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Bürgermeisterwahl Friesenheim: Hochschulprofessor analysiert Kandidaten

Seit Sonntag ist klar: Erik Weide wird neuer Bürgermeister Friesenheims. Warum entschieden sich die Wähler für den Ottenheimer Ortsvorsteher und gegen den Politikwissenschaftler aus dem Staatsministerium, Julian Christ? Der Kehler Hochschulprofessor Paul Witt analysiert das Ergebnis für den Lahrer Anzeiger.

Insgesamt gebe es fünf entscheidende Kriterien für die Chancen und Wählbarkeit eines Bewerbers. Ein Kandidat sollte eher nicht aus dem Ort kommen, für dessen Bürgermeisterposten er sich bewirbt. Sowohl Weide (Ottenheim), als auch Christ (Stuttgart) erfüllten dieses Kriterium gleichermaßen, sagt Witt.

Weide (41) und Christ (28) seien im richtigen Alter. Die Bürger erwarteten in der Regel, dass ihr Bürgermeister zwei Legislaturperioden übernimmt. "Die magische Altersgrenze liegt bei 50 Jahren", erklärt Witt. Generell gelte die Regel: Je kleiner die Gemeinde, desto jünger der Bürgermeister.

Auch Kriterium Nummer Drei erfüllten beide: Die Verwaltungskompetenz, die laut Witt eine der wichtigsten Kompetenzen ist, die ein Bürgermeister mitbringen sollte. Erik Weide zeigte bereits als Ortsvorsteher in Ottenheim und als Polizeikommissar in Lahr, dass er Führungsqualitäten und das nötige Know-how mitbringt. Julian Christ ist studierter Politikwissenschaftler mit dem Schwerpunkt öffentliches Recht. Von 2013 bis 2015 war er Referent im Wirtschaftsministerium (Strategie und Planung). Dann wechselte er ins Staatsministerium, in dem er Referent in der Geschäftsstelle Digitalisierung ist.

Distanz zu Parteien

Beim vierten Kriterium wird es etwas komplizierter. Witt weiß: "Die Distanz zu Parteien ist wichtig." Weide ist parteilos, was vorteilhaft für die Bewerbung als Bürgermeister ist. Christ dagegen ist Mitglied der SPD. Er bewarb sich aber als unabhängiger Kandidat, wie er bei seinen öffentlichen Auftritten betonte. Inwiefern ihm das die Bürger glaubten, ist schwer zu sagen. Wichtig ist laut Witt, offen mit der Parteizugehörigkeit umzugehen.

Das wichtigste Kriterium für einen Bürgermeister einer Gemeinde in der Größe Friesenheims sind aber soziale und persönliche Kompetenzen. "Der Wähler muss spüren, dass man die hat und dass die nicht aufgesetzt sind." Hier könnte die entscheidende Erklärung für Weides Sieg liegen. Das wusste wohl auch Christ. Der antwortete im Lahrer Anzeiger auf die Frage, weshalb sich die Friesenheimer für Weide und gegen ihn entschieden haben: "Die Wahl war eine Typ­frage." Und schon nach der ersten Wahl am 24. Januar meinte er, dass die Bürger ihn bislang von der fachlichen Seite kennengelernt hätten. Jetzt wolle er den "Mensch Julian Christ" in den Mittelpunkt stellen. Witt ist sich aber sicher: "Wenn Christ in einer anderen Gemeinde antritt, macht er einen Durchmarsch."

Im Allgemeinen komme es laut Witt häufig vor, dass der Zweitplatzierte aus dem ersten Wahldurchgang noch den Sprung an die Spitze schafft. Denn: Die Wähler des Dritt- oder Viertplatzierten würden ihre Stimme oft dem Zweiten geben. In Friesenheim konnten aber beide ungewöhnlicherweise etwa gleich viel Stimmen hinzugewinnen.

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