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Lahrer Landtagskandidaten diskutieren mit Flüchtlingen

Wie möchten Sie die Lage von Flüchtlingen verbessern? Sollten Asylbewerber auch wählen dürfen? Mit diesen und weiteren Fragen mussten sich die Landtagskandidaten Karl-Rainer Kopf (SPD) und Marion Gentges (CDU) am Freitag auseinandersetzen. Für die aus privaten Gründen verhinderte Sandra Boser (Grüne) war Ersatzkandidat Sven Täubert da. Kandidaten anderer Parteien kamen nicht.


Gestellt wurden ihnen die Fragen von jungen Flüchtlingen, die am JMD2Start-Programm teilnehmen. Das soll Asylbewerbern ohne geklärten Bleibestatus das politische System Deutschlands näherbringen.


Das Aufeinandertreffen mit den Lahrer Politikern war für die Jugendlichen interessant. Sie haben selten so eine Gelegenheit. Aber auch für die Politiker selbst war es etwas Neues. Denn, wie sich herausstellte, war keiner der drei häufig zu Besuch in Flüchtlingsunterkünften.


Kopf (SPD) sagte, er sei bislang nur einmal in einer Unterkunft für Flüchtlinge gewesen - im N40, "noch vor dem Einzug der Asylbewerber". Gentges war in einer Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge in Kappel-Grafenhausen. Täubert war vor drei Jahren zum letzten Mal in einer Unterkunft - in der Geroldsecker Vorstadt.


Zuwanderungsgesetz

Die jungen Asylbewerber stellten konkrete Fragen. Etwa: Wie wollen Sie die Lage von Flüchtlingen verbessern? Kopf antwortete: "Wir machen, was wir können. Aber wir sind in einer schwierigen Situation." Das spiele rechtsradikalen Parteien in die Karten. Er plädierte für ein Zuwanderungsgesetz.


Anders sah das Gentges. Sie ist gegen ein solches Gesetz. Generell sei es richtig, Menschen Schutz zu bieten. Allerdings warb sie bei den Flüchtlingen auch für Verständnis. Es sei schwer, so viele Menschen schnell zu integrieren. Auch Deutsche hätten Sorgen, wie das gelingen kann.


Täubert sagte, man müsse die Lebensverhältnisse der Menschen in ihren Herkunftsländern verbessern. Auch die Grünen sind für ein Zuwanderungsgesetz. Sainey, 21 Jahre, aus Gambia wollte wissen, wie man die Verhältnisse in den Unterkünften verbessern könne. Er selbst lebt mit vier Menschen in einem Zimmer. Weil er morgens früh in die Schule muss, seine Zimmergenossen aber nicht, ist der Tagesryhthmus ein völlig anderer. Privatsphäre gebe es auch nicht.


Kopf: "Wir haben 2015 eine Million Flüchtlinge aufgenommen, sehr viel in Baden-Württemberg." Die müssten erstmal auf die Kommunen verteilt werden. Die etablierten Parteien bekämen dafür die Quittung, "außer den Grünen - warum auch immer".


Zu Sainey sagte er: "Ich lüge Sie nicht an, ihre Situation wird sich in der kommenden Zeit nicht verbessern". Auch Gentges verwies darauf, dass solche Dinge einfach Zeit bräuchten. Man arbeite am Wohnungsbau, das dauere aber. Täubert merkte an, dass der Bund und das Land das Geld für den Wohnbau stark erhöht haben.


Schuss auf Flüchtling

Mitte Februar hatte eine Person aus einem fahrenden Auto heraus auf einen Asylbewerber mit einer Softairwaffe vor der Flüchtlingsunterkunft am Flugplatz geschossen. Wie könne man die Sicherheit in Lahr verbessern, wollte einer der Flüchtlinge wissen. Kopf sagte, er wisse nichts von dem Vorfall. Vor dem Flüchtlingsheim am Flugplatz sei genügend Polizei und Sicherheitspersonal vorhanden. Die Lage in Lahr sei derzeit sicher.


Gentges merkte an, dass jeder verurteilt werden müsse, der eine Straftat begeht. Ihre Partei will 1500 zusätzliche Polizeistellen schaffen. Täubert verwies darauf, dass es in einer freiheitlichen Gesellschaft keine absolute Sicherheit gebe. Die Flüchtlinge stimmten ihm geschlossen zu.


Keine Angst vor AfD

Die AfD lehnten alle ab. Sie versicherten, dass diese Partei auch mit Landtagsmandaten nichts ausrichten könne. Die AfD vergifte das Klima in der Gesellschaft. Für ein Wahlrecht für Asylbewerber war nur Täubert. Für Kopf und Gentges ist die Staatsbürgerschaft zwingende Voraussetzung, um wählen zu dürfen.


Nachdem sich die Jugendlichen ein Bild von zumindest drei Kandidaten machen konnten, gingen sie in die Räumlichkeiten des Jugendmigrationsdienstes. Dort gaben sie ihre Stimmen im Zuge der U-18-Wahl ab. Die soll Jugendliche an das Wählen heranführen. Zum ersten Mal waren in diesem Jahr auch ausdrücklich Flüchtlinge ohne Wahlrecht dazu eingeladen.

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