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Licht ist nicht nur was fürs Auge

„Licht ist für uns lebenswichtig“, sagt Oliver Stefani­ und meint in erster Linie das Sonnenlicht. Seit Tausenden von Jahren sei der menschliche Organismus für das natürliche Licht optimiert worden. Da wir unsere Zeit aber immer mehr in geschlossenen Räumen verbringen, sucht der Lichtforscher nach der optimalen künstlichen Beleuchtung – wohltuend und zugleich möglichst energieeffizient.


Von Mirko Besch (Foto: Uta Rometsch)


Licht ist nicht nur etwas fürs Auge, also dafür, Dinge für uns Menschen sichtbar zu machen. Licht hat auch einen weitreichenden Einfluss auf unsere Gesundheit. „Untersuchungen haben gezeigt, dass Patienten im Krankenhaus schneller gesund werden, wenn sie einen sonnigen Fensterplatz haben“, nennt Oliver Stefani ein Beispiel. Der 44-Jährige ist Lichtforscher am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart und beschäftigt sich unter anderem mit der biologischen Wirkung des Lichts auf den Menschen. „Wir sind auf dem Weg, herauszufinden, was wichtig ist am Tageslicht“, sagt er. „Derzeit kennen wir ein paar wichtige Eigenschaften und versuchen, diese nachzubilden.“ Am Morgen leuchtet kaltweißes Licht mit kurzwelligen Anteilen. Das gibt Energie, belebt, macht aktiver und schenkt uns eine gute Konzentration. Verantwortlich dafür sind die hohen Blauanteile im Licht, die die Freisetzung von Melatonin unterdrücken – ein Hormon, das den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers steuert und dafür sorgt, dass man müde
wird. Bei Sonnenuntergang hingegen schickt die Sonne rotes, warmweißes Licht auf die Erde. Das steht der Melatoninproduktion nicht im Weg und stimmt den Körper auf die bevorstehende Nachtruhe ein.

 

Unser Organismus orientiert sich am natürlichen Licht und ist an dessen Veränderungen im Tagesverlauf gewöhnt. Auf dauerhafte Abweichungen reagiert er daher negativ. Bei anhaltendem Tageslichtmangel ist der Melatoninspiegel auch tagsüber erhöht. Dies sorgt für Müdigkeit, kann aber sogar Depressionen hervorrufen. In nördlichen Ländern wie Schweden, Finnland oder Norwegen geht man gegen die vielen dunklen Wintertage mit Lichtduschen zu Werke. Die speziellen Lampen verwenden helles kaltweißes Licht, das wie das natürliche Tageslicht die Bildung des Glückshormons Serotonin ankurbelt. „Lichtduschen können im Winter auch in Deutschland funktionieren“, sagt Stefani. „Aber es ist am besten, wenn man das Tageslicht in irgendeiner Weise ausnutzen kann.“

 

Letzteres gilt auch für die Lichtverhältnisse im Büro. „Der Arbeitsplatz sollte möglichst hell sein, aber nicht blenden, und man sollte im 90-Grad-Winkel zum Fenster sitzen“, empfiehlt der Lichtforscher. „Wenn man doch Kunstlicht braucht, würde ich darauf achten, dass die Beleuchtung mit hellem tageslichtweißem Licht, weitgehend indirekt und über eine große Fläche erfolgt.“ Eine besondere Lösung fürs Büro hat Stefani am Fraunhofer IAO selbst entwickelt. Den Virtual Sky, also einen virtuellen Himmel – eine 54 Quadratmeter große dynamische Lichtdecke, bestehend aus knapp 35.000 Leuchtdioden (LEDs), die unter anderem vorbeiziehende Wolken, Morgenröte, Sonnenaufgänge oder Abenddämmerungen simulieren kann. In einer Studie mit 30 Probanden wurde die positive Wirkung des künstlichen Himmels unter Beweis gestellt. Die Ermüdung unter dem Virtual Sky war signifikant geringer als in der Vergleichsgruppe.

 

Um trotz Kunstlicht auch zu Hause möglichst positive Auswirkungen von der Beleuchtung zu erhalten, sollte sich das gewählte Licht an der Natur orientieren. Das richtige Licht, so ist sich Stefani sicher, kann glücklicher und leistungsfähiger machen und die Gesundheit fördern. Seine Empfehlung: „Morgens zum Wachwerden kaltweißes Licht einschalten, tagsüber so viel Tageslicht wie möglich verwenden und kurz vor dem Schlafengehen die Helligkeit reduzieren und warmweißes Licht einsetzen.“ Erreichen lassen sich die unterschiedlichsten Einstellungen mittels LEDs. „Sie sind sehr energieeffizient, werden sofort hell, lassen sich gut dimmen und haben eine lange Lebensdauer. Ihr großer Vorteil ist aber ihre gute Steuerbarkeit.“ Farben, Lichtstärke und Farbtemperaturen – vieles lässt sich stufenlos regeln. Über Lichtprogramme lassen sich verschiedene Szenarien über den Tag hinweg voreinstellen. „Da jeder aber seine eigenen Licht-Vorlieben hat, sollte man trotzdem immer die Möglichkeit haben, individuell eingreifen zu können“, rät der Licht-Experte.

 

ZUR PERSON
Oliver Stefani studierte Feinwerktechnik an der Fachhochschule Nürnberg. Nach seinem Abschluss arbeitete er im dortigen Optiklabor, bevor er sich 1998 für ein Aufbaustudium in Produktdesign an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart entschied. Anschließend entwickelte er am Fraunhofer IAO 3D-Projektionssysteme und beschäftigte sich ab 2004 mit Wahrnehmungspsychologie an den Universitären Psychiatrischen Kliniken in Basel. 2008 kehrte Stefani an das Fraunhofer IAO zurück.



Der Artikel war ursprünglich zu finden unter:
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