12.04.2013 - SALZBURG
Von Max SprickJürgen Klopp ist schuld. Genauer gesagt: sein Rückpass. Der leitete den Anfang von Herbert Ilsankers Karriereende ein. „Er wusste mal wieder nicht, wohin mit dem Ball", sagt Ilsanker heute mit einem Schmunzeln. „Dann hat er ihn ziemlich schlecht zurück zu mir gespielt." Bei dieser Aktion passiert es. Ilsanker, damals Torwart des FSV Mainz 05, reißt die Achillessehne. Damals, im Mai 1999, im Zweitliga-Heimspiel gegen Energie Cottbus. Im erst fünften Einsatz des Österreichers für die 05er. Es sollte der letzte bleiben. „Ich wurde zwar wieder fit, doch dann riss ich mir Kreuzband, Meniskus und Innenband."
2001 muss der damals 34-Jährige aufgrund dieser schweren Verletzungen seine Laufbahn beenden und kehrt zurück nach Hallein, in die Nähe von Salzburg. Hier ist Ilsanker geboren, hier arbeitet er in der Folge wieder im erlernten Beruf als Papiermacher. Bis vier Jahre später, wieder im Mai, das Telefon klingelt. „Da riefen mich die Verantwortlichen von Austria Salzburg an und erzählten mir, dass Red Bull den Verein übernehmen würde", sagt der inzwischen 45-Jährige. Ilsanker sollte Torwarttrainer werden. Mit Austria hatte er drei Meisterschaften gefeiert, Champions League und Uefa-Cup gespielt, sich einen Namen gemacht und ist mittlerweile als Trainer von Red Bull Salzburg auch vierfacher Meister und Pokalsieger.
Nach der Übernahme sollte der einstige Facharbeiter die Schlussmänner ausbilden. Eine Übernahme, die die Fans spaltete. Ilsanker nicht. „In Salzburg gibt es einen großen Verein", sagt er. „Ob das Austria oder Red Bull ist, spielte für mich keine große Rolle." Ein Teil der Fans sah das anders, gründete Austria neu und ließ den Verein ganz unten starten. Mit der neuen Austria hat Ilsanker kein Problem. „Die haben eher ein Problem mit uns." Trotzdem schränkt er ein, dass die komplette Übernahme durch Red Bull nicht einfach gewesen sei. „In Deutschland wäre so etwas im Profibereich sicher nicht so möglich."
Frank lotst ihn nach Mainz
Deutschland. Ilsankers einzige Auslandsstation. Eine Zeit, an die er trotz weniger Einsätze und vieler Verletzungen gerne zurückdenkt. „Es war die schönste Phase meiner Karriere", sagt er. Weil die ganze Familie Ilsanker für drei Jahre ein anderes Land kennenlernte. „Eine ganz andere Fusballwelt." Fans und Spielweise beeindruckten den Tormann. Und die Stadien. „Im Vergleich zu den meisten Stadien in Österreich haben die deutschen Bundesligisten Prachtbauten." Sogar auf den alten Bruchweg wäre so mancher österreichische Verein neidisch, findet Ilsanker. Er war damals zum FSV gewechselt, weil man ihn bei Austria Salzburg aufs Abstellgleis geschoben hatte. Wolfgang Frank, seinerzeit bei den 05ern und zuvor bei Austria Wien auf der Trainerbank, erinnerte sich an den Torhüter aus der Alpenrepublik, als Dimo Wache lange ausfiel. Ilsanker folgte Franks Ruf – und brachte seinen Sohn Stefan mit. Der wurde damals als Feldspieler bei 05 nicht genommen. Als Torwart schon. So sammelte Ilsanker Junior auch Auslandserfahrung im Mainzer Trikot. Heute spielt er für Red Bull Salzburg. Als Abräumer, nicht mehr zwischen den Pfosten. Letzte Saison war er für den SV Mattersburg zweikampfstärkster Spieler in Österreichs Topliga. „Ich würde mich freuen, wenn Stefan es irgendwann nochmal ins Ausland schafft", sagt Ilsanker. Er traut seinem Sohn die deutsche Bundesliga zu. Kontakte dorthin hält Ilsanker senior noch immer. Zu Stefan Kuhnert, seinem Kollegen von früher.
Die beiden Torwarttrainer telefonieren häufig, tauschen sich eher über Spieler aus, als über ihre Arbeit. Über Alexander Walke zum Beispiel, der beim SV Wehen Wiesbaden spielte und heute unter Ilsanker in Salzburg trainiert. „Alex ist einer der besten Keeper, die wir hierzulande haben“, lobt der Trainer seinen Schützling. Aus ihm und den anderen zwei Torhütern im Kader mehr rauszuholen, reizt Ilsanker. Eine ganze Mannschaft zu übernehmen nicht. „Dazu hätte ich keine Geduld. Da könnte sogar der FC Barcelona anrufen, ich würde ablehnen.“ Stattdessen ist er mittlerweile er Einzige, der alle Trainer-Teams der RedBull-Ära überdauert hat. „Ich habe in den mittlerweile acht Jahren so manche Granate auf der Bank erlebt“, sagt er. Kontakt zur „Granate“ auf der Mainzer Bank hatte Ilsanker noch nie.
Auch nicht, als Thomas Tuchel vor kurzem zu Besuch bei Red Bull in Salzburg war. „Wir haben uns nicht gesehen, aber ich höre nur Positives von Tuchel.“ Ob mehr als nur ein Besuch hinter Tuchels Reise steckte, weiß Ilsanker nicht. Er kann es sich auch nicht vorstellen. Erinnerungen weckte die Visite des 05-Trainers trotzdem. An Jürgen Klopp. Der, der vor 14 Jahren nicht wusste, wohin mit dem Ball. „Kloppo war auch mal hier“, erzählt Ilsanker. Bevor der Karriere-Beender zu Borussia Dortmund ging, sei er auch als Trainer in Salzburg im Gespräch gewesen. „Wir haben damals telefoniert und darüber geredet“ sagt Ilsanker. Den fatalen Rückpass hat er seinem Ex-Kollegen längst verziehen.