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Igor Akinfeev will es noch einmal allen beweisen

In Russland ist Igor Akinfeev eine Legende. Seit 14 Jahren hütet er das Tor der russischen Nationalmannschaft - obwohl er auch immer mal wieder daneben gegriffen hat.

Igor Akinfeev will es noch einmal allen beweisen - vor allem den Kritikern, die ihn nach seinen Fehlern im letzten Gruppenspiel gegen Uruguay ständig daran erinnerten, dass es nicht seine ersten schweren Patzer im Nationaltrikot waren. Denn schon bei der WM 2014 hat Akinfeev den Russen mit zwei groben Schnitzern gegen Südkorea und Algerien das Achtelfinale gekostet. Auch Eric Diers Freistoßtor im Auftaktspiel der EM 2016 gegen England ging auf seine Kappe. Auf Youtube gibt es Dutzende Videos mit Akinfeevs Slapstick-Einlagen.

Dabei startete er seine Karriere als Riesentalent. Mit 10 Jahren ging Akinfeev zu ZSKA Moskau. Mit 16 gab er dort sein Profi-Debüt, mit 17 wurde er Stammkeeper, mit 18 spielte er das erste Mal für die Nationalmannschaft. Er galt damals als eines der größten Torhüter-Talente des Jahrzehnts; und noch vor seinem 20. Geburtstag holte er mit ZSKA Moskau die russische Meisterschaft, den Pokal und den UEFA-Cup.


Kreuzbandriss auf dem Weg in den Olymp

Früh wurde Akinfeev mit Torhüter-Legenden wie Lev Yashin und Rinat Dasayev verglichen. Sein Weg in den Fußball-Olymp schien vorgezeichnet. Doch im Mai 2007 kam der erste große Rückschlag: Ein Kreuzbandriss setzte ihn mehr als ein halbes Jahr außer Gefecht. Doch Akinfeev kämpfte sich zurück: Nationaltrainer Guus Hiddink nominierte ihn als Nummer Eins für die Europameisterschaft 2008, und Akinfeev führte sein Team bis ins Halbfinale.


Seine großartigen Leistungen riefen auch die großen Klubs auf den Plan: Real Madrid, Manchester United und der FC Arsenal hatten Interesse an dem reaktionsschnellen Keeper, der mit seinen weiten und präzisen Abschlägen häufig Angriffe seiner Mannschaft einleitet. Aber Akinfeev blieb bei ZSKA Moskau.


Comeback und erneuter Rückschlag

Die WM 2010 hat Russland verpasst, auch in der Champions League schaffte es ZSKA maximal ins Viertelfinale. Und so verschwand Akinfeev erst einmal von der ganz großen Bühne. Zehn Monate vor der EM 2012 riss erneut ein Kreuzband. Wieder musste Akinfeev sich durch die mühsame Reha quälen. Diesmal fiel er sogar noch länger aus. Doch Akinfeev gab nicht auf: "Während dieser Verletzungspause gab es einen Gedanken, der mich angetrieben hat: Je schneller ich mich erhole, desto schneller kann ich wieder auf den Platz zurückkehren. Dies durchzustehen und wieder mein früheres Niveau zu erreichen, war die größte Motivation für mich."


Diese Verletzung hat auch seine Sicht auf den Fußball verändert: "Man gewöhnt sich recht schnell daran, für einen der Topklubs des Landes zu spielen und Anerkennung zu gewinnen. Man bekommt schnell das Gefühl, es würde immer so bleiben. Jetzt bin ich für jede Trainingseinheit dankbar, für jede Minute, die ich für meinen Klub und die Nationalmannschaft auf dem Feld stehe."


EM 2012 kommt zu früh

Diesmal war es zu spät für das große Comeback. Zwar nahm ihn Nationaltrainer Dick Advocaat mit zur EM 2012; in Polen musste Akinfeev jedoch tatenlos mit ansehen, wie seine Mannschaft mit Wjatscheslaw Malafejew im Tor in der Vorrunde ausschied.


Es wurde ruhig um Akinfeev. Die Leichtigkeit war dahin. Die Fehlerquote stieg. Ausgerechnet seine Ballfertigkeit, die ihn in jungen Jahren ausgezeichnet hatte, wurde ihm immer häufiger zum Verhängnis. Er vertändelte leichte Bälle oder spielte sie dem Gegner in die Füße. Nach solchen Gegentoren musste er den Spott der Zuschauer ertragen.


Zwar gewann er mit ZSKA Moskau noch dreimal die russische Meisterhaft. Aber die groben Patzer bei der WM 2014 und der EM 2016 haben seinen Ruf als Weltklasse-Torhüter eindeutig ramponiert.


Akinfeevs letzte Chance

Seine Statistik kann sich dennoch sehen lassen: In 109 Länderspielen hat Akinfeev nur 92 Gegentore kassiert und 49 mal zu null gespielt. Bei den Fans in Moskau hat der 32-Jährige ohnehin einen Stein im Brett, weil er immer einer der ihren geblieben ist. Fünf Meisterschaften, sechs Pokalsiege und der UEFA-Cup mit ZSKA sprechen für sich.


Die Heim-WM könnte Akinfeevs letzter großer Auftritt sein. Unter Nationaltrainer Stanislav Cherchesov ist Akinfeev die klare Nummer Eins, Kapitän und absolute Führungsfigur. Daran haben auch seine Patzer nichts geändert. Allerdings steht das Urgestein sinnbildlich für die "alte" Sbornaja, der vor der WM niemand etwas zugetraut hatte - nach dem Turnier steht der Umbruch bevor.


In der Vorrunde haben die Russen ihre Kritiker überrascht. Im Achtelfinale am Sonntag (01.07.2018) gegen Spanien sind sie trotzdem Außenseiter. Ihr Kapitän wird nach seinem Patzer jedoch besonders motiviert sein. Denn Igor Akinfeev will es noch einmal allen beweisen.


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