Es erinnert alles an einen Hollywood-Streifen: Eine handvoll Spartaner kämpft gegen eine persische Übermacht - in der Mitte steckt der Spieler in der Rolle des Kommandanten, der sich durch das persische Heer prügeln muss. Der Einstieg in "Assassin's Creed: Odyssey" führt zurück in das antike Griechenland, denn nach der Einstiegssequenz geht es in die Zeit um 400 vor Christus weiter - der Zeit des Peloponnesischen Krieges, in der der Spieler Missionen für Spartaner und Athener übernehmen muss und immer wieder in großen Schlachten landet.
Wir schlüpfen wahlweise in die Rolle von Kassandra oder Alexandrios, zwei in Sparta geborene Kinder, die schon frühzeitig auf die kleine Insel Kefalonia verstoßen wurden - gleich zu Spielbeginn muss man sich jedoch entscheiden, wen der beiden Charakter man spielen will. Und schon auf Kefalonia wirkt das Werk von Ubisoft erstaunlich: Olivenhaine, Häuser, Menschen, alles wirkt unglaublich realistisch aufgebaut, auch der Flug mit Ikaros, einem zahmen Adler, den man als Späher einsetzen kann, zeigt die Liebe bis ins Detail. Im Vergleich zum Vorgänger "Assassin's Creed: Origins" hat Ubisoft nochmal grafisch eine Schippe draufgelegt, so dass man eigentlich nur stundenlang durch das antike Griechenland laufen will.
Das ist aber nicht die Aufgabe: Alexandrios und Kassandra sind Söldner, die neben den Hauptmissionen auch jede Menge Nebenmissionen erledigen müssen, um Erfahrung zu gewinnen und im Rang aufzusteigen. Das Levelsystem ist in der neuen Ausgabe knackig gestaltet: War es in Vorgängerversionen noch möglich, zwei Level stärkere Gegner einfach auszuschalten, ist dies nur noch mit viel Geschick möglich. Gerade Kommandanten und Kopfgeldjäger, die auf uns angesetzt werden, sind deutlich schwerer auszuschalten.
Etwas lästig kommen jedoch die Kopfgeldjäger daher, die es wie schon beim Vorgänger gibt. Je mehr Verbrechen wir begehen, desto intensiver wird man gesucht. So kann es schon mal vorkommen, dass ein oder gerne auch mal mehrere Kopfgeldjäger unverhofft mitten in einer Mission auftauchen und diese unweigerlich deutlich schwieriger machen. Zwei Möglichkeiten bleiben dann: Entweder einen langen, schweren Kampf annehmen oder über das Menü mit einem Tastendruck ein vergleichsweise kleines Lösegeld zahlen und schon erkennt uns unser Gegner nicht mehr.
Wer sich für den Kampf entscheidet, wird aber richtig Laune bekommen. Nachdem bereits für "Assassin's Creed: Oirigins" das Kampfsystem überarbeitet wurde, hat es Ubisoft nun nochmal verfeinert. Das Auswahlsystem für Waffen erinnert stark an die bewährte Assassin's-Creed-Formel, doch lassen sich nun auch Feuer und Gift einsetzen, zusätzlich kann man sich spezielle Fähigkeiten in den Stammbäumen "Jäger", "Krieger" oder "Assassine" durch Levelaufstiege aneignen. Wer bessere Waffen haben will, kann diese entweder beim Schmied kaufen, aufwerten lassen oder einfach den nächstbesten Kopfgeldjäger töten und seine Waffen übernehmen.
Und das sind nicht die einzigen Kämpfe. Denn erstmals seit "Assassin's Creed: Black Flag" kann man wieder mit Schiffen kämpfen. Kanonen werden logicherweise durch Pfeile und Speere ersetzt, aber auf dem Mittelmeer lässt es sich mindestens genauso schön kapern wie in der Karibik.
So viel Mühe sich Ubisoft mit der Grafik gegeben hat, so lieblos kommen manchmal die Nebenmissionen daher. Liefer einen Brief beim 100 Meter entfernten Verehrer ab, suche die Essensdiebe, such die Buchräuber und meuchel sie als Racheakt - wer Tiefgang bei den Missionen sucht, wird mit "Assassin's Creed: Odyssey" nur bedingt glücklich. Viel zu häufig bestehen diese daraus, einfach seine Gegner abzustechen: Gewalt statt Geschicklichkeit ist hier gefragt. Etwas anders verhält sich das mit den Hauptmissionen, die teilweise sehr lange dauern und auch die Komplexität und Herausforderung besitzen, die man sich von den Nebenaufgaben erhofft. Interessant sind aber die deutlich ausgeprägteren Dialog, bei denen man sich immer für unterschiedliche Varianten entscheiden kann. Das soll laut Ubisoft auch Auswirkungen auf das Spielgeschehen haben, ließ sich für uns zunächst aber so nicht nachvollziehen.
Die Missionen nehmen mitunter aber auch (zu) viel Zeit in Anspruch, denn Ubisoft hat mit "Assassin's Creed: Odyssey" genau das geschaffen: eine Odyssee durch das antike Griechenland. Die Entwickler haben eine gigantische Open-World gebaut, in der man unzählige Inseln und Städte erkunden kann. Das macht eine Zeit lang Spaß, aber häufig ist man mit langen Wegen konfrontiert, die selbst auf dem Pferd oder dem Schiff eine Ewigkeit dauern. Die große Karte hat auch einen weiteren Nachteil, nämlich die Ladezeiten. Die bekannten Schnellreisen dauern dadurch eine gefühlte Ewigkeit und lassen daran zweifeln, dass es sich wirklich um eine schnelle Reise handelt. Diese Ladezeiten wurden mit einem neuen Update auf der PS4 jedoch deutlich verbessert.
Fazit: Wer "Assassin's Creed: Originals" mochte, wird den Nachfolger lieben. Eine riesige Spielewelt, tolle Grafiken, Schiffskämpfe und anspruchsvolle Kämpfe führen zu einem tollen Spielerlebnis, das jedoch von langen Ladezeiten und lieblosen Missionen getrübt wird.