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Der Prinz, der für die Armen boxt

PORTRÄT: Lorenzo Kuegah will ein Vorbild für die Jugend sein und in Togo um die WM kämpfen

Von Nadine Carstens

Köln/Saarbrücken. Bei seinem ersten Kampf in Saarbrücken ließ er seinem Gegner keine Chance. Schon in der zweiten Runde versetzte der Wahl-Kölner Lorenzo Kouami Folly Kuegah seinem Kontrahenten einen Leberhaken – ein schmerzhafter Treffer, der den Herausforderer in die Knie zwang. Für Kuegah war es bereits der siebte Knockout-Sieg seiner Karriere. Am Samstag folgt bei der dritten „Nacht der Champions“ in der Saarlandhalle gegen den Tschechen Josef Holub ein weiterer Qualifikationskampf um  ein WM-Duell im Mittelgewicht. Für den 34-Jährigen ist das der nächste Schritt zu seinem eigentlichen Ziel – ein Boxkampf um die Weltmeisterschaft in seinem Heimatland Togo. Sein Antrieb ist weniger der eigene Ruhm, ihm ist es wichtiger, der Jugend ein Vorbild zu sein, ihr neue Perspektiven aufzuzeigen und der Republik mehr Selbstvertrauen zu schenken. In dem westafrikanischen Land ist Kuegah längst ein berühmter Mann: Als er sich 2010 den WCO International-Titel im Mittelgewicht sicherte, avancierte er in Togo zu einem der bekanntesten Leute des Landes. Wenn er seine Heimat besucht, ist er landesweit im Fernsehen zu sehen, auf den Straßen wird er erkannt und der Präsident empfängt ihn persönlich. Und der Bekanntheitsgrad des Sportlers ist noch einmal gestiegen, seitdem ihn sein Onkel, der König, vor mehr als zwei Jahren in den Adelsstand erhoben hat – seither wird der Boxer„Prinz Lorenzo Folly Kuegah von Dekame/Togo“, kurz „Prinz Lorenzo“ genannt. Seine Popularität nutzt er inzwischen verstärkt für soziale Zwecke, unter anderem engagierter sich im Verein „Corsacam“. „Wir wollen, dass Ärzte aus Deutschland, Frankreich und Afrika zusammenarbeiten“, erklärt Kuegah. Auf diese Weise sollen in Kamerun und zukünftig auch in ganz Afrika Notfall-Ambulanzen aufgebaut, Hygieneschulungen angeboten und Medikamente an Schulen verteilt werden. Für Togo plant Prinz Lorenzo eine eigene Stiftung: „Ich möchte selbst Hilfsprojekte umsetzen, um mich zu vergewissern, dass das Geld auch gerecht an Bedürftige verteilt wird.“ Gleichzeitig sei es wichtig, den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu helfen. „Es bringt nichts, ihnen nur Geschenke zu machen – sie müssen auch gefordert werden“, findet der Profiboxer. Deshalb wolle er versuchen, die Kinder und Jugendlichen über den Sport von der Straße zu holen. „In der Hauptstadt Lomé steht zwar eine Sporthalle, aber für 20 Jugendliche gibt es nur einen Sandsack, und zum Gewichtheben nehmen sie Steine“, erklärt Kuegah. Das passende Equipment möchte er mit der Hilfe von deutschen Sponsoren beschaffen. Geboren wurde Kuegah in Lomé. Schon in der Schule gehörte der Sohn einer Beninerin und eines Togolesen zu den Sportlichsten. 2002 zog er nach seinem Abitur nach Köln, wo er ursprünglich BWL studieren wollte. „Dann kam ich aber zur Gastronomie und machte dort eine Ausbildung“, schildert der Prinz. Seit 2012 betreibt er mit seiner Lebensgefährtin ein eigenes Lokal an der Zündorfer Groov. Seine Box-Karriere begann 2004, als er vom ehemaligen Profisportler Rolf Kersten entdeckt wurde. Kurz darauf nahm die Kölner Boxlegende Horst Brinkmeier Lorenzo unter seine Fittiche. 2009 wechselte er von der Amateur- in die Profiklasse und verbuchte vier Jahre später einen weiteren sportlichen Erfolg: Bei einem Kampf in Euskirchen wurde er im Halbmittelgewicht Intercontinental Champion und gewann den Gürtel der World Boxing Union (WBU). Seit rund zwei Jahren wird er von dem Italiener Maurizio Rinaudo trainiert: Dreimal die Woche geht es ins Sport Center Bushido in Raderberg oder in den Boxclub Aurora in Deutz, in dem sich auch schon die Klitschko-Brüder auf ihre Kämpfe vorbereitet haben. Auch für die Zukunft plant er Großes.„Nächstes Jahr findet hoffentlich ein Weltmeisterschaftskampf in Lomé statt“, sagt der Togolese. Vor circa 60 000 Menschen will er dann im Fußballstadion der Hauptstadt boxen. „Wenn ich das erreicht habe, möchte ich mich voll und ganz auf meine Hilfsprojekte konzentrieren.“