SV Wehen Wiesbaden
Von Max Sprick
WIESBADEN - Auf einer Betonpiste Fußball zu spielen, macht keinen Sinn. Sagt Michael Feichtenbeiner. Für den Sportdirektor des SV Wehen Wiesbaden kam die Absage des Drittliga-Spiels beim VfB Stuttgart II nicht überraschend. Der Schwabe kennt die Verhältnisse vor Ort und vor allem die handelnden Personen, stand die ganze Woche über mit ihnen im Kontakt. „Trotzdem ist es schade, dass wir nicht spielen", sagt Feichtenbeiner. „Nachdem wir im neuen Jahr zwei Mal hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben sind, hätten wir das gerne am Sonntag korrigiert."
In der 2015-Bilanz des SVWW steht bislang: die Heim-Niederlage gegen Hansa Rostock vom vergangenen Wochenende und das torlose Unentschieden bei Borussia Dortmund II unter der Woche. Spiele, die für Feichtenbeiner nicht nur vom Ergebnis, sondern auch vom Auftreten her enttäuschend verliefen.
Lahme Offensive
Also kehrte der 54-Jährige kurzzeitig zurück in seinen erlernten Beruf. Feichtenbeiner stellte sich als Lehrer vor die Mannschaft. „Ich habe den Spielern mitgeteilt, dass ihre Leistungen im neuen Jahr nicht genügend waren", sagt er. Eine Note, die für jeden Schüler im Zeugnis die Versetzung gefährdet und einen blauen Brief mit sich bringt. Genau so könnte man Feichtenbeiners Ansprache verstehen. „Spieler müssen Rückmeldungen bekommen, um etwas zu ändern." Vor allem das Offensiv-Spiel lahme, die wenigen Torchancen entsprächen nicht der Qualität des SVWW. Lehrer Feichtenbeiner fordert: „Wir sind besser als Platz zehn. Das müssen wir wieder zeigen."
So wie im Hinspiel gegen den VfB, als der SVWW 4:1 gewann. Gegen die Mannschaft, die in der Dritten Liga eine besondere Rolle einnimmt. Zum einen, weil sie als einzige Profi-Reserve seit Einführung dabei ist. Zum anderen, weil sie immer herausragende Talente hervor bringt. Sebastian Rudy, Christian Träsch und Antonio Rüdiger, die für den VfB II spielten und später deutsche Nationalspieler wurden. Oder Ermin Bicakcic und Sven Schipplock, die sich in der Bundesliga etabliert haben. „Der Erfolg der VfB-Nachwuchsausbildung liegt in seiner langen Tradition begründet", sagt Feichtenbeiner. Er selbst war von 1983 bis 1989 erst Jugendtrainer, dann Nachwuchsleiter. „Durch die Titel der Vergangenheit zieht der VfB auch heute noch die größten Talente der Umgebung an."
Und egal, wer bei den Profis verantwortlich war, es bestand immer eine Durchlässigkeit für die jungen aus dem Nachwuchs. „Wir pflegen hier von Haus aus kurze Wege und gute Kommunikation", sagt VfB-U23-Trainer Jürgen Kramny. Der einstige Spieler des FSV Mainz 05 leitet in seinem vierten Jahr die Nachwuchs-Schwaben an. Wer sich bei ihm präsentiert, erhält schnell seine Chance bei den Profis. Wie Thomas Geyer, Patrick Funk und Soufian Benyamina, die sich dann in der Bundesliga aber nicht durchsetzten. Heute spielen sie beim SVWW – der somit auch von der VfB-Jugendarbeit profitiert. Deren jüngstes geglücktes Beispiel ist Timo Baumgartl, der eigentlich noch A-Jugend spielen könnte, bei der VfB-Niederlage in Wiesbaden noch für die U 23 auflief und inzwischen Stammspieler bei den Profis ist.
Training statt Ligaspiel
Ihn wird Feichtenbeiner am Samstagabend wiedersehen. Der SVWW-Sportdirektor reist trotz der Spielabsage für seinen Klub in die schwäbische Heimat, nutzt das freie Wochenende, um die VfB-Profis gegen den FC Bayern zu beobachten. Die Spieler des SVWW werden derweil am Samstag trainieren, um dann ganz normal in den Rhythmus der neuen Woche zu kommen. An deren Ende sie Feichtenbeiners Rückmeldungen umsetzen sollen.
Noch mehr Nachrichten aus der Region lesen? Testen Sie kostenlos 14 Tage das Komplettpaket Print & Web plus!