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Review

Restaurantkritik: BAKU

BAKU: Ein Abend der Verneinungen


Was macht ein Koch eigentlich den ganzen Abend, wenn keine Gäste da sind? Zwischen 18 und 20 Uhr kehrt niemand ins Baku ein, außer meiner Mutter und mir. Für jeden Ex-Sowjetbürger ist das aserbaidschanische Baku ein kulinarischer Sehnsuchtsort. Verlangen verspürt man hier auch, aber nach schönerem Ambiente. Wir könnten uns auch in der russischen Provinz der 90-er Jahre befinden. Das Gefühl verstärken längst vergessene Hits aus der Perestroika-Zeit und Europop, immerhin kaum hörbar. In der leisen blonden Kellnerin hätte ich niemals eine Landsfrau vermutet, hätte meine Mutter sie nicht kompromisslos auf Russisch angesprochen. Sie ist flink und zuvorkommend, doch auch sie kann nicht zaubern. 

Unsere leidige Reise fängt mit dem Brot an, das so trocken ist wie das Deco-Stroh am Fenster. Der Beilagensalat kommt lange vor dem dazugehörigen Lammschaschlik und besteht aus drei, vier Rucola-Blättern, die sich einsam an Radieschen und Tomaten schmiegen. Das Lammfleisch mit scharfer Adjika-Sauce aus Peperoni und Kräutern ist extrem fettig (15,90 Euro). Es wird ein Abend der Verneinungen: „Das ist keine Kotleta po-kiewski“, sagt meine Mutter zu der Hähnchenroulade mit zu öliger Panade und zu wenig Dill (14,90 Euro). „Das ist keine Napoleon“, stimme ich zu, als ich später auf einem plumpen Stück Torte kaue (3,60 Euro), das eigentlich eine Buttercremesünde mit Blätterteig sein müsste. in der Hoffnung auf ein Wunder bestelle ich Olivje (4,90 Euro), den traditionellen Salat mit Kartoffeln und Hühnerfleisch, den aus irgendeinem Grund Radieschen dekorieren. Viel zu sauer ist er. „Das ist keine russische Küche“, sagt meine Mutter zu der Kellnerin, bevor wir uns, mit dem Gefühl, leicht betrogen worden zu sein, auf dem Heimweg machen. 


Hallerstraße 1a (Harvestehude), www.restaurant-baku.de