Rasengrün ist die Farbe, die sich an Wänden, beim Bodenbelag und an der Garderobe von Onefootball wiederfindet. Über den Schreibtischen hängen die Fanschals europäischer Clubs von Bayern bis Marseille, an den Wänden Trikots. Hinten im großen Raum steht ein Trainingstor, Bälle liegen in vielen Ecken. Man möchte sich gerne einen davon schnappen, losdribbeln und schießen.
Im lichten Großraumbüro der Onefootball GmbH in Prenzlauer Berg
wird konzentriert gearbeitet, es ist erstaunlich leise. Zur
Europameisterschaft herrscht Hochbetrieb bei den Mitarbeitern, die die
Onefootball-App mit aktuellen Storys, Berichten und Statistiken
bestücken. Mehr als 24 Millionen Mal wurde die Applikation in über 200
Ländern der Welt heruntergeladen. Im gläsernen Konferenzraum erzählt
Gründer Lucas von Cranach von den Anfängen des Start-ups im Jahr 2008.
Von Cranach? Ja, er ist tatsächlich ein Nachfahre des berühmten
Renaissancemalers und begeisterter Fan des 1. FC Köln. "Zwischen zwölf
und 16 bin ich zu jedem Auswärtsspiel mitgefahren", sagt er.
"Wir waren Pioniere"
"iLiga" hieß die erste App seiner Bochumer Firma Motain, die aktuelle Fußballergebnisse präsentierte, "THE Football App" für den internationalen Markt. Fans konnten sich schnell über ihre Lieblingsclubs und alle Ligen der Welt informieren, von der argentinischen Primera Division bis zur russischen Dritten Liga. "Wir waren Pioniere, 2009 war iLiga die erste Sport-App überhaupt auf dem iPhone", sagt von Cranach. Die User waren begeistert, wirtschaftlich gesehen blieb es die ersten Jahre schwierig. Doch damals sei die Grundlage für den heutigen Erfolg gelegt worden, analysiert der studierte Betriebswirt von Cranach. "Es zeigt sich, dass wir das Thema zum richtigen Zeitpunkt umgesetzt haben und durch diesen First Mover weltweit schon viele Kunden gewonnen hatten. Und natürlich hatten wir später auch das Quäntchen Glück, das man braucht."
Seinen neuen Geschäftspartner Jonathan Lavigne, der für die Produktentwicklung zuständig ist, lernte von Cranach 2010 nach dem Umzug nach Berlin kennen: "Ein wichtiger Grund, dass wir hierher gekommen sind, waren die günstigen Mieten und die IBB-Förderung. Ich kannte Berlin, hatte bereits an der TU Betriebswirtschaft studiert. Als kreativer internationaler Standort ist die Stadt ideal." Von Cranach und Lavigne fanden Investoren, Earlybird und die US-Finanzierer Union Square Ventures investierten zusammen einen achtstelligen Betrag.
"Endlich
konnten wir unser Produkt so aufstellen, wie wir es immer schon tun
wollten", sagt von Cranach. Das Team entwickelte die App neu, benannte
sie im März 2014 mutig in Onefootball um, um mehr internationale User zu
erreichen. Heute bekommen die Nutzer in 14 Sprachen nicht nur
Ergebnisse, sondern individualisierte Informationen über
Lieblingsvereine, Spieler, EM-Statistiken oder Transfergerüchte. Ein
Netzwerk von bekannten Fußballbloggern liefert Geschichten über Clubs
und Spieler, tausende Artikel, die täglich durchs Netz ziehen, werden in
der Redaktion gefiltert und bei Interesse verlinkt. Jeder Nutzer
bestimmt, worüber und in welchem Umfang er informiert werden will.
Fußball ist inzwischen die beliebteste Sportart auf der Welt
Mit
der Neuausrichtung gelang bereits zur WM 2014 in Brasilien der
erwartete Durchbruch. Zur Euro 2016 gelang es, Weltkonzerne wie Adidas
und Hyundai als Werbepartner zu finden. Von Cranach bleibt dennoch
realistisch: "Viele dieser neuen Nutzer zur EM sind klassische
Eventnutzer. Die eigentliche Zielgruppe bleibt der Hardcorefan im
Ligafußball, der per App das neueste Trikot seines Clubs kauft, Pay-TV
abonniert oder Flugtickets fürs Auswärtsspiel bucht." Die europäischen
Profiligen sind schon lange im asiatischen oder südamerikanischen Raum
angekommen, die Fanszene in China, Japan oder Indien wächst enorm. Im
Bereich "Fußball Mobil" ist Onefootball Marktführer. Langfristig sieht
von Cranach noch viel mehr Potenzial, denn Fußball ist inzwischen die
beliebteste Sportart der Welt: "Da sind noch einige Nutzer, die es auf
dem Weg abzuholen gilt."
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