Nachrichten Wiesbaden
Von Max Sprick
WIESBADEN - Wenn ein jugendlicher Straftäter seine Haft abgesessen hat und die Türen der Justizvollzugsanstalt aufgehen, kehrt er in die Freiheit zurück und beginnt ein neues Leben – denken viele. „In der Realität ist genau dieser Schritt für Straftäter der schwierigste", sagt Ruth Schröder, Abteilungsleiterin Strafvollzug im hessischen Justizministerium.
Weil die festen Rahmenbedingungen und Tagesabläufe wegfallen, die Jugendlichen oft die Strukturen außerhalb der Mauern nicht kennen. Zudem werden viele Haftentlassene aus ihrem bisherigen sozialen Umfeld genommen, um ihnen einen Neuanfang zu ermöglichen.
Ohne Wohnung, ohne Job
Dann stehen sie da. Zwar außerhalb der JVA, aber ohne Wohnung, Kontakte und Job. Dabei sind die ersten Monate entscheidend: Findet der Ex-Häftling Anschluss, stehen die Chancen gut, dass er nicht rückfällig wird. „Ein Arbeitsplatz ist dafür die wesentliche Basis", sagt Schröder.
Genau hier setzt „Ninja" an, das Netzwerk Integration für junge Inhaftierte und Haftentlassene in Ausbildung und Arbeit. Rund 80 Experten beraten seit gestern auf einer Fachtagung in der Handwerkskammer Wiesbaden, wie junge Strafgefangene aus den Justizvollzugsanstalten Wiesbaden, Rockenberg und der Frauen-Anstalt Frankfurt III besser in Arbeit und Ausbildung vermittelt werden können.
„Wir haben sehr gute Abschlussquoten"Finanziert vom europäischen Sozialfonds hat sich das Netzwerk seit drei Jahren auf die Fahnen geschrieben, den Schritt aus dem Gefängnis zu erleichtern und die Resozialisierung von Straftätern zu bewerkstelligen. Für Schröder ist das „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe." Sie will Jugendliche nach der Haft und potenzielle Arbeitgeber zusammenbringen, Vorurteile gegenüber Ex-Häftlingen abbauen. Denn: „Wer keinen Beruf findet, landet direkt wieder in einem Teufelskreis." Viele Unternehmer wüssten gar nicht, was hinter Gittern gelehrt und gelernt wird.
„Wir haben sehr gute Abschlussquoten", sagt Jörg Weber, Projektentwickler im hessischen Justizvollzug. Vor allem handwerkliche Berufe würden im Gefängnis ausgebildet. Und während auf dem Arbeitsmarkt etliche Lehrstellen frei bleiben, sind die Jugendlichen nicht nur gut ausgebildet, sondern auch willig. „Diese Interessen wollen wir zusammenbringen", sagt Schröder.
Langfristige PerspektivenBislang klappt das ganz gut, auf 112 begleitete Fälle kamen 100 erfolgreich vermittelte Jobs. Die jungen Leute zwischen 14 und 25 Jahren entscheiden sich während ihrer Haft freiwillig für das Projekt, dessen Mitarbeiter dann zu einem festen Ansprechpartner werden. Sechs Monate vor Haftende bereiten sie die Gefangenen auf ihre Entlassung vor, stellen Kontakt zu Firmen und Bildungsträgern her. So entstehen , so kehrt der Jugendliche in die Freiheit zurück und beginnt ein neues Leben in einem ihm aufgezeigten System.
Nur: Wie langfristig „Ninja" noch arbeiten kann, ist unklar. Ende des Jahres laufen die Fördermittel aus. „Wir haben die Hoffnung, eine Anknüpfung zu finden", sagt Schröder. Das bisherige Netzwerk mit gewonnenen Daten, Ansprechpartnern und Arbeitsagenturen soll fortgesetzt werden. Gespräche mit dem Sozialministerium laufen bereits.