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Factoring: Zahlungsziel: 48 Stunden

Immer mehr Mittelständler verkaufen ihre Forderungen und verfügen vorzeitig über Liquidität, um Löhne oder Mieten zu decken.

FrankfurtVon den deutschen Unternehmen nutzen immer mehr das Instrument des Factorings. Wie aus dem Halbjahresbericht für 2014 des Deutschen Factoring-Verbandes hervorgeht, stieg der Gesamtumsatz seiner Mitglieder um knapp 20 Milliarden Euro auf 90,02 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Kundenzahl kletterte um 4,17 Prozent auf 18.170 Kunden. Etwa 90 Prozent dieser Kunden kommen aus dem Mittelstand. Ihr Anteil am Umsatz aller Verbandsmitglieder macht rund 50 Prozent aus.

Für die Zukunft gehen Branchenkreise davon aus, dass das Ergebnis noch einmal besser ausfällt. Doch woher kommt diese plötzliche Nachfrage? Beim Factoring verkauft ein Unternehmen seine Forderungen an einen darauf spezialisierten Dienstleister. Dieser überweist das Geld abzüglich einer Provision zwei Tage später, also bereits nach 48 Stunden, auf das Konto seines Kunden - und damit deutlich vor dem auf der Rechnung ausgewiesenen Zahlungsziel.

Der Vorteil: Das Unternehmen verfügt vorzeitig über Liquidität und kann damit den Kauf neuer Vorprodukte finanzieren oder Fixkosten wie Löhne und Miete decken. Kurzum: Es hat finanzielle Planungssicherheit und muss sich nicht um Mahnungen kümmern. Das übernimmt das Factoringunternehmen - im Gegenzug dafür behält es einen Teil der Forderung als Gebühr ein. Deren Höhe richtet sich nach dem Volumen der Rechnung und dem Zahlungsziel. Factoringunternehmen wie die Aktivbank AG stellen auf ihrer Homepage einen Gebührenrechner zur Verfügung, in den Unternehmen verschiedene Parameter eingeben und sich so die Kosten vorab ausrechnen können. Genutzt wird Factoring in Deutschland seit Ende der fünfziger Jahre. Eine der ersten Branchen war dabei die Textilwirtschaft. Das lag an einer Besonderheit: den Einheitsbedingungen der deutschen Textilindustrie.

„Diese bilden die Basis für die Zahlungsbedingungen und legen das Zahlungsziel auf 60 Tage fest", erläutert Andreas Dehlzeit, Geschäftsführer von Bibby Financial Services GmbH. 60 Tage sind lang - doppelt so lang wie das Zahlungsziel vieler anderer Branchen. Wer so lange auf sein Geld warten muss, hat schnell ein Liquiditätsproblem.

Mittlerweile verkaufen aber viele unterschiedliche Branchen ihre Außenstände. Ein „Stammkunde" ist dabei die Zeitarbeitsbranche geworden. „Bei klassischer Zeitarbeit fallen die Rechnungen immer zum Dreißigsten eines Monats an", erläutert Haucke Kahlcke von der Aktivbank. Oftmals bedeutet das einen mehrtägigen Versatz nach hinten. Dazu kommt ein Zahlungsziel von in der Regel 30 Tagen. Folge: Der Personaldienstleister muss seine Kosten mitunter über einen Monat vorfinanzieren.

Aber auch bei Logistikunternehmen sind lange Zahlungsziele üblich. „Oft ist die Bonität der meist kleinen mittelständischen Unternehmen dabei so, dass die Hausbanken nicht mit einem Betriebsmittelkredit zur Verfügung stehen", sagt Kerstin Steidte-Mergerlin von der Dresdner Factoring AG. Lebensmittelproduzenten wie Bäcker wiederum müssen die Zahlungsziele ihrer Abnehmer, oftmals große Handelsketten, akzeptieren - und die liegen oft bei 45 Tagen.

Allerdings sollte der Factorer sorgfältig ausgewählt werden. In der Vergangenheit sorgten unseriöse Anbieter für Negativschlagzeilen. Mittlerweile werden die Factoringunternehmen aber stärker von der Finanzaufsicht Bafin überwacht.

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