Wo sich alles mischt
Raphael, dein Album heißt "Happy Mistake" - ist es ein glücklicher Fehlgriff?
Raphael Gualazzi: Irgendwie schon. Der Titel beschreibt, was das Leben
und die Musik mir bedeuten. Man lernt durch Fehler, durch Zufälle und
glückliche Fügung. Schönes kann dadurch entstehen - etwa wenn du
jemanden triffst und merkst, dass ihr euch über viele Ecken kennt.
Hast du auch "glückliche Fehler" bei der Produktion des Albums gemacht?
Gualazzi: Oh ja, einige! Zum Beispiel hatten wir bei den Aufnahmen eines
Saxofonsolos das falsche Mikro angestöpselt, und der Klang hat sich
dadurch komplett überlagert. Das Ergebnis hat mir aber so gut gefallen,
dass ich diesen Fehler mit eingebaut habe. So ist es ja auch oft in der
Wissenschaft: Dir fällt der Apfel auf den Kopf, und du merkst, was
Gravitation ist.
Nehmen viele Musiker ihre Kunst vielleicht zu ernst?
Gualazzi: Nun ja, wir dürfen nicht vergessen, dass Musik erschaffen
wurde, um zu unterhalten. Der Musiker ist ein Performer, so wie Mozart,
der zu seiner Zeit nicht nur ein großartiger Komponist war, sondern auch
ein begnadeter Entertainer. Wir müssen den Spaß in und an der Musik am
Leben halten, es ist eine schöne Sprache, die wir sprechen sollten.
Natürlich kannst du auch sehr traurige Musik machen, wenn du das in dem
Moment fühlst. Es geht um Selbstverwirklichung. Aber man sollte sich
entscheiden, ob man nur für die Kunst oder auch für das Publikum spielt.
Du wechselst auf dem Album zwischen Italienisch und Englisch. Hat das Marketinggründe?
Gualazzi: Nein, die Sprachen funktionieren einfach sehr unterschiedlich.
Italienisch repräsentiert die Musik an sich, ist gut für Stücke in
langsamem Tempo geeignet. Englisch ist passender für schnellere Songs.
Du lebst inzwischen in London. Hattest du Probleme, dich an das britische Temperament anzupassen?
Gualazzi: Ehrlich gesagt bin ich so viel unterwegs, dass ich - die Tage
zusammengenommen - vielleicht einen Monat dort war. Aber ich mag London,
weil es ein Crossover aus der afroamerikanischen und klassischen
europäischen Kultur ist. Das passt zu mir, weil ich mit Klassik
aufgewachsen bin, aber schon immer rhythmische Musik geliebt habe.
Berlin ist da ähnlich, es vermischt sich alles, was mir wirklich
gefällt. Man muss ja immer lernen, und anders ist es nicht möglich.
27.03.2014
Original