Die John-Cranko-Schule in Stuttgart gehört zu den renommiertesten Ballettschulen der Welt. Ein Tag an der Seite eines Balletttänzers: Sechs Stunden Training, Balance, Ausdauer, Kraft.
Vor ihm auf dem Tisch liegen sie. Die Ballettschuhe. Weißes Leinen, das sich um den Fußrist schmiegt. Von einem kleinen Gummiriemen gehalten. Jeden Monat muss er sich neue holen. Das harte Training nutzt sie ab. Ob es auch ihn irgendwann verschleißen wird? Er weiß es nicht. Luciano Crestto zuckt mit den Schultern. Lieber von etwas anderem reden. Der 17-jährige Chilene ist Ballettschüler an der John-Cranko-Schule in Stuttgart - einer der renommiertesten Ballettschulen der Welt. Das Gebäude wirkt von außen wie ein altes Postamt - doch wer an diesem Ort seinen Abschluss macht, kann es auf den großen Bühnen dieser Welt schaffen. Ein Neubau ist auch schon geplant. Die Nachwuchstalente der John-Cranko-Schule haben eines der weltweit führenden Ballettensembles direkt vor der Haustür: das Stuttgarter Ballett. Die Ballettschule ist dem berühmten Haus unmittelbar angegliedert. Der Weg in die Kompanie ist steinig. In dem oscarprämierten Film "Black Swan" leidet Tänzerin Nina unter dem Konkurrenzdruck und den rabiaten Machtkämpfen an den Kompanien. Wie das Leben für Luciano Cresttto an der John-Cranko-Schule aussieht, wird der junge Chilene selbst erzählen.
Luciano kommt gerade vom Training. Die Schweißflecken unter seinen Achseln sieht man kaum, dank des weißen T-Shirts. Haarsträhnen kleben an der Stirn. Er atmet rasch. Als er neun Jahre alt war, hat er mit dem Tanzen begonnen. Genau wie seine Mutter. Als junge Frau zog sie damals aus Santiago de Chile in die schwäbische Hauptstadt und ertanzte sich einen Platz in der Kompanie des Stuttgarter Balletts. Das Rascheln der Tutus, der vertraute Geruch des Parketts, die Scheinwerfer, die Nähe zu den anderen Tänzern, der Applaus des Publikums - ein Traum ging für sie in Erfüllung. Er währte nicht lange. Sie bekam Knieprobleme. Ihre Karriere endete, bevor sie begonnen hatte. Im Alter von 32 Jahren zog sie zurück nach Chile und bekam einen Sohn. Luciano. Jetzt beginnt die Geschichte von vorne. Mit einem besseren Ende?
Im September endet Lucianos Ausbildung. Dann wird er als staatlich geprüfter klassischer Tänzer die John-Cranko-Schule verlassen. Ein Diplom an dieser Schule bedeutet in der Ballettwelt in etwa dasselbe wie das Durchlaufen der Jugendakademie des FC Barcelona - es ist kein Garant für eine steile Karriere, aber die Bedingungen sind an wenigen Orten so gut wie dort. Beide Schulen gelten als Kaderschmieden. Der Name, der direkt mit dem Erfolg der berühmten Stuttgarter Ballettschule verbunden ist, lautet: John Cranko.
Der in Südafrika geborene Choreograf begann 1961, das Stuttgarter Ballett zu leiten. Er scharte eine Handvoll talentierter Tänzer um sich und führte die Kompanie innerhalb weniger Jahre zu Weltruhm. Der Durchbruch gelang im Dezember 1962 mit der Uraufführung von "Romeo und Julia". Eine Gastspielzeit in New York eröffnete auch dem ausländischen Publikum Crankos Talent. Die Kritiken überschlugen sich. Das Stuttgarter Ensemble tourte durch die USA, Israel und Russland. 1974 gründete Cranko schließlich eine Ballettschule mit Internat. Die John-Cranko-Schule. Damit gab es erstmals in Westdeutschland eine kontinuierliche Ausbildung für klassischen Tanz von der Grundausbildung bis zum Berufsabschluss. Die Schule avancierte zu einer der ersten international beachteten Adressen für Nachwuchstänzer.
Direktor Tadeusz Matacz, der die Kaderschmiede seit 15 Jahren leitet, sagt: "Die Ausbildung ist elitär und fordernd. Zu uns kommen nur die Besten. Dazu gehört Feuer, Leidenschaft, ein Tick Wahnsinn."
Die Anspannung. Das Training. Der Druck. Luciano trainiert sechs Stunden am Tag, manchmal auch in den Pausen. Er will es so. "Du bist einfach nie vollkommen als Tänzer, du kannst es immer besser machen", sagt er. Die Angst, dass er sich verletzen könnte, begleitet ihn. Leise. Stetig.
Sein Tag beginnt um sieben Uhr. Er steht auf, zieht sich die Strumpfhosen an, streift sich eines seiner weißen T-Shirts über und schlendert mit den anderen Internatsbewohnern zum Frühstück in den Speisesaal. Er wohnt in der Akademiewohnung. 32 Plätze bietet die Schule für ausländische Jugendliche an. Luciano ist einer von ihnen. "Es ist cool. Wir trainieren zusammen, proben zusammen, essen gemeinsam - es ist wie eine Familie", sagt er. Nach dem Frühstück wärmt er sich auf. Eine Stunde dauert es, bis die Muskeln gedehnt sind. Der Spagat ist hier Standard. Während des Dehnens hört Luciano über seine Ohrstöpsel Musik von Beyoncé, Katy Perry, Phil Collins, Jennifer Lopez und Tschaikowsky. Die Mischung aus Kindlichkeit und Reife - sie wird einem an dieser Schule noch öfter begegnen.
Neun Jahre alt war Luciano, als ihn seine Mutter zum Ballettunterricht schickte. Er wollte Sprünge machen, stattdessen musste er an der Stange üben. Die russische Ballettausbildung nach der Waganowa-Methode, die offiziell als pädagogischer Leitfaden für klassischen Tanz in Deutschland gilt, ist klar definiert. Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer müssen langsam entwickelt werden. Luciano wurde ungeduldig. Er blieb dem Unterricht fern. Eine Woche verging. Dann kehrte er zurück und stellte sich wieder an die Stange. Etwas hatte "Klick" gemacht. Seitdem hat er mit dem Ballett nie wieder aufgehört.
Neun Uhr morgens. Tadeusz Matacz, Direktor und Trainer, betritt den Ballettsaal. An der Stange stehen sieben Ballettschüler bereit. Sie sind in einer Klasse, zwischen 16 und 17 Jahre alt, kommen aus Italien, Brasilien, Frankreich, der Schweiz und Deutschland.
Matacz tanzte früher selbst auf den großen Bühnen. Er begrüßt die Schüler. Diese wenden sich der Stange zu. Luciano steht auf der rechten Saalseite. Die Sonne fällt schräg ein. Klaviermusik setzt ein. Die Tänzer spannen ihre Oberschenkel und Waden an und führen den Fuß mit gestreckter Fußspitze nach außen. Diese Bewegung wiederholen sie: seitwärts, nach vorne, nach hinten.
Über Lucianos Rücken fällt ein Sonnenstrahl. Die getragene Klaviermusik, das warme Morgenlicht und die langsamen Bewegungen verbreiten eine friedliche Atmosphäre. Wenn Matacz bei einem seiner Schüler einen Haltungsfehler entdeckt, korrigiert er ihn von der Ferne aus. Verbessert sich die Körperlinie nicht, läuft er quer durch den Raum und nimmt eine Ferse vorsichtig in die hohle Handfläche und drückt sie leicht nach hinten. Er sagt Sätze wie: "Schultern runter" oder "Arbeite mehr durch den Boden".
Ballett ist mehr als Spagat und Ballettkleidchen. Es ist vor allem absolute Körperbeherrschung. Sechs Stunden Training pro Tag. Balance, Ausdauer, Kraft. Jeder Muskelstrang der Tänzer ist ausdefiniert. Eine Kunstklasse hätte ihre helle Freude am Zeichnen dieser Körper. Der Körper ist ihre Versicherung - mit ihm und durch ihn steht und fällt alles. Durch das Erlernen von Schrittfolgen und Kombinationen sind die Tänzer auch geistig ständig gefordert. Sie müssen Muster erkennen, verschiedene Bewegungen gleichzeitig ausführen und die anderen Tänzer im Blick haben.
"Bekämpft den Loser in euch.
Es muss niemand wissen, wenn
ihr einen schlechten Tag habt."
Trainer Matacz haut mit der Handkante auf die Innenfläche der anderen Hand, um den Rhythmus zu verdeutlichen. Jam. Dabadaba. Da! Die Finger von Ballettbegleiterin Iona Cumpata-Petcu fliegen über die Klaviertasten. Die Schüler machen Sprünge - Luciano gleitet im Spagat durch die Luft, den Blick in eine imaginäre Ferne gerichtet. Beim Aufkommen hört man kaum ein Geräusch - nur der Parkettboden vibriert. Matacz ist nicht zufrieden mit den Pirouetten. Er erklärt den Tänzern, wie sie die Drehung um die eigene Körperachse abschließen müssen. "Wie komme ich wieder runter? Diese Frage müsst ihr schon beantworten können, während ihr euch noch dreht. Nochmal", sagt er. Matacz weiß, dass körperliche Höchstleistung immer auch Kopfsache ist. Es klappt nicht immer.
"Bekämpft den Loser in euch. Es muss niemand wissen, wenn ihr einen schlechten Tag habt", sagt er. Es klingt nicht wie eine Drohung, vielmehr wie eine Erkenntnis, die er aus eigener Erfahrung schöpft. Obwohl die Tänzer permanent schwitzen, riecht es nicht nach Fitnessstudio im Ballettsaal. Hier werden im Laufe des Tages noch vier verschiedene Klassen trainieren. Durch eine Glasscheibe können die anderen Schüler von draußen in den Saal schauen. Die Stühle davor sind die ganze Zeit besetzt.
Seit drei Jahren lebt Luciano in Deutschland. 12 000 Kilometer trennen ihn von seiner Familie. Als er 14 Jahre alt war, entdeckten ihn die Talentsucher der John-Cranko-Schule bei einer Audition in Chile. Luciano bekam ein dreimonatiges Stipendium. Daraus wurden dann drei Jahre.
530 Euro kostet seine Ausbildung im Monat. Das ist nicht viel Geld. An der renommierten Royal Ballet School in London müssen die Schüler das 20-Fache bezahlen. Für Schüler, die nicht im Internat leben, beträgt das Schulgeld 160 Euro. "Für viele Familien sind aber 160 Euro schon viel Geld", sagt Direktor Matacz. Die Schule hätte zwar Unterstützer, die Stipendien übernähmen, doch erst vor kurzem habe er ein italienisches und ein spanisches Kind verabschieden müssen, weil die Eurokrise ihre Eltern zu stark belastete. Er war früher selbst Tänzer - er weiß, wie weh das tut.
Mittagszeit. Die Schüler schlendern hinunter in die Kantine. Den Rücken durchgestreckt. Sie grüßen die Frauen in der Kantine mit Vornamen. Luciano greift nach Tablett, Teller und Besteck, während er sich mit einem anderen Tänzer über die vergangenen Proben am Stuttgarter Ballett unterhält. Die Schule ist der Kompanie eng angeschlossen. Die Kompanietänzer und die Nachwuchstänzer proben häufig zusammen. So werden die Schüler an das Leben eines Berufstänzers herangeführt.
Luciano schöpft sich Suppe. Die anderen bedienen sich am Schweinefleisch, Backkartoffeln und Broccoli. "Wir können essen, was wir wollen, nur Süßigkeiten sind tabu", sagt Luciano. Die Gruppe steuert auf einen Tisch neben dem Salatbuffet zu. Während das Besteck klirrt, erzählen sich die Tänzer einen kleinen Zwischenfall von der gestrigen Probe im Stuttgarter Ballett. Es fällt der Name Reid Anderson, Intendant des Stuttgarter Balletts. Er ist es, der entscheidet, ob es für Luciano und die anderen Tänzer eine Zukunft am Stuttgarter Ballett geben wird. Anderson soll eine der Solistinnen kritisiert haben. Ein gewisses Vergnügen können sich diejenigen, die dabei waren, beim Erzählen nicht verkneifen. Wer der Geschichte noch eine Wendung hinzufügen kann, nutzt diese Möglichkeit feixend. Der Wissensvorsprung und die Erkenntnis, dass auch Kompanietänzer nicht sicher vor Kritik sind, entfalten ihre unwiderstehlich beruhigende Wirkung. Das Ganze endet in großem Gelächter.
Insgesamt tanzen 120 Schüler an der John-Cranko-Schule. Die wenigsten qualifizieren sich, indem sie sich selbst vorstellen. Die Talentsucher machen ihre Nachwuchstänzer weltweit ausfindig. Matacz reist deshalb rund um den Globus und sucht Talente. Er muss schneller sein als die Konkurrenz. Die großen Ballettschulen in London, Moskau und Paris.
Einmal im Schuljahr gibt es dennoch eine Aufnahmeprüfung. Rund 150 Kinder und Jugendliche tanzen dann vor. Davon bestehen etwa 30 die Auswahl. "Wir bilden nicht für die Arbeitslosigkeit aus. Das Niveau ist sehr hoch. Wenn einem Schüler Talent oder Hingabe fehlen, macht es keinen Sinn." Es gebe nicht genug begabten Nachwuchs in Deutschland, deswegen arbeiteten sie mit Quereinsteigern." Dazu gehört auch Luciano.
Bevor er nach Deutschland kam, hatte er Angst. Die Deutschen seien sehr streng, habe es in seinem Bekanntenkreis geheißen, sagt Luciano. Das stimme aber nicht. "Außerdem dachte ich, dass ich der einzige Ausländer hier bin." Zu seiner Beruhigung lernte er schnell Flavien Mingot, Filippo Jorio, Alfio Drago kennen, die alle auch nicht aus Deutschland kommen. Luciano entspannte sich. 21 verschiedene Nationen durchlaufen momentan die Ausbildung zum klassischen Tänzer an der John Cranko Schule. Auf den Gängen, Fluren und Tanzsälen der verwinkelten Schule herrscht babylonisches Stimmengewirr: "Vamos a comer?" - "Yeah, of course." Man versteht sich.
Luciano sieht seine Familie zweimal im Jahr. Wenn er sie besucht, dann für maximal zwei Wochen. Bei seinem letzten Aufenthalt in Chile hat er nach einer Woche das Training aufgenommen. Er tanzte in seiner früheren Tanzschule. Im Vergleich mit der John-Cranko-Schule schnitt sie nun schlecht ab. "In Stuttgart ist alles professioneller. Vor allem die Trainer", sagt Luciano. Seine Freunde in Chile interessierten sich für andere Dinge. "Diskos, Fußball und all diese Sachen berühren mich nicht." Er bewegt sich jetzt in seinem eigenen Kosmos - und dort zählt nur Ballett. "Ich werde sehr stark von der Musik berührt. Die Musik und die Bewegung, das beides zusammen, gibt mir viel", sagt er.
Es ist 13 Uhr. Die Mädchen kommen aus dem Training. Begegnung der Geschlechter im Aufenthalts- raum. Sie strubbeln sich durchs Haar, zupfen sich in die Wange. Körperkontakt gehört für Tänzer zum Alltag. Eines der Mädchen lehnt sich erschöpft gegen die Schultern von Luciano und sagt: "Trag mich, ich kann nicht mehr." Er nimmt sie auf den Arm, trägt sie ein paar Meter und setzt sie auf der Treppe ab. Sie protestiert empört. Er lacht und piekst ihr zwischen die Rippen. Dann zieht er sie auf seinen Schoß. Alle rotten sich um den Tisch zusammen. Wischen über ihre Smartphones, halten sich Fotos unter die Nase, kichern und wechseln ständig von einer Sprache in die nächste. "Are you giggly?" "Picklig?" "Nein. Ob du kitzlig bist?" "Giggly, heißt albern, nicht kitzlig." "Que significa giggly?" "Giggly. No sé. Creo que gracioso." "No, it means..."
Später werden die Schüler Anatomieunterricht bekommen. Deutsch, Musiktheorie und Spanischer Tanz stehen ebenfalls auf dem Stundenplan. Wenn Lucianos Tag nach dem Abendessen um acht Uhr endet, erledigt er seine Hausaufgaben. Parallel macht er seinen Hauptschulabschluss. Nächstes Ziel: Realschulabschluss. Disziplin muss man ihm nicht beibringen.
Während seine Schüler im Erdgeschoss herumalbern und die Pause genießen, sitzt Direktor Matacz in seinem Büro und bereitet seine nächste Reise vor. Es gibt viel zu tun, bald sind wieder Aufnahmeprüfungen, und Lucianos Klasse steht kurz vor dem Abschluss. Das Büro ist schlicht eingerichtet. Ein Schreibtisch, ein Computer, ein Tisch und zwei Stühle. Die Fotos mit den Primaballerinas, den Scheinwerfern und den Tutus hängen draußen im Flur. Tadeusz Matacz - gebürtiger Pole, breite Schultern, weißes T-Shirt, schwarze Trainingshose, lebhafte Gestik - lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Er habe vor kurzem einen Artikel gelesen, sagt er, darin habe ein Kölner Wissenschaftler herausgefunden, dass Bergbau und Zehnkampf zu den körperlich anstrengendsten Berufen gehören. Kunstpause. "Dicht gefolgt von Ballett", sagt er. Er klingt wie jemand, der häufiger erklären muss, dass Ballett mehr ist als Spitzenschuhe und Scheinwerferlicht. "Ballett erfordert absolute Hingabe, Disziplin und Selbstbewusstsein", sagt Matacz.
Ihm sei es wichtig, dass seine Schüler eine reale Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Das Verdienst eines Balletttänzers liegt bei etwa 2800 Euro brutto. Acht Jahre dauert die Ausbildung. Wenn es gut läuft, stehen die Tänzer 15 Jahre auf der Bühne. Dann ist die Karriere vorbei. Ein verdichtetes Leben.
"Jeder will die erste Ballerina sein, aber wenn der Intendant eine Julia sucht, die blond, zart und feingliedrig ist, dann hat die rassige Tänzerin das Nachsehen." Rivalität gehört für Matacz dazu. In einem gesunden Maße. Den Film "Black Swan" hält er jedoch für übertrieben und Natalie Portman für eine schlechte Balletttänzerin. Dass es Eifersucht nicht nur in amerikanischen Filmen gibt, bekam Anfang dieses Jahres der Tanzchef des weltberühmten Bolschoi-Theaters in Moskau zu spüren. Auf ihn wurde ein Säureattentat verübt. Der Startänzer Nikolai Ziskaridse gestand schließlich. Als Grund gab er rabiate Konkurrenzkämpfe, Feindschaft und Zwietracht in der Truppe - für die er den Tanzchef verantwortlich machte. Ballett sei nichts für Einzelkämpfer, sagt Matcz. "Wenn ein Tänzer das nicht einsieht, dann können wir ihm nicht helfen. Er muss gehen." Egozentrik setze sich auf lange Sicht nicht durch, Liebe und Hingabe schon.
Luciano will hier nicht mehr weg. Stuttgart, Stuttgart, Stuttgart. Er wiederholt die Worte wie eine Beschwörungsformel. Grinst. Die Kompanie des Stuttgarter Balletts reizt ihn. "Ballett berührt mich, berührt uns alle." Er ist siebzehn. Er weiß, was er will. Seine Mutter betet, dass er sich nicht verletzt.
Autor: Nadine Zeller