Stellen Sie sich vor, Sie erhalten den folgenden Brief:
„Liebe:r Bürger:in, es freut uns, Dir mitteilen zu dürfen, dass Du Teil des Gesellschaftsrats ‚Deutschland Klimaneutral 2030' werden sollst. Ab nächstem Monat bist Du eingeladen, zu den wöchentlich stattfinden Treffen zu erscheinen. Zunächst werden Wissenschaftler:innen Vorträge zur Lage des Klimas halten, danach wirst Du in einem großem Plenum mit anderen Bürger:innen diskutieren und im Austausch mit Expert:innen in verschiedenen Gebieten einen Stufenplan erarbeiten, mit dem Deutschland bis 2030 die Klimaneutralität erreicht. Wir freuen uns, wenn Du diese Aufgabe mit uns bestreitest! Gemeinsam stoppen wir den Klimawandel und erhalten eine bewohnbare Erde. Mit freundlichen Grüßen, die Bundesregierung"Wenn es nach den Klimaaktivisten der Letzten Generation geht, werden schon bald einige Menschen in Deutschland einen solchen Brief erhalten. Auch der Oberbürgermeister von Hannover unterstützt die Forderung, wenn auch aus einem pragmatischen Beweggrund: Er hat mit Vertretern der Letzten Generation ausgehandelt, dass sie im Gegenzug ihre Protestaktionen in seiner Stadt einstellen. Mithilfe von soziokulturellen Daten soll der Gesellschaftsrat am Ende aus einer Gruppe von Menschen bestehen, die alle gesellschaftlichen Schichten Deutschlands abbilden. Die Regierung habe danach keine „demokratischen" Bedenken, die Forderung umzusetzen, denn Bürgerräte würden im Regelfall Ergebnisse erbringen, die auf eine absolute Mehrheit in der Bevölkerung stoßen.
Mit diesem Vorschlag bricht die Letzte Generation nicht nur mit Konventionen, die in unserem aktuellen politischen System vorherrschen, sondern auch mit einem Ausspruch, den sich die Klimabewegung selbst zu eigen gemacht hat. „Listen to the science", hieß es aus den Reihen von Fridays for Future immer wieder. Genug Experten hätten erklärt, wie akut die Klimakrise sei, die Lösung liege auf der Hand: Klimawissenschaftler aus aller Welt wären sich bereits einig, was zu tun sei. So hat die Klimabewegung ihre Anfänge gefunden: indem Politiker auf die Aussagen von Experten und ihre eigenen Versprechen hingewiesen wurden. Nun geben sie die Kompetenz zurück in die Hände der Bürger. Die Bürger aus allen Schichten der Gesellschaft werden - selbstverständlich mit Beratung - zur entscheidenden Instanz. Damit hebeln sie den oft formulierten Vorwurf aus, dass die Klimabewegung ein elitäres Projekt sei. Klima-Aktivismus wurde oft als Bewegung der Mittelstandskinder kritisiert, die keine Empathie für Einkommensschwache mitbringe. Damit soll Schluss sein, statt der Klimabewegung soll nun jeder zu Wort kommen. Der Kern ihrer Forderung ist also: Mehr Demokratie, weniger Aristokratie. Wenn diejenigen, die dem Volk am ähnlichsten sind, einen Vorschlag ausarbeiten, dann wird er auf größeren Zuspruch treffen.
Siehe Link.
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