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Russlanddeutsche demonstrieren vor Rathaus - "Wir sind ein Teil von Deutschland"

Etwa 300 überwiegend Russlanddeutsche nahmen gestern, Sonntag, an der Demonstration "Gegen Gewalt gegen Frauen und Kinder" teil, die von der Partei "Die Einheit" organisiert wurde. Sie protestierten gegenüber dem Offenburger Rathaus. Die Kundgebung verlief nach Angaben der Polizei friedlich. Es kam zu keinen Auseinandersetzungen mit der gleichzeitig stattgefundenen Gegendemonstration von der Linksjugend und der Jugendvereinigung "Rote Aktion". 


Der erste Redner war Alexej Simon, Landtagskandidat der "Einheit". "Wenn jemand zu Gast in einem fremden Land ist, muss er sich an die Gesetze halten", sagte Simon. Das gelte für jeden, unabhängig seiner Herkunft. "Die Einheit" setzt sich nach Parteiangaben für die Interessen von Menschen mit Migrationshintergrund ein. Die meisten Mitglieder sind Spätaussiedler: "Wir haben 25 Jahre den Mund gehalten. Wir sind ein einfaches Arbeitervolk. Jetzt wird es aber Zeit etwas zu tun", fuhr er fort und erntete dafür starken Applaus.


Keine Rechten

Da es viele Flüchtlinge gebe, die keine oder mehrere Staatsangehörigkeiten hätten, würden Delikte nicht zur Anzeige gebracht werden. Dafür könnten die Polizeibeamten aber nicht immer etwas. Das hänge auch damit zusammen, dass Einsparungen bei der Polizei zu Personalmangel führten. Das wiederum gefährde die innere Sicherheit des Staates, so Simon. 


Er kritisierte auch die Medien. Diese würden die protestierenden Russlanddeutschen als Rechte oder gar Nazis darstellen: "Das sind wir aber nicht", betonte er. Wieder brandete lautstarker Beifall vonseiten der Demonstranten auf. In den sozialen Medien würde zudem versucht, ein Bild von Flüchtlinge hassenden Russlanddeutschen zu erzeugen. Aspekte, wie die gestiegene Nachfrage nach Pfefferspray nach den Vorkommnissen in Köln in der Silvesternacht, würden von den Medien verschwiegen.


Anschließend betrat Dennis Karpischin, Bundesvorsitzender der "Einheit", die Bühne. Er betonte, dass seine Partei nicht gegen Flüchtlinge sei. Denjenigen, die Hilfe brauchen, solle geholfen werden. Es gehe aber darum zu fragen, weshalb die Menschen überhaupt fliehen müssten. Für einen Teilnehmer war die Antwort klar. Er schrie: "Obama!" Karpischin wiederholte die Kritik an der Presse. Er sprach gar von einer Kampagne der Medien gegen "uns" und meinte damit die Russlanddeutschen. "Seid ihr denn alle von Putin bezahlt", fragte er das Publikum, das daraufhin lachte.


Der Bundesvorsitzende sprach auch einen Punkt an, den der Reaktion zufolge viele Spätaussiedler als enorm wichtig erachten. "Wir sind alle Deutsche. Wir sind ein Teil von Deutschland", sagte Karpischin. In der ehemligen UdSSR seien sie immer "die Deutschen" gewesen. Eine Integration sei daher nie möglich gewesen. In Deutschland wiederum bezeichnet man sie als Russen. Das Publikum quittierte diese Aussagen mit viel Beifall und Zustimmungsbekundungen.


Karpischin verkündete während seiner Rede, dass noch am Sonntagabend der Regionalverband des Ortenaukreises der "Einheit" in Offenburg gegründet werde. Außerdem wies er darauf hin, dass es bis zum Ende der nächsten Woche eine Internetplattform geben wird, auf der Fotos und Videos veröffentlicht werden, die für Transparenz sorgen sollen. Denn: Viele Delikte würden nicht zur Anzeige gebracht. Gleichzeitig soll die Plattform aber auch genutzt werden, um sich besser zu organisieren. Er kündigte weitere Demonstrationen in fünf bis sechs Großstädten an. Die Plattform sei aber keine Parteiseite, sondern unabhängig.


Spontanredner

Neben den überwiegend Russlanddeutschen waren auch einheimische Teilnehmer bei der Demonstration. Einige von ihnen ergriffen nach Karpischins Aufforderung spontan das Wort. Eine Frau sagte: "Es ist die Regierung, die uns gegeneinander aufhetzt. Wichtig ist es, dass wir den Medien keinen Glauben schenken." Ein anderer Teilnehmer fragte, "warum die alles geschenkt bekommen". Seine Mutter und seine Frau hätten Angst. Zumindest seine Mutter sei mittlerweile mit Pfefferspray ausgestattet, wenn sie auf die Straße geht. Auch ein anderer Spontanredner sagte, dass die veröffentlichten Zahlen der Presse nicht stimmten.

Den wohl größten Applaus erntete ein Spontanredner, der anmerkte, dass es niemanden gebe, der seine Familie in einem Kriegsgebiet allein lassen würde. Er spielte damit auf die scheinbar große Zahl junger männlicher Flüchtlinge an.

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