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Pflegermangel am Klinikum Lahr

Laut Pressesprecher Christian Eggersglüß sind derzeit nicht mehr wie in der vergangenen Woche noch 25 Betten, sondern nur noch fünf Betten in der Hals-, Nasen-, Ohrenabteilung (HNO) in Lahr nicht in Betrieb. Insgesamt verfügt das Haus über 486 Betten. Um die Personallücke von sechs Vollzeitstellen zu schließen, werden Anfang Mai Pflege-Fachkräfte von Ettenheim nach Lahr versetzt, teilte der Pressesprecher des kreiseigenen Betriebs Ortenau-Klinikum, auf Anfrage der Mittelbadischen Presse mit. Nach dieser "internen Umstrukturierung" werde dann wieder die volle Bettenzahl erreicht.

Für andere Klinik-Standorte im Ortenaukreis bestehe die Gefahr einer Bettenstilllegung laut Eggersglüß aber nicht. Damit das auch in Zukunft so bleibt, sagt er aber: "Wir brauchen eine Aufwertung des Pflegeberufes." Denn: Das Problem sind zu wenig Pflegefachkräfte, die nachkommen.

Schlechte Bedingungen

Karlheinz Bayer, stellvertretendes FDP-Mitglied im Kreistag und Allgemeinmediziner aus Bad-Peterstal, weiß, weshalb das so ist. Er fasst auf Anfrage unserer Zeitung die Situation für das Pflegepersonal der gesamten Ortenau mit drastischen Worten zusammen: "Die Anforderungen sind gewaltig, die Bezahlung ist teilweise schäbig." Das liegt nicht am Klinikum, sondern an der chronischen Unterfinanzierung in diesem Bereich, die Klinikum-Geschäftsführer Manfred Lörch seit Jahren anprangert.

Lukas Oßwald, ständiges Mitglied im Krankenhausausschuss für die Partei "Die Linke", pflichtet Bayer bei. Für ihn sind gerade die Arbeitsbedingungen ein Grund für den Mangel an Fachpersonal in der Pflege. Nur wenige wollten sich diesen Bedingungen noch aussetzen. Er verwies auch darauf, dass innerhalb der Stationen in Lahr ständig Patienten verlegt würden - aufgrund des Personalmangels. "Was die Planung angeht, sind das keine Zustände", sagt er. Die Bettenstilllegung in Lahr sei für ihn daher nicht verwunderlich. "Das Lahrer Szenario kann sich auch an anderen Standorten wiederholen", behauptet Lukas Oßwald.

Die Mittelbadische Presse hat deshalb in Kehl nachgefragt. Eine Mitarbeiterin des Klinikums, die namentlich nicht genannt werden wollte, sagte für ihr Team, dass die Arbeitsbelastung immer größer wird. Neben einer älter werdenden Belegschaft müsse diese zudem häufig berufsfremde Arbeiten - wie Kaffee kochen für Patienten - selbst verrichten. "Das geht von der Pflegezeit ab", sagt die Mitarbeiterin. Diesen Vorwurf wollte Eggersglüß nicht bestätigen.

Hinzu komme aus Sicht der Pflegekraft, dass die Zeit, die für die Behandlung von Patienten bleibt, immer kürzer wird. Das führe zu einer höheren Fluktuation und diese wiederum zu mehr Aufwand. Auch die Anzahl der Krankenpflegeschüler habe abgenommen. "Wir haben Nöte, welche zu bekommen", sagt die Pflegekraft. Das liege an der fehlenden Attraktivität des Berufes.

Aus dem Urlaub geholt

Nach Recherchen unserer Zeitung bestätigten auch Pflegekräfte am Offenburger Klinikum, die ebenfalls nicht namentlich genannt werden wollten, eine löchrige Personaldecke. Bei akuten Notständen komme es nicht selten vor, dass Mitarbeiter, die eigentlich Urlaub haben, für andere Kollegen einspringen müssen.

Im Nachtdienst passiere es, dass sich eine Pflegekraft um mehr als 30 Patienten kümmern müsse. In der vergangenen Woche hätte das Offenburger Klinikum außerdem mindestens zwei Patienten aufgenommen, die in Lahr wegen der vorläufig stillgelegten fünf Betten nicht versorgt werden konnten.

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