Tekken Tag Tournament 2 verdoppelt die Schmerzen dank krachiger neuer Mannschafts-Manöver. Aber verdoppelt das auch den Spielspaß?
Tekken 6 kam bei den Anhängern der Prügelspielserie nicht besonders gut an. Zu viele nutzlose Modi, zu unfaire Charakterbalance, hieß es. Tekken Tag Tournament 2 hat es daher nicht leicht, zumal der beliebte Vorgänger schon 13 Jahre zurückliegt. Auf dem Weg zum Erfolg soll die größte Charakterriege der Serie helfen: Über 50 Figuren könnt ihr frei nach Lust und Laune zu Zweiermannschaften kombinieren. Freilich schönen hier aber auch einige "Klonkämpfer" die Statistik. Viele Charaktere spielen sich fast identisch, etwa das Capoeira-Doppel Eddy und Christie, Nina und Anna, Beak und Hwoarang oder die verschiedenen Varianten der Jack-Roboter. Wirklich brandneu ist hier niemand, selbst hinter der Maskenwrestlerin Jaycee verbirgt sich Julia Chang, aufgedonnert mit ein paar protzigen Würfen.
Serientypisch steuert ihr mit einem Aktionsknopf jeweils eine Gliedmaße und führt zusammen mit den Richtungstasten Kombinationen, Extraschläge und -tritte aus. Manche Figuren kommen auf über 100 Spezialbewegungen und Kombinationen, aber die nutzen wohl nur echte Profiprügler effektiv.
Die anderen kniffeln sich eine handvoll leichte und effektive Kombinationen zusammen und schlagen sich so durch das sogenannte King of Iron Fist Tournament. Im Gegensatz zum Vorgänger wechselt ihr aber nicht einfach nur den Charakter auf Knopfdruck gegen den auf der Reservebank aus.Diesmal könnt den wartenden Partner auch in kombinierte Angriffe mit einbinden. Diese Manöver können das Ruder noch einmal richtig rumreißen, denn vom ausgeteilten Schaden kann sich der Gegner nicht durch Auswechseln erholen. Eine wurfstarke Mannschaft: Tigermaskenträger King und Kraftbolzen Marduk.
Vorsicht - Wenn ihr das Auswechseln vergesst, kriegt ihr hier gehörig auf die Nase. Im Vergleich zu Tekken Tag Tournament ist das namensgebende Abklatschen noch überlebenswichtiger als damals. Selbst auf leichtem Schwierigkeitsgrad merken Anfänger schnell und schmerzhaft, was ein verschludertes Charaktertauschen bewirken kann. Eine Zehnerkombination später ist dann schnell mal die halbe bis dreiviertel Energieleiste verschwunden. Und stirbt ein Charakter eurer Mannschaft, ist die Runde verloren. Bis zu vier menschliche Spieler können sich so jeweils abwechseln, auch die üblichen Online-Modi mit Bestenlisten sind Pflicht. Offline gibt es neben dem klassischen Arcade-Modus, bei dem ihr die typisch albernen Endvideos der Charaktere freispielen könnt, auch das "Kampflabor", ein bei Super Street Fighter 4 abgeschauter Modus. Hier turnt ihr Standard- und Spezialmanöver sowie Kombinationen auf Anweisung nach. Spaß macht das keinen, aber der Vollständigkeit halber konnte Namco wohl der Konkurrenz nicht nachstehen. Auch Geisterkämpfe und Training sind mit dabei, an Modi mangelt es nicht.
Akustisch setzt Tekken nach wie vor auf Breakbeat, House und Techno, in dieser Hinsicht war der Serie nie große Qualität beschieden. Es passt zum effektgeladenen Gehaue, soviel steht fest. Grafisch allerdings ist das Spiel eine kleine Enttäuschung. Die Figuren sind gegenüber dem drei Jahre alten Tekken 6 kaum detaillierter geworden, sondern einfach nur bunter. Oft greifen die Entwickler dabei zu tief in die Farbkiste, auch was die Hintergründe betrifft. Besonders albern ist eine Hollandkulisse mit genmanipulierten Riesentulpen. Nun ja, der Tekken-Humor war schon immer eigen.
Der sonst sehr einfachen und schnörkellosen Präsentation der Menüs steht manch gelungenes Detail gegenüber. So zum Beispiel der zweigeteilte Endkampf gegen Jun Kazama, die sich in der zweiten Runde in eine fiese Dämonin verwandelt. Das erinnert an ihren Sohn Jin, der schon in unzähligen Teilen der Serie auch als Devil Jin sein Unwesen treibt.
Festgenagelt und gefrustet
So schön auch die Flut an Kämpfern und die taktisch ausgefeilten Duelle sind: Namco stopft mal wieder zu viel in das Spiel, entscheidende Details bleiben auf der Strecke. Etwa die immer noch unglaublich nervigen "Juggle"-Kombinationen. Wenn euch ein geübter Gegner in die Luft, auf den Boden oder gegen die Wand schleudert, könnt ihr den Controller getrost zur Seite legen und erst mal Kaffee kochen gehen. Endlose Schlagserien und sekundenlanges Nachsetzen, gegen das sich der Getroffene nicht wehren kann, sind an der Tagesordnung.
Das sorgt für Frust. Eine weniger überladene Manöverliste und dafür mehr machbare Konterangriffe wären sinnvoller. Das etwas gedrosselte Spieltempo erweckt zudem den Eindruck, dass manche Aktion zu lange dauert, um wirklich treffen zu können.
Oft könnt ihr eurem kostbar aufgeladenen, unblockbaren Dampfhammerarm zusehen, wie er ins Leere fliegt. Den nutzt ihr dann auch kein zweites Mal.
Rüpelriese Miguel etwa hat mächtig Wumms in Armen und Beinen, während Zafina mit ihren spinnenartigen Bewegungen völlig unberechenbare Attacken loslässt. Und wenn ihr fleißig seid und euch durch die verschiedenen Modi prügelt, könnt ihr viel Zusatzmaterial freischalten, mit dem ihr eure Figuren im Charaktereditor ausstaffieren könnt. Wer's mag...
Fakten:
- taktische und dynamische Duelle
- riesige Kämpferriege, die kaum Wünsche offen lässt
- umfangreiche Modi, offline wie online
- witzige Endvideos und diverse Boni freispielbar
- unfaire Endloskombinationen
- viele Figuren spielen sich fast identisch
- überladene Manöverlisten ist für PS3 und Xbox 360 erschienen
Fazit:
Die Kritik am Kampfsystem haben die Entwickler sich nicht wirklich zu Herzen genommen. Immer noch nerven euch endlose Schlagserien, Anfänger haben gegen geübte Spieler keine Chance. Die große Kämpferauswahl entschädigt dafür, hier bleibt kaum ein Wunsch offen. Außerdem ist auch das neuste Tekken der ideale Partyprügler. Dank einfach zu kombinierender und oft rein aus Zufall von euch zusammengeschusterten Schlagserien hagelt es Lacher und Staunen, wenn sich ausschließlich Neulinge an den Controller wagen. Die frischen Mannschafts-Attacken gehen gut von der Hand, die vielen Zusammenstellungen halten euch lange bei Laune. Müssen sie auch, denn bis zur notwendigen Entschlackung der Serie wird es wohl noch einige Zeit dauern.