Maximilian Sprick
Werder Bremen, Schalke 04, Hamburger SV und MSV Duisburg - Ailton Goncalves da Silva kam viel rum in der Bundesliga. Seine Bilanz: 219 Erstliga-Spiele und 106 Tore. Er war einmal Deutscher Meister und zweimal Pokalsieger, hat "in Deutschland schon alles gewonnen", wie er selbst sagt. Seine Karriere auf dem Platz schien schon beendet, doch Ailton hat noch nicht genug.Uerdingen, Oberneuland und nun Bingen - Ailtons Abschiedstour durch Deutschlands Fußball-Provinzen geht weiter. Mittlerweile in der sechstklassigen Verbandsliga Südwest. Vorgestellt wurde der 39-jährige Brasilianer aber trotzdem wie in alten Tagen. Mehrere Fernsehkameras, einige Radiosender und etliche Tageszeitungen waren dabei, als der „Kugelblitz" am Sonntag Morgen im Binger Stadion am Hessenhaus präsentiert wurde.
Als Neuzugang für den Sturm, versteht sich. Nicht als „Marketing-Gag", wie Hassia-Manager Stefan Seidel betont. Ailton selbst betrat den Raum gut gelaunt, sportlich modern im Jeanshemd gekleidet. Und um die wichtigste Frage vorab zu klären: Er wirkte auf den ersten Blick auch sportlicher als zuletzt im Dschungelcamp. „Ich bin zwar kein junger Spieler mehr, aber mein Körper ist fit", erklärte der ehemalige Bremer und Schalker Bundesliga-Stürmer sogleich. Zwar müsse er akzeptieren, dass er kein junger Spieler mehr ist, „aber die Motivation zu spielen ist noch zu 100 Prozent da."
Darauf hoffen auch die Binger Verantwortlichen, die ihre „verrückte Idee" (Seidel) im letzten halben Jahr vorantrieben. „Trotz vieler Unkenrufe konnten wir diesen Transfer realisieren", freut sich der Manager weiter. Sichten musste er seinen Neuzugang nicht mehr: „Über seine fußballerischen Qualitäten braucht man nicht mehr reden." Daher sei Seidel auch nicht extra noch einmal nach Brasilien geflogen, um Ailton bei Benefizspielen zu beobachten. Gesehen habe er Deutschlands Fußballer des Jahres 2004 „höchstens im Dschungelcamp", wie er scherzhaft gesteht.
Genau so sei er überhaupt auf ihn aufmerksam geworden. Eigentlich war es Seidels neun-jährige Tochter, die ihren Vater für diesen außergewöhnlichen Transfer begeisterte. „Sie hat Ailton im Fernsehen gesehen und fand ihn richtig witzig", erzählt der Manager. Die Scouting-Berichte seiner Tochter begeisterten ihn schließlich. Er vertraut auf Ailtons Fußball-Künste. Finanzielle Aspekte sollen keine Rolle gespielt haben. Zum Einen weil Ailton komplett extern finanziert wird und den Verein kein Geld kostet. Zum Anderen „weil es Ailton nicht ums Geld verdienen ging. Denn das hätte er ja auch weiter im Fernsehen tun können."
Wann der Kugelblitz durch die sechste Liga donnert ist aber noch nicht sicher. Ziel ist der Saisonstart in knapp zwei Wochen. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg für Ailton, der zugibt: „Ich kenne noch keinen meiner Mitspieler." Das soll sich schleunigst ändern. Im Mannschaftstraining wird er schon nächste Woche erwartet. Zusätzlich stellt ihm der Verein einen Personal Trainer zur Seite, um sicherzustellen, dass Ailton auch wirklich fit wird.
Fitness wird er auf jeden Fall brauchen, um seine Ziele zu erreichen. „Mit Bingen ganz oben mitspielen", will Ailton nämlich. Beim letztjährigen Zehnten will er nochmal eine „gute Saison hinlegen". Und vielleicht auch mehr: der Vertrag geht zunächst über ein Jahr, mit der Option auf eine weitere Saison.
Nach der Präsentation ging es weiter im Programm: Auto-Korso durch die Bingener Innenstadt, Vorstellung auf dem Rathaus-Balkon, wo Ailton den Fans zurief: „Ailton spielt für ein Jahr bei Hassia Bingen und versucht, viele Tore zu schießen." - Wie in alten Tagen.
Autor: Maximilian Sprick Alle Beiträge von Maximilian SprickDie Wahrheit liegt auf dem (Asche-)Platz!