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Die Russen und der Pizzamontag

Russen, eine hässliche Innenstadt und die Landesgartenschau 2018 - das waren in etwa die Dinge, mit denen ich Lahr in Verbindung brachte. Einige sollten sich schnell bewahrheiten, andere muss ich widerlegen. Ja, in Lahr wird russisch gesprochen. Das merkte ich schnell. 


Ob es beim Bäcker, beim Metzger oder auf der Straße ist, häufig treffe ich auf Russlanddeutsche, auch Spätaussiedler genannt. Für mich ist das immer wieder interessant. Besonders deswegen, weil ich selbst aus einer russlanddeutschen Familie stamme und mit Interesse die jüngsten Kundgebungen und Demonstrationen der zumeist Russlanddeutschen verfolgt und begleitet habe.


Was sich nicht bestätigen sollte, ist ein häufig gehörtes Vorurteil von Leuten, denen ich gesagt habe, dass ich bald in Lahr arbeiten werde: "Lahr ist wirklich nicht schön." Das stimmt aus meiner Sicht nicht. Jeden Morgen parke ich in der Obertorstraße. Von dort laufe ich in Richtung Innenstadt, in die Friedrichstraße. Dort befindet sich die Redaktion. Und jeden Morgen blicke ich von oben in die Marktstraße. Hässlich kann man die Stadt wirklich nicht nennen - ganz im Gegenteil.


Was dagegen durchaus als unschön bezeichnet werden kann, ist die Parksituation in Lahr. Wer, wie ich, nicht in Lahr wohnt, aber dort arbeitet, hat ein Parkplatzproblem. Wer nah an der Innenstadt parken will, muss entweder dafür bezahlen oder kann das schlicht und ergreifend nicht. So eklatant wie in Lahr habe ich die Parksituation bislang in keiner anderen Stadt wahrgenommen. Nicht umsonst ist die Frage nach Parkplätzen in meiner Zeit in Lahr immer wieder ein Thema.


An Themen mangelt es in Lahr generell selten. Ob es die Russlanddeutschen sind oder die Landesgartenschau oder die Flüchtlinge - in Lahr ist einiges los. Deshalb konnte ich mir auch schnell ein kleines Netzwerk aufbauen. Das braucht man in Lahr auch; schließlich hat man immer wieder mit denselben Personen zu tun. Da sind die von Stadtverwaltung, die ich beim jährlichen Presseabend genauer kennen lernen durfte. Da sind aber auch Gemeinderäte, die ich immer wieder zu den verschiedensten Themen befrage.


Der Umgang mit allen ist durchweg positiv. Ich merke schnell: In Lahr geht man höflich, freundlich und zuvorkommend miteinander um - sogar mit den Mitbewerbern der anderen beiden Lahrer Lokalzeitungen. Denn von einer 45 000-Einwohner-Stadt, die gleich drei Tageszeitungen hat, könnte man auch etwas anderes vermuten. Häufig treffe ich bei Terminen auf Kollegen der anderen Blätter. Da ist es eine besondere Herausforderung, an Themen zu kommen, die eventuell exklusiv sind. Nicht exklusiv sind die Möglichkeiten, mittags in Lahr etwas essen zu gehen. Montags ist Pizzatag im "Goldriver". Dass der nicht nur für uns Journalisten gilt, merkte ich, als auch Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller das Angebot wahrnahm.


Bürgermeister Guido Schöneboom traf ich dagegen in einem Burger-Restaurant in der Friedrichstraße an einem Freitag. Für den Kaffee und das Plunderteilchen zwischendurch hatte ich nach spätestens zwei Wochen meinen Stammbäcker. Die Zeit in Lahr empfinde ich als positiv. Die zweitgrößte Stadt im Ortenaukreis ist mir tatsächlich ans Herz gewachsen. Auch Friesenheim und das Umland durfte ich im Zuge der Bürgermeisterwahl kennen lernen. Und ich merke: In jeder Gemeinde, egal wie groß oder klein sie ist, gibt es Spannendes zu entdecken.


Nur eine Sache ist und bleibt für mich nicht nachvollziehbar: Die Affinität zum Namen der Stadt. "StartkLahr", "O la Lahr", "L'Art pour Lahr" oder andere Wortspielereien mit Lahr gehören aber wohl einfach zur Stadt dazu.

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