibt's 30 verschiedene Sorten Fleischsalat in allen möglichen Variationen und hinter jeder Marke steckt in der Regel eine andere Firma. Irgendwie hatte ich diesen fixen Gedanken, dass diese ganzen Firmen Kohle haben müssen ohne Ende. Es war wirklich so ein Aha-Moment für mich. Mir wurde klar, ich muss eine dieser vielen Firmen irgendwie davon überzeugen, dass sie mir ihre Kohle geben. Also bin ich nach Hause und hab direkt losgelegt.
Womit hast du losgelegt?Ich habe eine Liste mit Produkten und Unternehmen gemacht, die ich gut finde und dann recherchiert, was dahinter steckt. Also welche Unternehmensphilosophien diese Konzerne haben. Mir war es wichtig, dass ich - sollte es klappen - von jemandem gesponsert werde, mit dessen Werten ich mich identifizieren kann. Irgendwann hatte ich eine Liste mit 86 Unternehmen. Die Frage war natürlich, wie ich es jetzt schaffe, die so anzuschreiben, dass mein Dokument nicht sofort im Papierkorb landet.
Also hab ich mir in langen Nachtschichten sehr genau gute Argumente überlegt, warum sie mir die 30.000 Euro fürs Studium zahlen sollten. Geholfen hat mir ein Kumpel. Der hat mir zwar erst den Vogel gezeigt und gemeint, ich sei bekloppt, aber er fände es super, dass ich bekloppt bin. In die Bewerbungsmappe kam dann noch ein Empfehlungsschreiben der Uni, für die ich die Aufnahmeprüfung bestanden habe und eine genaue Kostenaufstellung. Ich hab echt drei Monate Tag und Nacht gerödelt, um das alles fertig zu kriegen.
Du sitzt im Rollstuhl. Hast du das in deiner Bewerbung thematisiert?Meine Behinderung habe ich komplett rausgelassen. Ich hab für die Bewerbung ein Deckblatt mit Fotos gestaltet. Da sieht man schon, dass ich im Rollstuhl sitze. Aber das war für mich kein Argument. Ich wollte es ganz bewusst nicht mit der Mitleidsnummer versuchen oder auf die Tränendrüse drücken. Ich habe Grips im Kopf und sitze im Rollstuhl. Da ist kein weil oder obwohl. Meine körperliche Behinderung hat ja mit meiner Intelligenz nichts zu tun.
Welche Antworten hast du bekommen?Viele Unternehmen haben sich gar nicht zurückgemeldet, viele direkt eine Absage geschickt. Manche haben mir einen Praktikumsplatz angeboten. Aber zwei Tage nach meinem Geburtstag haben mich unabhängig voneinander zwei große deutsche Firmen angerufen. Die eine hat gesagt: "Hey wir finden die Aktion so cool, wir würden Ihnen gerne einen Nebenjob im Bereich Talent Management und Social Media anbieten, damit Sie ihre Lebenshaltungskosten finanzieren können." Und die andere dann: "Sowas Geiles haben wir noch nie erlebt, wir möchten ihnen ihr Studium finanzieren." Da bin ich erstmal rückwärts vom Stuhl gefallen, aber damit war die Sache geritzt und der Sponsoring-Vertrag quasi unterschrieben.
Hat das Unternehmen gesagt, warum es dich sponsern will?Sie haben gesagt, dass sie die Aktion einfach gut fanden und sowas auch noch nie erlebt haben. Wenn jemand so viel Kreativität und Willenskraft in etwas reinstecke, könnten sie gar nicht anders, als denjenigen dafür zu belohnen. Auch weil sie das sehr selten erleben würden, dass ein junger Mensch so engagiert ist. Das Unternehmen - einer der weltweit größten Gesundheitskonzerne - ist auch sehr sozial engagiert. Sie haben eine Stiftung, die Leute in ihrem Studium unterstützt. Ich hatte mich aber an den Konzern direkt gewandt, für eine Förderung durch die Stiftung wäre ich nicht in Frage gekommen.
Will der Konzern keine Gegenleistung für das Geld?In den Vertragsbedingungen steht, dass ich bei Bedarf für Werbeaufnahmen zur Verfügung stehen sollte, aber das ist so nie eingetreten. Ich habe aber ein Praktikum bei dem Unternehmen gemacht und in dem Rahmen ist mal ein Mitarbeitervideo entstanden, in dem ich Fragen dazu beantwortet habe, warum ich gerne dort arbeite. Meine Studienförderung wurde da aber nicht erwähnt. Ansonsten war es nicht so, dass ich ständig Verpflichtungen hatte. Im Gegenteil, sie haben mich komplett in Ruhe gelassen. Ab und an kam eine Nachfrage, aber das wurde im Laufe der Zeit immer weniger. Von dem Geld selbst habe ich auch nie etwas gesehen, der Konzern rechnet das direkt mit der Hochschulverwaltung ab.
Du studierst jetzt im siebten Semester - hatte das Sponsoring auch schon irgendwelche Nachteile für dich?Ich weiß nicht, ob es anders gewesen wäre, wenn ich dieses Sponsoring nicht gehabt hätte, weil ich generell schon ein eher perfektionistisch orientierter Mensch bin, aber ich habe mich schon sehr großem Druck ausgesetzt gefühlt. Ich habe mir gedacht, das Unternehmen hat jetzt 30.000 Euro in mich und mein Studium investiert, dann will ich auch die Leistung zeigen und es schaffen. Und man ist abhängig. Wenn ich jetzt irgendwas machen sollte, was dem Unternehmen nicht passt, würden die wohl jederzeit einen Weg finden zu sagen: Nö, wir stoppen das Sponsoring. Dann könnte ich morgen nicht mehr weiterstudieren. Man überlegt sich da schon zweimal, welche Aktionen man bringt, also zum Beispiel ob man auf irgendeiner Demo mitläuft oder besser nicht. Es hängt einfach viel dran für mich. Aber ich würde es, denke ich, wieder machen.