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In der Sprache deutsch, beim Essen russisch

Obwohl ich 1988 in Offenburg geboren wurde, hier zur Schule gegangen bin, meine Sprache und meine Schrift deutsch sind, habe ich doch schon früh bemerkt, dass ich wohl anders aufwuchs als die meisten meiner Freunde. Dies wird mir heute immer deutlicher bewusst.


Wenn die Eltern meiner Freunde davon erzählen, wie sie in den 60er-Jahren als Hippies Straßen und Universitäten unsicher machten, muss ich zwangsläufig daran denken, wie meine Oma von der harten Arbeit im Kuhstall erzählt. Und meine Mutter berichtet, wie streng das Schulleben in der ehemaligen UdSSR doch war. Meine Familie hatte keine Zeit, sich für mehr Demokratie einzusetzen und gegen die Alt-Nazis aufzulehnen. Für sie gab es bloß ein Ziel: endlich wieder nach Deutschland zurückzukehren.


Auch im alltäglichen Leben merke ich, dass mein kultureller Hintergrund ein anderer ist. Mehrmals in der Woche gibt es russisches Essen. Pellimeni, eingelegte Tomaten aus dem russischen Supermarkt, oder Schaschlik, das ist es, was mein kulinarisches Herz höher schlagen lässt. Wenn sich die älteren Familienmitglieder, also alle über meiner Generation, miteinander unterhalten, wird ein nicht unerheblicher Teil der Konversation in russischer Sprache geführt, und nicht selten kommt es vor, dass sie ein Wort zwar auf Russisch, aber nicht auf Deutsch finden.


Es reicht für "Danke" Leider, das weiß ich heute, wurde bei meiner Erziehung darauf verzichtet, mit mir russisch zu sprechen. So verstehe ich einen großen Teil dessen, was innerhalb der Familie auf Russisch besprochen wird, selbst eine Konversation führen, kann ich aber nicht. Bei mir reicht es nur für Dinge wie: "Los", "Danke", Bitte", Ich habe Durst" und "Ich habe Hunger". Das bedauere ich heute sehr und auch meine Mutter hat erkannt, was für eine Chance damals vertan wurde.


Anders soll das bei meinen Nichten sein. Meine Schwester und meine Mutter haben vereinbart, dass meine Mutter auch mit den Kleinen russisch spricht. Das klappt bislang super. Beide Nichten verstehen sowohl die russisch sprechende Oma, als auch den deutsch sprechenden Rest der Familie.


Ich bin froh, dass ich sowohl eine deutsche als auch eine russische Seite in mir habe. Deshalb verbinde ich mit dem Tag der Russlanddeutschen mehr als andere Offenburger und die Recherche zum heutigen Thema ist eine Herzensangelegenheit für mich.

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