Nachrichten Wiesbaden
Von Max Sprick
WIESBADEN - Als er im VIP-Raum der Brita Arena Platz nimmt, klatschen die Zuschauer. „Wo du auch hinkommst, dir wird immer applaudiert", begrüßt ihn Moderator Sven Voss. Kurze Pause. „Nicht immer", antwortet Lothar Matthäus. Schon nach den ersten Worten jubelt der Saal.
Deutschlands einziger Weltfußballer weiß nicht nur, wie man Frauen begeistert. Das beweist er bei seinem Talk-Besuch im Rahmen der "Wir gemeinsam"-Kampagne des SV Wehen Wiesbaden. Immer wieder schafft es Matthäus, den Bogen aus seinen Erlebnissen und Erfolgen in die Gegenwart zu knüpfen. Und vor allem schafft er es, allen Vorurteilen mit Humor zu begegnen.
„Heutzutage darf der Schweinsteiger nicht mal ungestört durch New York spazieren", sagt Matthäus, als er über die Freiheiten der Fußballer seiner Zeit und der Profis von heute spricht. „Da kannst du dich voll reinversetzen, oder?", entgegnet Voss. Matthäus sitzt breitbeinig in seinem Sessel, die Arme auf den Lehnen und lacht. „Ich weiß, ich habe viele Fehler gemacht, aber irgendwann sollte man Fehler auch mal Fehler sein lassen", sagt er.
Hochzeit geplant, aber ob sie dann auch stattfindet....Sein Leben habe lang genug in der Öffentlichkeit stattgefunden. Er lebe seit über zwei Jahren in Budapest, wo er die Lebensqualität genießt, die er in Deutschland vermisst. Weil ihn dort keiner fotografiert, wenn er über die Straße läuft. Und weil ihn dort keiner ständig nach einer neuerlichen Hochzeit fragt. An dem Tag, an dem die Bild groß über genau dieses Thema berichtete, ist er auf eine solche Frage vorbereitet. „Ich habe bestätigt, dass ich eine Hochzeit plane", sagt er. Kurze Pause. „Ob sie dann auch stattfindet..." Der Saal johlt vor Lachen. Und Matthäus setzt noch einen drauf: „Ich hatte schon einfachere Hochzeiten." Das mit den benötigten Papieren sei schwierig.
Diese Mischung aus Selbstreflexion und Ironie beherrscht Matthäus ohne nachzudenken, ohne die vielen „ääähs" aus den Fernsehübertragungen. Der 53-Jährige zeigt, dass er sehr wohl weiß, welches Bild er in der Öffentlichkeit abgibt. Und er zeigt, dass er mit dieser Rolle nicht zufrieden ist. Dass er sich mehr Respekt für seine sportlichen Leistungen wünscht, ist lange bekannt. Gleiches fordert er nun aber auch für sein Privatleben ein. „Meine Welt ist der Fußball und meine privaten Geschichten gehören nicht in die Öffentlichkeit. Auch wenn ich weiß, dass ich viele Fehler gemacht habe." Kurze Pause. „Warum auch immer".
Ziel Bundesliga-Trainer abgehaktUnd so redet er auch über Fußball. Über den FC Bayern, bei dem einst Uli Hoeneß behauptete, Matthäus würde nicht mal den Job als Greenkeeper beim Verein bekommen, solange Hoeneß das Sagen habe. Jetzt sitzt Hoeneß im Gefängnis. Genugtuung? Nein. „Wir hatten Probleme, aber die sind alle ausgeräumt", sagt Matthäus. „Ich wünsche Uli, dass er nach seiner Haft zum FC Bayern zurückkehrt." Er selbst hat eine Rückkehr in den aktiven Fußball abgehakt. „Bis vor einigen Jahren wollte ich unbedingt Bundesliga-Trainer werden", sagt Matthäus. „Aber dieses Ziel ist mir verloren gegangen." Sein aktuelles Leben als TV-Experte würde er nicht mehr eintauschen wollen.
Zum Abschied fragt Voss, ob Matthäus einen Tipp habe, wie der SV Wehen Wiesbaden nicht nur seinen VIP-Raum, sondern auch sein Stadion bis auf den letzten Platz füllen könne. „Aufsteigen", antwortet der einstige Weltfußballer. Niemand im Raum klatscht nicht.
Einen Videomitschnitt der Talkrunde finden Sie ab Montag an dieser Stelle