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Schutz vor Krankheiten: Impfen: Risiko sind die Erwachsenen

Kiel/Flensburg | Wissen Sie, wo ihr Impfausweis liegt? Ob Ihnen Masern, Tetanus und Co. etwas anhaben können - oder ob in Ihrem Blut bereits Antikörper schwimmen? Anlässlich zuletzt stark ansteigender Zahlen von Masern-Erkrankungen in Deutschland brachte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr ( FDP) in der vergangenen Woche das Thema Impf-Pflicht ins Spiel. Es sei "verantwortungslos, wenn Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen", sagte er - unter Bezugnahme auf niedrige Impfquoten. Doch während der Impfschutz bei Kindern heute aufgrund der Pflicht-Untersuchungen im Kleinkind- und Schulalter meist noch vergleichsweise hoch ist, zeigen sich vor allem bei Erwachsenen starke Defizite, was den Schutz gegen schwere Infektionskrankheiten angeht. Das Problem: Teilweise wurden bereits im Kleinkindalter Impfungen versäumt, oder aber erst später festgeschriebene Impfungen nicht nachgeholt. Und wo ihr Impfausweis eigentlich liegt, wissen tatsächlich viele nicht. Zerknickt in einem Umzugskarton? Vergilbt im elterlichen Aktenschrank? "Das eigentliche Risiko sind die Erwachsenen", sagt Hans Martin Bader, Kinderarzt und Impf-Experte aus Flensburg. Die seien die eigentlichen "Impfmuffel". Viele gingen zwar mit ihren Kleinen ordnungsgemäß zum Arzt, vernachlässigten aber ihren eigenen Schutz. Auffrischungen werden verpasst.

Stiko setzt Standards

Aber wer legt überhaupt fest, gegen welche Krankheiten in welcher Dosis geimpft wird? Die Impfempfehlungen der Länder orientieren sich an den fachlichen Empfehlungen der Stiko (Ständige Impfkommission auf Bundesebene), einem unabhängigen Expertengremium, das beim Berliner Robert-Koch-Institut angesiedelt ist. Während viele Impfungen nach der Grundimmunisierung im Kindesalter ein Leben lang Schutz bieten, sind gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten (Pertussis) alle zehn Jahre Auffrischungen fällig. Viele Erwachsene haben Krankheiten, gegen die Kinder heute geimpft werden, selbst bereits durchlebt. Sie sind mit Antikörpern gegen die Erreger ausgestattet. Doch nicht jeder habe alle Kinderkrankheiten durchlitten, gibt Bader zu bedenken. Eine Impfung - beispielsweise gegen Windpocken (Varizellen) - sei deshalb auch als Erwachsener noch ratsam, erklärt Bader. Ein Ausbrechen der Krankheit im höheren Alter könne "richtig gefährlich werden", warnt er.

Impf-Check vor der Kita

"Impfschutz regelmäßig überprüfen - es ist nie zu spät dafür", appelliert auch die Kieler Gesundheitsministerin Kristin Alheit. Wer nicht mitmacht, müsse bedenken, dass er dadurch sich und auch andere Menschen, die sich nicht impfen können, gefährdet. Dies sei unverantwortlich. Als wichtiges Instrument hat Schleswig-Holstein bereits eine verpflichtende ärztliche Bescheinigung beim Kita-Start etabliert. Darin wird der Impfstatus überprüft und falls nötig nachgebessert, erklärt Christian Kohl, Sprecher des Gesundheitsministeriums. "Eine Impf-Pflicht ist zwar grundsätzlich diskussionswürdig, wird in der Praxis aber schwer umsetzbar sein", so seine Einschätzung. Deshalb setze man weiter auf Aufklärung oder verpflichtende Maßnahmen wie bei der Kita-Aufnahme. Die Krankenkassen im Norden bemühen sich, mittels Zeitschriften und Erinnerungs-Service das Thema Schutzimpfung immer wieder präsent zu machen. Wer die Spritze nicht scheut und regelmäßig seinen Impfpass beim Arzt vorlegt, erhält sogar Bonuspunkte und kann sich am Jahresende über Prämien freuen. Doch an Erwachsene sei es schwierig heranzukommen, zumal man als Kasse nicht wisse, wann die Auffrischungen fällig sind, heißt es bei der Barmer GEK. "Wir setzen aber auch auf Eigeninitiative", sagt Jessica ten Have, Sprecherin der DAK. Volker Clasen von der Techniker Krankenkasse gibt zu bedenken, "dass es immer noch eine freiwillige Entscheidung" sei. Gezwungen werden könne niemand. Die Zahl der vorsätzlichen Impfgegner wird allerdings nur auf rund zwei bis drei Prozent der Bevölkerung geschätzt. Eine Grafik mit den Impfquoten in Schleswig-Holstein finden Sie weiter unten auf dieser Seite.

von Merle Bornemann, Schleswig-Holstein am Sonntag erstellt am 08.Jul.2013 | 02:04 Uhr

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