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ADHS bei Erwachsenen: Mit 28 kam die Erlösung

Foto: Tara Winstead

Pina Varnel musste erst an Depressionen erkranken, bis sie mit 28 Jahren die Diagnose bekam: ADHS. Die erklärt nun, warum es in ihrem Leben anders lief als bei anderen.


Von Nelly Ritz


Das Kuscheltier im Hintergrund fällt direkt auf. Runde Knubbelfüße, großer Kopf mit schwarzem Haar aus Fließ, zwei gelbe Antennen. Ein Alien. Davor sitzt Pina Varnel* und blickt in die Kamera ihres Laptops. Ihre langen Haare trägt die 32-Jährige offen, im Gesicht sitzt eine Brille, darunter blinzelt sie oft. Sie sagt: "Ich habe mich mein Leben lang wie eine Außerirdische gefühlt."


Pina lebt seit ihrer Kindheit mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung: ADHS. Die Diagnose bekam sie jedoch erst vor vier Jahren. 28 Jahre lang wusste sie nicht, dass eine ADHS ihre Emotionen, ihre Motivation, ihre Aufmerksamkeit, ihren Umgang mit Langeweile beeinflusste. "Ich war immer der Meinung, ich müsse mich nur genug anstrengen. Dann würde ich 'normal'", sagt Pina.

ADHS galt lange als Kinderkrankheit. Dass dahinte

r eine genetisch bedingte Störung steckt, die viele Menschen bis zu ihrem Tod begleitet, ist vielen nicht bekannt. "Im Erwachsenenalter wird ADHS nicht so häufig diagnostiziert, wie es eigentlich in der Gesellschaft vorkommt", sagt Swantje Matthies, Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg und Leiterin der dortigen ADHS-Sprechstunde. Das Informationsportal ADHS Deutschland schreibt über die Störung im Erwachsenenalter: "Schätzungsweise sind etwa zwei Millionen Menschen in Deutschland betroffen, ohne die geringste Ahnung davon zu haben."


Wie ist es, jahrelang mit der Krankheit zu leben, ohne es zu wissen? Was macht das mit den Betroffenen? Und was bedeutet es, nach Jahren die Diagnose zu hören?


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