Das beste Leben aller Zeiten
Nicholas Müller: Das wäre für uns völlig unmöglich, weil wir dermaßen wüst durch die Genres und die Musiklandschaft gehen, dass es nicht funktionieren würde. Auch bei unseren Interessen: Da ist von Singer/Songwriter bis Thrashmetal alles vertreten. Das auf einen Nenner zu bringen, wäre mir zu anstrengend. Und das macht es gerade für uns spannend und liebenswert.
Wie könnte ein Jupiter-Jones-Konzeptalbum aussehen und vor allem klingen?
Müller: Ich habe es bei diesem Album sogar versucht, ehrlich ... Ich habe mich eine Woche im tiefsten Winter in einer Waldhütte im Sauerland eingeschlossen und probiert, dort zu texten. Aber das ist nichts für mich, ich kann das nicht forcieren. Ich schreibe viel lieber im schlimmsten Gewusel. Das mit der Hütte war ein gescheitertes Experiment, da habe ich nach vier Tagen angefangen, mit mir selbst zu sprechen. Das war spooky!
Nun habt ihr am neuen Album "Das Gegenteil von allem" zehn Wochen lang im Studio laboriert. Wie viel Zoff gab es da?
Sascha Eigner: Och, gar keinen. Wir hängen eh immer superviel zusammen. Wir machen das jetzt im elften Jahr, sind jahrelang in einen klapprigen Bus eingepfercht herumgefahren, das hat uns abgehärtet. Das Anstrengende war, zehn Wochen konzentriert Musik zu machen.
Müller: Teil unseres Erfolgskonzeptes ist auch, dass wir immer unseren Herzen dahin gefolgt sind, wo sie uns hingetragen haben. Wir wohnen in verschiedenen Städten und geben uns viel Freiraum, denn das ist wie in jeder Beziehung, auch den guten: Man geht sich irgendwann unweigerlich auf den Sack. Für diese ganzen Band-WGs muss man echt schmerzfrei sein.
Habt ihr euch mit dem Albumtitel nicht ein Ei gelegt? Das Gegenteil von allem ist ja letztlich gar nichts. Oder das Gegenteil von gut, mag da einer unken ...
Müller: Wir hatten anfangs tatsächlich einen ganz anderen Titel. Es gibt eine Kurzgeschichte von mir, die heißt "Schrödingers Dilemma", und die stand zu Anfang Pate für das Album. Unter diesem Namen wird es auch eine limitierte Edition geben mit ein paar netten Sachen dabei. Aber "Das Gegenteil von allem" passte eben am besten zu uns, denn wir können es am Ende auch nicht verraten, was wir da genau tun. Wir machen eben irgendwie alles, aber andererseits auch nix.
In der zweiten Albumhälfte werdet ihr dann fast sentimental, wie etwa bei "Hunderttausend Typen wach". Klingt nach einem Coming-of-Age-Song.
Müller: Gerade dieser Song ist fünf, sechs Jahre alt. Ich hatte mal ein kleines Soloprojekt. Damals habe ich den geschrieben und beim Abhören hat er auch den Jungs gefallen. Die Melancholie ist da keine Alterssache, sondern das gehört auch zu mir.
Ihr werdet bei der nächsten Tour um euren Hit "Still" nicht herumkommen. Viele Bands spielen solche Songs einfach nicht mehr, weil sie sie über haben ...
Eigner: Es ist ein wichtiger Song für uns, denn er hat uns dazu gebracht, dass wir davon leben können, was wir machen. Aber wir haben jetzt 700 oder 800 Konzerte gespielt, und es gibt Stücke, die haben wir noch viel öfter gespielt als "Still" - wie "Auf das Leben", unseren ersten Song überhaupt. Wenn er uns nach wie vor Spaß macht, spielen wir ihn auch.
Müller: Eine gewisse Dankbarkeit sollte man für den Song auch haben. Denn wenn es die letzte Platte nicht geschafft hätte, hätten wir uns ernsthaft überlegen müssen, das Ganze einfach hinzuschmeißen. Wir haben davor jahrelang nur Minus erwirtschaftet. "Still" hat uns also riesiges Glück gebracht, warum sollten wir dann gerade den Song nicht mehr spielen wollen?
Sogar den Radio-Echo gab es dafür. Freut man sich darüber, oder ist das für einen Indie fast eine Beleidigung?
Eigner: Das Radio ist einfach das Medium, das Musik in die Breite trägt, da ist nichts Schlechtes dran. Und der Echo: Klar, das ist irgendwie eine schmierige Veranstaltung, aber trotzdem hat es uns geehrt, gerade weil der Radiopreis ja von Fans gevotet wurde.
Ihr seid in einer Kleinstadt aufgewachsen. Sehnt ihr euch manchmal nach dem ruhigen, einfachen Leben, das sicher viele eurer Freunde dort heute führen?
Eigner: Nä, auf gar keinen Fall, ich habe das beste Leben aller Zeiten! Ich stehe sehr häufig auf und denke: Mann, was hast du für ein Glück, dass du das hier machen darfst. Auch wenn es viele Jahre schwer war.
Müller: Ich bereue nur, dass ich kein Abitur gemacht habe. Sonst hätte ich mich in den schweren Bandjahren als Student eingeschrieben und wäre dann finanziell besser über die Runden gekommen. Ich war einfach mal fünf Jahre lang nicht krankenversichert, weil ich es mir nicht leisten konnte. Zudem: Ich bin tatsächlich in die totale Piefigkeit gezogen, eine Doppelhaushälfte. Aber das ist einfach so muckelig! Ich komme nach Hause, kann mich in den Garten setzen und alles ist gut. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich damit irgendwas kompensieren müsste.
"Das Gegenteil von allem" erscheint am 11. Oktober.
Was genau Jupiter Jones da machen, haben Nicholas Müller (voc) und Sascha Eigner (g) selbst noch nicht ganz begriffen. Vielleicht ja wirklich das Gegenteil von allem ...
Interview: Michael Schock
Nicholas Müller: Das wäre für uns völlig unmöglich, weil wir dermaßen wüst durch die Genres und die Musiklandschaft gehen, dass es nicht funktionieren würde. Auch bei unseren Interessen: Da ist von Singer/Songwriter bis Thrashmetal alles vertreten. Das auf einen Nenner zu bringen, wäre mir zu anstrengend. Und das macht es gerade für uns spannend und liebenswert.
Wie könnte ein Jupiter-Jones-Konzeptalbum aussehen und vor allem klingen?
Müller: Ich habe es bei diesem Album sogar versucht, ehrlich ... Ich habe mich eine Woche im tiefsten Winter in einer Waldhütte im Sauerland eingeschlossen und probiert, dort zu texten. Aber das ist nichts für mich, ich kann das nicht forcieren. Ich schreibe viel lieber im schlimmsten Gewusel. Das mit der Hütte war ein gescheitertes Experiment, da habe ich nach vier Tagen angefangen, mit mir selbst zu sprechen. Das war spooky!
Nun habt ihr am neuen Album "Das Gegenteil von allem" zehn Wochen lang im Studio laboriert. Wie viel Zoff gab es da?
Sascha Eigner: Och, gar keinen. Wir hängen eh immer superviel zusammen. Wir machen das jetzt im elften Jahr, sind jahrelang in einen klapprigen Bus eingepfercht herumgefahren, das hat uns abgehärtet. Das Anstrengende war, zehn Wochen konzentriert Musik zu machen.
Müller: Teil unseres Erfolgskonzeptes ist auch, dass wir immer unseren Herzen dahin gefolgt sind, wo sie uns hingetragen haben. Wir wohnen in verschiedenen Städten und geben uns viel Freiraum, denn das ist wie in jeder Beziehung, auch den guten: Man geht sich irgendwann unweigerlich auf den Sack. Für diese ganzen Band-WGs muss man echt schmerzfrei sein.
Habt ihr euch mit dem Albumtitel nicht ein Ei gelegt? Das Gegenteil von allem ist ja letztlich gar nichts. Oder das Gegenteil von gut, mag da einer unken ...
Müller: Wir hatten anfangs tatsächlich einen ganz anderen Titel. Es gibt eine Kurzgeschichte von mir, die heißt "Schrödingers Dilemma", und die stand zu Anfang Pate für das Album. Unter diesem Namen wird es auch eine limitierte Edition geben mit ein paar netten Sachen dabei. Aber "Das Gegenteil von allem" passte eben am besten zu uns, denn wir können es am Ende auch nicht verraten, was wir da genau tun. Wir machen eben irgendwie alles, aber andererseits auch nix.
In der zweiten Albumhälfte werdet ihr dann fast sentimental, wie etwa bei "Hunderttausend Typen wach". Klingt nach einem Coming-of-Age-Song.
Müller: Gerade dieser Song ist fünf, sechs Jahre alt. Ich hatte mal ein kleines Soloprojekt. Damals habe ich den geschrieben und beim Abhören hat er auch den Jungs gefallen. Die Melancholie ist da keine Alterssache, sondern das gehört auch zu mir.
Ihr werdet bei der nächsten Tour um euren Hit "Still" nicht herumkommen. Viele Bands spielen solche Songs einfach nicht mehr, weil sie sie über haben ...
Eigner: Es ist ein wichtiger Song für uns, denn er hat uns dazu gebracht, dass wir davon leben können, was wir machen. Aber wir haben jetzt 700 oder 800 Konzerte gespielt, und es gibt Stücke, die haben wir noch viel öfter gespielt als "Still" - wie "Auf das Leben", unseren ersten Song überhaupt. Wenn er uns nach wie vor Spaß macht, spielen wir ihn auch.
Müller: Eine gewisse Dankbarkeit sollte man für den Song auch haben. Denn wenn es die letzte Platte nicht geschafft hätte, hätten wir uns ernsthaft überlegen müssen, das Ganze einfach hinzuschmeißen. Wir haben davor jahrelang nur Minus erwirtschaftet. "Still" hat uns also riesiges Glück gebracht, warum sollten wir dann gerade den Song nicht mehr spielen wollen?
Sogar den Radio-Echo gab es dafür. Freut man sich darüber, oder ist das für einen Indie fast eine Beleidigung?
Eigner: Das Radio ist einfach das Medium, das Musik in die Breite trägt, da ist nichts Schlechtes dran. Und der Echo: Klar, das ist irgendwie eine schmierige Veranstaltung, aber trotzdem hat es uns geehrt, gerade weil der Radiopreis ja von Fans gevotet wurde.
Ihr seid in einer Kleinstadt aufgewachsen. Sehnt ihr euch manchmal nach dem ruhigen, einfachen Leben, das sicher viele eurer Freunde dort heute führen?
Eigner: Nä, auf gar keinen Fall, ich habe das beste Leben aller Zeiten! Ich stehe sehr häufig auf und denke: Mann, was hast du für ein Glück, dass du das hier machen darfst. Auch wenn es viele Jahre schwer war.
Müller: Ich bereue nur, dass ich kein Abitur gemacht habe. Sonst hätte ich mich in den schweren Bandjahren als Student eingeschrieben und wäre dann finanziell besser über die Runden gekommen. Ich war einfach mal fünf Jahre lang nicht krankenversichert, weil ich es mir nicht leisten konnte. Zudem: Ich bin tatsächlich in die totale Piefigkeit gezogen, eine Doppelhaushälfte. Aber das ist einfach so muckelig! Ich komme nach Hause, kann mich in den Garten setzen und alles ist gut. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich damit irgendwas kompensieren müsste.
"Das Gegenteil von allem" erscheint am 11. Oktober.
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