1 subscription and 0 subscribers
Article

Creature Design: Die innere Schönheit zählt - DIGITAL PRODUCTION

Filmakademie Stuttgart Projekt "Creature Pin-up"

Die Idee, einen Creature-Pin-up-Kalender zu realisieren, schwirrte Regisseur Christian Leitner schon seit einigen Jahren im Kopf herum. Zu diesem Zeitpunkt absolvierte Christian sein Bachelor-Studium in Salzburg, und es fehlten zu diesem Zeitpunkt leider noch die Zeit, das Team und das nötige Know-how, um das Projekt mit der gewünschten Qualität stemmen zu können. In all den Jahren, in denen das Projekt gedanklich vor sich hin schlummerte, entwickelte es sich weiter: Zu Beginn wollte der Artist eigene Figuren kreieren. Im Laufe der Zeit erkannte er jedoch, dass der Witz, Monsterkreaturen mit der Welt der Erotikfotografie zu kombinieren, umso größer wäre, wenn er ikonische Charaktere aus bekannten Filmen verwendet.

Zwölf Kalender-Creatures

Die Entscheidung, welche Creature-Kandidaten es in den Parodie-Pin-up-Kalender schaffen würden, fiel dem Filmakademie-Team nicht leicht. Kriterien für eine Auswahl waren: Wiedererkennungswert, Unterschiedlichkeit und eine Anatomie, die in der Lage ist, Pin-up-Posen einzunehmen. Unter den zwölf Wesen, die im finalen Kalender einen Monat zieren dürfen, sind unter anderem King Kong, Predator, der Transformer-Roboter Bumblebee und der Goblinkönig aus „Herr der Ringe". Dieser Character erhielt sogar die Hauptrolle in dem flankierenden Behind-the-Shooting-Film „Creature Pinup".

Bei Projektstart plante das Filmakademie-Team nur die Realisation der Kalender-Stills. Mit diesem Vorhaben traten die Studierenden auch für die Bewilligung des Diplomprojekts an die betreuenden Professoren heran. Nach ein paar Wochen der Preproduktion war aber klar, dass für eine größere Reichweite und für Werbezwecke ein Clip her musste. Anfänglich waren eine Laufzeit von acht Sekunden für den Spot vorgesehen, diese dehnte sich aber im Prozessverlauf auf eine Minute aus, was zu einer Team-Aufstockung führte und einer sehr genauen Kalkulation bedurfte. Beide Projekte, die zwölf Stillmotive sowie den Film, realisierte das Team zeitgleich, was rückblickend auch die größte Herausforderung für die Studenten war. So konnten sie sich nicht wirklich nur auf eine Baustelle fokussieren. „Wenn wir längere Zeit an dem Teaser arbeiteten, hatten wir das Gefühl, den Kalender nicht voranzutreiben. Eines von beiden kam gefühlt immer zu kurz", erinnert sich Christian. Hinsichtlich der rechtlichen Frageklärung bei der Nutzung solch bekannter Hollywood-Größen für das Kalenderprojekt stand dem Studententeam kompetente Beratung an der Filmakademie zur Verfügung. Da es sich bei dem Projekt um eine Parodie handelt, agiert die Verwendung geistiger Schöpfung anderer wie in diesem Fall in einer Art Grauzone. Die Filmakademie gestattete deswegen, die Figuren einzusetzen, allerdings durfte der Kalender nicht für den Verkauf freigegeben werden und wurde auf eine Stückzahl von 100 limitiert.

Preproduktion

Als Referenzmaterial für die Gestaltung der Charaktere kamen in erster Linie Filmstills der jeweiligen Show sowie Abbildungen aus den dazugehörigen Artbooks zum Einsatz. Zunächst war geplant, die Kreaturen in ihre eigentlichen Environments zu setzen. Nach der Coloration dieser Concepts waren sich die Studenten jedoch sicher, dass die Wirkung, die das Team erzielen wollte, verfehlt wurde. So distanzierten sie sich von diesem Ansatz und testeten aus, wie nah an den Original-Pin-ups die Charaktere gestaltet werden können und ab welchem Punkt es zu viel wird. Christian dazu: „Dieser Schritt zeigte uns, dass die Frage des Stils noch geklärt werden musste. Denn der Kalender sollte sexy, erotisch, stilvoll, aber auch lustig sein." Anhand von Fotoreferenzen aus diversen Modeheften konnte das richtige Maß an Eitelkeit und Erotik gefunden werden. Mithilfe dieser Vorlagen fertigten die Studierenden ein paar Overpaints der vorherigen Concepts an - danach war das Team bereit für die Produktion.

Modeling der CG-Fotomodelle

Begonnen wurde mit den weniger aufwendigen Creature-Modellen, die keine RnD-Phase benötigten - solche ohne Fell, Haare und übermäßige Einzelgeometrien wie zum Beispiel bei King Kong und Bumblebee. Das Hauptalien aus „District 9" machte im Modeling-Prozess den Anfang. Predator wurde als letzter Charakter gewählt: „Zum Abschluss des Projekts haben wir für die Planung eine Figur benötigt, der wir uns sicher waren. So konnten wir die Zeit wieder aufholen", sagt Christian. Für das Modeling kam in erster Linie ZBrush zum Einsatz. „Da wir die Tasks wie Shading, Lighting, Rigging und Animation optimal unter den Teammitgliedern aufteilen konnten, konzentrierte ich mich ganz auf die Regie, das Modeling und das Texturing. Für die Regie bekam ich auch Unterstützung von Kiana Naghshineh", so Christian. Beim Modellieren versuchte der Artist so viel wie möglich in der Symmetrie zu erstellen und die Figuren danach in Pose zu bringen. Da für die Charaktere keine Rigs angefertigt wurden, wodurch ein schönes Skinning ermöglicht worden wäre, mussten die Posen von Grund auf modelliert werden. Aufgrund des engen Zeitfensters von zehn Tagen pro 3D-Modell entschied das Team, die Retopologie mit dem ZRemesher zu realisieren. „Dieses Verfahren lieferte nicht den besten Edgeflow, aber da es sich beim Endprodukt um Stills handelte, war dieser Weg eine perfekte Lösung, um im Zeitfenster zu bleiben und die Modelle renderbar zu halten", erklärt Christian.

Ein mulmiges Gefühl schon in der Preproduktionsphase bereitete Bumblebee. Denn der Transformer wird durch viele Einzelteile sowie saubere Geometrie definiert, was den Zeitplan von zehn Tagen zu sprengen drohte. Die Lösung für das Problem hieß Kitbashing: „Wir modelten nur größere und designtragende Elemente selber. Für Objekte, die eher nur als Füllobjekte dienten, behalfen wir uns mit bestehender Geometrie, in unserem Fall mit dem „Ultraborg"-Kitbash von Vitaly Bulgarov. So konnten wir den Zeitplan einhalten und unsere mulmigen Gefühle in den Hintergrund stellen", erinnert sich der Director.

Texturing

Um das Texturing effizient zu halten, erstellte Christian in Mari grobe Color und Spec Maps. Diese wurden in der Shading-Szene von Kiril Mirkov in Maya geladen und mit diversen Adjustements versehen. Somit erhielt Christian schnell ein Look Development der jeweiligen Figur, das nah an die Referenzbilder herankam. Danach holte der Artist die angepassten Texturen für die Details zurück nach Mari, wobei der Transformer, Groot sowie der Alien-Character mit keinem beziehungsweise kleinstem Texturierungsaufwand auskamen.

Das Grund-Setup einer Figur bestand aus Vector Displacement, Bump, Color, Roughness sowie Specular Maps da diese mit prozedural generierten Maps bereits sehr gut funktionierten. Eine große Hilfestellung war eben der Schritt des prozeduralen Texturierens, mit dem schon ganz am Anfang Details in den Maps erstellt wurden, die noch während der Lookfindung im Shading bearbeitet wurden. „Das hat in vielen Bereichen überraschend gut funktioniert. Somit ist schlussendlich das gesamte Fotostudio für den Film während des Look Developments direkt im Shading entstanden, und alle dazugehörigen Assets, bis auf ein paar Fußabdrücke des Charakters auf dem Boden, kamen ohne eine einzige Textur aus. So konnte ich beim Texturieren viel Zeit sparen", weiß Christian. Auch der Transformer profitierte enorm von diesem Prozess, weil seine metallische Oberfläche vor allem von den Kratzern, Dellen und den Unebenheiten lebt. Ganz ohne handgemalte Texturen konnte der Roboter durch einige prozedural kreierte Masken wie Curvature Shaders und Noises auf ein sehr gutes optisches Level gebracht werden. Hinsichtlich der Texturierung war der Goblinkönig eine der kompliziertesten Figuren, erinnert sich Christian: „Je mehr eine Figur zu menschlichen Zügen neigt, desto schneller erkennt der Betrachter Fehler, sodass der Charakter unglaubwürdig wirkt. Auch seine vielen Assets wie Krone, Lendenschurz und Stab machten den Prozess langwieriger."

Bitte bewegen!

Die Entscheidung, den Goblin als Film-Akteur zu nutzen, fiel aufgrund seiner großen Wandelbarkeit. Zu sehen, wie sich der schmutzige, angsteinflößende Goblinkönig in eine sexy-erotische Pin-up-Queen verwandelt, versprach die größte Komik. Ein weiterer Punkt war seine Ähnlichkeit zu einem menschlichen Charakter, wodurch der Betrachter die Brücke zu einem realen Pin-up-Modell leichter schlagen konnte. Da das Team schon in der Preproduktionsphase entschied, diese Figur für den Spot zu nutzen, konnte mehr Zeit in seine Umsetzung investiert und das Modell mit sauberem Edgeflow und einem Skelett- und Muskel-Rig produktionsbereit gemacht werden.

Damit sich der Goblin im Film möglichst real bewegte, machte das Team ein Referenzshooting mit einem Schauspieler. Leider ließen sich die Bewegungen des Darstellers aufgrund der Masse, die der Höhlenork mitbringt, nicht im vollen Maße übertragen. Der gedrehte Clip bot dennoch eine gute Basis für das Timing der Schnitte sowie die Kamerabewegung, aber die Animation der CG-Creature war schlussendlich eine Eigenkreation der Animatoren.

Ein Rig für den König

Da alleinig der Goblin im Teaser-Film vorkam, benötigte auch nur dieser Charakter ein Rig. Damit möglichst früh mit der Animation gestartet werden konnte, verwendete Rigging Artist Lisa Schachner als Basis den Auto-Rigger, der mit diversen Setups upgedatet wurde. Das Facial Rig entstand mit 75 extra angefertigten Blendshapes, mit denen sich eine große Bandbreite an Emotionen erzielen ließ. Das Referenzshooting bot auch hierfür eine gute Grundlage. Vor allem für den Close-up-Shot zu Beginn konnte sich das Team sehr gut am gedrehten Material orientieren. „Da wir schon wussten, welche Mimik die Figur im Clip zeigen sollte, konnten wie die Arbeit an den Blendshapes auf die Expressions reduzieren, die tatsächlich zu sehen sein würden. Um mehr Dynamik im Gesicht zu erreichen, wurden zusätzlich zu den Shapes Tweaker-Kontrollen angelegt", erläutert der Regisseur. Im nächsten Schritt folgte das Deformations-Rig, welches mit insgesamt 96 individuellen Muskeln für eine glaubwürdige Skin-Deformation sorgte. Für die simulierten Elemente wie dem Kinn, dem Bauch sowie den Brüsten wurde nCloth benutzt: „Das war eine kleine Challenge, weil nCloth ja nicht wirklich für Fett- sowie Muskelsimulationen vorgesehen ist. Die Simulationen wurden schlussendlich über einen Wrap Deformer und eine Blendshape in die finale Geometrie inkludiert. Die schnellen und extremen Bewegungen, die über zwei lange Shots verteilt wurden, haben die Simulationsarbeit nicht gerade vereinfacht. Nachdem die Simulation individuell für die Shots angepasst wurde, hat aber am Ende alles sehr gut funktioniert", so Lisa. Für die Still-Pose des Orks wurde das Muskel-Rig benutzt. Die gecatchte Geome­trie zupfte das Team im Anschluss in ZBrush noch etwas zurecht.

Licht und Zauberei

Das Ausleuchten der Charaktere fand größtenteils in Maya statt - Ausnahmen stellten das Alien, Groot und Smaug dar, die in Houdini in Szene gesetzt wurden. Als Lichtquelle kam hauptsächlich das Arnold-Quad-Light zum Einsatz, durch das sich in Kombination mit dem Arnold-Light-Blocker so gut wie jedes Lichtszenario aufsetzen ließ. Darüber hinaus wurde in wenigen Szenen ein zusätzliches HDRI verwendet. Der Transformer profitierte davon aufgrund seiner metallischen Beschaffenheit und Reflexionsfähigkeit enorm.

Houdini kam sowohl beim Kalender als auch im Teaser-Film zum Einsatz: Mit der Software realisierte David Bellenbaum Staubpartikel in der Luft, die Sabbertropfen beim Goblin-Schrei und die Zerstörung des Studioschirms. Auch das Kabel, welches beim Schreien vibriert, brachte der Artist mit Houdini in Schwingung. Dafür erstellte David zu Beginn aus der Goblin-Animation VDB-basierte Velocity- und Signed-Distance-Field-Volumen, die alle Simulationen beeinflussten. Das Kabel wurde in Chops animiert und die Vibrationsstärke per Weight Map auf das Mesh gemalt. Die Zerstörung des Schirms simulierte er aus einer Kombination mit einem FEM Solver für den Stoff und einem Bullet Solver für den Metallteil. Die Position der benötigten Constraints ließen sich per Attributtransfer über die Distanz der beiden Elemente zueinander kreieren. Da Maya keine Punkte aus Houdini nativ erkennt, erstellte David die Partikel-basierten Staubteile im Raum mit Prozeduralen und spielte zufällige Geometrie als Alembic aus. Nach einigen Composting-Tests stellte es sich am effizientesten heraus, nur die Partikel mit Tiefenschärfe zu rendern. Für die Smaug-Figur verwendete das Team Houdini in Kombination mit Arnold für das Shading und das Verteilen der tausend kleinen Würfel. Bei Groot kam es ebenfalls für das Shading sowie das Moos und die Blätter zum Einsatz. Durch das prozedurale Tex- turing ließ sich mit Houdini-Unterstützung eine anisotrope Holzstruktur generieren, die der gesculpteten Form von Groot folgte.

Gerendert wurde ausschließlich mit Arnold in Kombination mit MtoA unter Maya und HtoA unter Houdini. „Sowohl unser Team als auch unsere anderen Kollegen an der Filmakademie kannten sich bereits gut mit Arnold aus. Bei Problemen fanden wir garantiert jemanden, der eine Lösung hatte. Darüber hinaus ist Arnold sehr übersichtlich, bietet eine Top-Performance sowie Qualität und verfügt über eine sehr gute Community", erzählt Kiril Mirkov, der in erster Linie für das Shading der Figuren zuständig war.

Pin-up-Zukunft für das Monsterteam?

Nach Fertigstellung des Diplomprojekts fing ein Großteil der Teammitglieder sehr schnell an, in der VFX-Branche zu arbeiten, sodass sie sich leider keine Zeit nehmen konnten, viele Festivaleinreichungen zu starten beziehungsweise sich Gedanken über eine Weiterverwendung zu machen. „Wir haben schon mal darüber gesprochen, unseren eigenen Kalender mit Kreaturen oder anderen Figuren zu machen oder vielleicht auch wieder ganz was anderes zusammen zu realisieren. Zunächst wollen wir aber einfach dieses Projekt ruhen lassen, genießen die positiven Rückmeldungen, aber nehmen natürlich auch gerne Kritik an", resümiert Christian.

Mirja Fürst arbeitet seit 2011 für die Digital Production und seit 2015 für den animago AWARD.

Original