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LEA Karlsruhe: Was passiert mit Flüchtlingen in der Erstaufnahmestelle?

Sie sitzen auf Flughafenstühlen in der Wartehalle, sie stehen an langen Schlangen vor der Rezeption, und sie frieren in der Kälte vor dem Eingang zur Landeserstaufnahmestelle (LEA) in der Felsstraße 2 bis 4 in Karlsruhe. Hier warten Flüchtlinge darauf, optioniert, registriert und erkennungsdienstlich behandelt zu werden.


Die LEA strahlt eine merkwürdige Atmosphäre aus. Das ehemalige IT-Gebäude der Telekom ist ein graugrüner, eckiger Kasten. Aufgrund seiner Größe ist er gut dafür geeignet, den bürokratischen Teil der Flüchtlingsaufnahme abzuwickeln. 


Aber von innen und außen wirkt er beamtisch steril. Die meisten Flüchtlinge warten in einer an einen Flughafen erinnernden Halle. Gelacht wird so gut wie nicht. Viele der Asylsuchenden sind sichtlich müde und erschöpft von ihren teils wochenlangen Reisen quer über die Weltkugel. Nur die Kinder sind fröhlich und spielen miteinander, nicht wissend, dass die Reise noch lange nicht zu Ende sein kann.


Etwa 70 Prozent der auf Asyl hoffenden sind alleinstehende junge Männer. Die restlichen 30 Prozent machen Familien aus. Ältere Flüchtlinge findet man eher selten. Dazwischen sind die 40 Mitarbeiter der Aufnahmestelle, die von Soldaten, Polizisten und Pensionären unterstützt werden.


Einer von diesen ist Gerhard Bohner. Er ist pensionierter Beamte im Rechnungshof und wurde von der Präsidialverwaltung angeschrieben, ob er eine Aufgabe in der LEA übernehmen könne. "Aus Pflichtgefühl", wie er selbst sagt, habe er das Angebot angenommen. Und so sitzt Bohner nun für mindestens ein halbes Jahr - so lang läuft sein Vertrag - in der Felsstraße und registriert Flüchtlinge. Die Asylsuchenden in der LEA kommen aus den umliegenden Notunterkünften und werden viele Male täglich von dort nach Karlsruhe und wieder zurückgebracht. 


So auch Nahro Jalal Aziz. Der 22-Jährige ist Kurde und kommt aus dem Norden des Iraks, aus der Stadt Kirkuk. Er ist vor etwa einer Woche über die bayrisch-österreichische Grenze nach Deutschland gekommen und floh aufgrund von politischer Verfolgung. Ganz allein habe er die 25-tägige Reise auf sich genommen, erzählt er einer Dolmetscherin für Kurdisch. Diese wurde, wie viele andere, von der LEA für das Aufnahmeprozedere eingestellt. Denn viele Flüchtlinge sprechen ausschließlich ihre Muttersprache. Aziz wurde in einer Notunterkunft in Mannheim untergebracht. 


Die Zustände dort, so erzählt er, seien nicht gerade gut. Dreckig sei es, und zu viele Menschen wären dort auf einem Haufen. Dennoch sei er froh, in Sicherheit zu sein. Zum Glück, so führt er weiter aus, könne er fast täglich mit seiner Familie im Irak telefonieren. Wie die Zukunft für den gelernten Handwerker aussieht, könne er nicht sagen.


So wie Aziz geht es den meisten anderen in der LEA auch. Zu Konflikten zwischen den Asylsuchenden komme es nicht, sagt der Chef des privaten Sicherheitsdienstes, der für insgesamt 17 Einrichtungen dieser Art zuständig ist. Seine Mitarbeiter und er versuchten, im Vorfeld zu schlichten.


Ein Besuch in der Landesaufnahmestelle ist ein Eintritt in eine andere Welt. Anders als die Flüchtlinge können die Bediensteten der Behörde nach Dienstschluss wieder in ihre gewohnte Welt zurück. Für die Asylsuchenden, die Männer, Frauen und Kinder, bleibt diese Welt aber ihre Realität. Irgendwo zwischen Wartehalle, Notunterkunft und Flüchtlingsheim. Da es immer wieder zu Drohungen gegenüber Mitarbeitern von Flüchtlingsbehörden kommt, wünschen die in solchen Einrichtungen arbeitenden Personen keine Nennung ihrer Namen. Diesem Wunsch haben wir entsprochen.

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