Liam neesont wieder. Ein weiteres Mal tobt sich der smarte Hollywoodstar zusammen mit dem spanischen Regisseur Jaume Collet-Serra ("Non-Stop") im Actiongenre aus. In ihrem neuen Thriller "The Commuter" geht es an Bord eines New Yorker Pendlerzugs heiß her. Unsere Filmkritik klärt, ob Neeson wieder als cooler Actionheld überzeugen kann.
Es ist die nunmehr vierte Zusammenarbeit zwischen Liam Neeson und Jaume Collet-Serra nach "Unknown Identity" (2011), "Non-Stop" (2014) und "Run All Night" (2015). Dabei verlassen sich beide auf ihr altbewährtes Actionthriller-Konzept, das an den Kinokassen bisher recht gut aufgegangen ist. "Non-Stop" etwa spielte knapp das Doppelte seiner 50 Millionen Dollar an Produktionskosten ein. Leitsatz: "Never change a running system."
Die üblichen Verdächtigen im Pendlerzug: die Story
Dieses Mal verlegt Collet-Serra die Handlung vom Flugzeug in einen Pendlerzug. Versicherungsvertreter Michael MacCauley (Liam Neeson) fährt täglich mit der Bahn von seinem idyllischen Familiensitz im Randbezirk zum Job in die Metropole New York. Der Ablauf ist jeden Tag der gleiche, frei nach "Und täglich grüßt das Murmeltier". Selbst die meisten Gesichter der üblichen Mitpendler kennt Michael und hat auch Bekannte und Freunde unter ihnen.
Als ihm überraschend gekündigt wird, bekommt sein Alltag aber eine neue, unangenehme Wendung. Denn sein Sohn (Dean-Charles Chapman, bekannt als König Tommen aus "Game of Thrones") will an die Uni – und ohne Job lässt sich das Studium des Sprösslings kaum finanzieren.
Unerwarteter Geldsegen wartet auf dem Heimweg. Die geheimnisvolle Fremde Joanna (Vera Farmiga, "Up in the Air") spricht Michael an und macht ihm ein seltsames Angebot. Da Michael die üblichen Passagiere des Pendlerzuges so gut kenne, soll er eine auffallend unübliche Person an Bord ausfindig machen und in deren Tasche einen Peilsender platzieren. Als Belohnung warten 100.000 US-Dollar, die Michael wegen seiner neuen misslichen Lage nur allzu gut gebrauchen kann.
Allerdings hat er nur bis zu einer bestimmten Haltestelle Zeit und jeder seiner Schritte wird von Joanna überwacht. Hin- und hergerissen nimmt Michael die Passagiere ins Visier und entdeckt einige ihm unbekannte Gesichter. Dennoch informiert er parallel seinen Kumpel, den Polizisten Murphy (Patrick Wilson), schließlich war Michael selbst ein Cop vor seiner Versicherungskarriere.
Ein grober Fehler! Denn natürlich hat Joanna auch dies mitbekommen und droht Michael mit schrecklichen Konsequenzen für dessen Familie, wenn er den Auftrag nicht erfüllt ...
Actionthriller-Zug fährt ab, bitte einsteigen ...
Nicht nur Michaels Leben scheint in einer Endlosschleife abzulaufen, auch als Zuschauer fühlt man sich bei "The Commuter" wie in einer Wiederholung. Liam Neeson als in die Jahre gekommener Actionheld, der unter mysteriösen Umständen zu actionreichen Heldentaten gezwungen wird, weil sonst seine Liebsten oder viele Unschuldige sterben müssen. Gefühlt spielt der einstige "Star Wars"-Jedi diese Rolle in wechselnden Szenarien seit fast 20 Jahren, die drei "Taken"-Teile lassen grüßen.
Daher weiß jeder Fan des irischen Kultdarstellers ganz genau, worauf er sich hier einlässt. Im Grunde wird das Konzept aus "Non-Stop" mit ein paar Variationen aus dem Flugzeug in einen Zug verlegt. Abwechslung wird also höchstens bei der Kulisse geboten, in der Neeson den müden, aber immer noch schlagkräftigen Althelden mimen darf. Fans freut's!
Dabei schlägt "The Commuter" so manch unglaubwürdigen Haken und verfängt sich in nicht wenigen Actionfilm-Klischees. Fans von Liam Neeson und typischen Actionthrillern nehmen's mit Humor. Denn Sätze wie "So reagiert doch kein normaler Mensch in dieser Situation!" oder "Das wäre im Leben niemals möglich!" geistern beim Schauen des großen Finales alle paar Minuten durch den Kopf.
... nur die Logik kann vor der Tür bleiben
Dennoch: "The Commuter" ist gut in Szene gesetzt und spannend – sofern man es schafft, das eigene logische Denken der realen Welt für zwei Stunden vor dem Kinosaal abzugeben. Denn logisch beziehungsweise erwartbar ist hier nur, dass sich der Film in ein haarsträubendes Actionspektakel hineinsteigert.
Neeson und die anderen Darsteller machen zudem allesamt eine gute Figur, auch sie scheinen Lust zu haben auf einen kleinen Actionthriller mit nicht immer logisch zu Ende erzählten Storyelementen. Und auch Collet-Serras Inszenierung sitzt – Fließbandware ist "The Commuter" keinesfalls.
"The Commuter"-Fazit
Immer noch nicht genug von "Taken" und Co. mit Liam Neeson als liebenswürdigen, in die Jahre gekommenen Actionhelden? Dann ist "The Commuter" die richtige Wahl für einen netten Kinoabend mit leichter Thrillerkost ohne Tiefgang. Wer jedoch ein realistisches Was-wäre-wenn-Szenario erwartet und seinen Sinn für logisches menschliches Verhalten nicht abschalten kann, denkt zweimal nach über ein Ticket für diesen Pendlerzug.