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Zur Folge 6000: Weil GZSZ ein Teil unserer Jugend ist!

Heute Abend strahlt RTL die 6000. Folge GZSZ aus. TV-Movie-Online-Redaktionsleiter Maryanto Fischer erinnert sich noch immer gern an die Anfänge der Soap.

Inzwischen kann ich mit Freude und ganz ohne Scham sagen: Ja, ich war dabei! Vor dem Fernseher. Als Prinz William Kate heiratete, als Deutschland seinen ersten Superstar kürte, als das Topmodel-Finale in Mannheim platzte. Natürlich auch als Frank-Thomas Mende am 11. Mai 1992 in der Rolle des Clemens Richter den ersten Satz in Deutschlands bis heute erfolgreichster Daily Soap sprach: „Was ist denn?"

„Was ist denn?", mag ich in den neunziger Jahren unzählige Male gedacht haben, wenn mich irgendjemand zwischen 19.40 und 20.15 Uhr vor dem Fernseher störte. Denn „Gute Zeiten, schlechte Zeiten", das uns laut Wikipedia seit nunmehr 24 Jahren „Die Höhen und Tiefen des Erwachsenwerdens" zeigt, war Pflichtprogramm. Zumindest für alle, die am nächsten Morgen auf dem Schulhof mitreden wollten.

Gefühlt näher als 90210

Der Berliner Kiez fühlte sich für uns als Teenager selbst in der Provinz so nah an. Viel vertrauter als die Glitzer-Welt aus „Beverly Hills 90210", jenem US-Teenager-Kult, den RTL nur wenige Wochen später immer samstags ausstrahlte - inklusive exklusiven Poolpartys, Sushi to-go und Schönheitsoperationen bei Halbwüchsigen.

Oliver Petszokat (rechts) wurde als Ricky Marquart bekannt. Foto: RTL

GZSZ-Emporkömmling Oliver Petszokat erklärte dieses Phänomen in der Zeitgeist-Doku „Pop 2000" später so: „Es werden Themen behandelt, die auch im normalen Leben passieren." Er betonte damals vor allem die die Authentizität der Darsteller.

Stars direkt aus dem Leben

Die anfangs fast durchweg jungen Darsteller seien direkt aus dem Leben genommen und in die Serie gesteckt worden. Deshalb, so der Schauspieler, wirke „Gute Zeiten, schlechte Zeiten" so natürlich. Die frühen GZSZ-Stars hätten die Geschichten, die sie gerade noch im wahren Leben erlebt hatten, gleich noch in der Serie ausleben dürfen.

Das haben wir auf unseren Sofas tatsächlich so empfunden - zumindest, wenn nicht gerade mal wieder ein Darsteller in einem unterirdischen Bunker festgehalten wurde, Sex mit seinem Vater praktizierte, oder nach einer Not-Operation plötzlich ein völlig neues Gesicht hatte. Um einen Schauspieler auszutauschen, wohl gemerkt. Ja, wir hatten wirklich oft das Gefühl, dass die GZSZ-Stars nicht nur so etwas wie Freunde sind, sondern tatsächlich Teile unserer Lebens leben. Jeden Abend kurz vor der Primetime. Und wahrscheinlich wird wahr werden, was wir damals schon vermuteten: GZSZ bis dass der Tod uns scheidet.

Laut Angaben der ARD erreichten die vier beliebtesten Genre-Vertreter, „Unter Uns", „Marienhof", „Verbotene Liebe" und eben GZSZ zu den Hochzeiten der Seifenoper-Ära schnell rund 14 Millionen Zuschauer. Mehr Eigenproduktionen habe es in hierzulande zuvor nie gegeben. Plötzlich war GZSZ überall. Sogar in den Charts.

Melodien für Millionen

GZSZ wurde zum Phänomen der deutschen Popkultur. Petszokat selbst verkaufte seine Version des Grönemeyer-Hits „Flugzeuge im Bauch" im Jahr 1998 ganze zwei Millionen Mal. Zum Vergleich: Die in Deutschland bis heute erfolgreichste Single, Sir Elton Johns „Candle in the Wind", war im vorausgegangenen Jahr etwa 4,75 Millionen Mal über die Ladentheken gegangen.

Nicht nur die GZSZ-Titelmelodie, im Original von Schlagersängerin Bo Andersen gesungen, kannte bald jedes Kind. Die GZSZ-Familie landete schnell Hit um Hit. Andreas Elsholz wurde erst zum ersten deutscher Soap-Star stilisiert und dann zum Musiker gemacht, wisst ihr noch?

Andreas Elsholz (43), heute als Fotograf tätig, wird im großen GZSZ-Special nach der 6000. Folge zu sehen sein. Foto: RTL

Während wir Elsholz' Gesangsversuche lieber vergessen wollen, erinnern wir uns gern daran, dass Bands wie „Caught in the Act" oder „Just Friends" direkt in GZSZ geboren wurden.

Damit nicht genug: Ob Yvonne Catterfeld, Jeanette Biedermann oder jüngst Echo-Preisträgerin Senta-Sofia Delliponti - sie alle legten den Grundstein für ihre Musikerfolge bei GZSZ. Wie inzwischen über zwei Schauspielergenerationen den für ihre Präsenz in deutschen Kino- und Fernsehproduktionen. Alexandra Neldel, Rhea Harder und nicht zuletzt Wolfgang Bahro. Was wäre die deutsche Promi-Landschaft heute ohne „Gute Zeiten, schlechte Zeiten"? Ein Dickicht aus DSDS-lern, GNTMs und Dschungelcampern.

Der direkte Draht

„Ich meine, man muss sich vorstellen, wir leben in einem Land, in dem unser Bundeskanzler in 'Gute Zeiten, schlechte Zeiten' auftritt", äußerte der Schauspieler Bernd Michael Lade („Der letzte Bulle") vor 16 Jahren zynisch. Und nicht nur der! GZSZ bot neben dem damaligen Ministerpräsidenten Niedersachsens, Gerhard Schröder, beispielsweise auch Berlins Ex-Oberbürgermeister Klaus Wowereit den direkten Draht zu den jungen Deutschen. Selbst die ehemalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, kam in der Soap zu Wort. Viele Gastauftritte sind längst legendär - ebenso wie die vielen GZSZ- Hochzeiten und Figuren wie unser aller Lieblingslehrerin Elisabeth Meinhart.

GZSZ war immer auf der Höhe der Zeit, ihr gelegentlich sogar voraus. Während Homosexuelle in den Talkshows der 90er noch wie Zirkustiere vorgeführt wurden, lebte Saskia Valencia uns bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten" bereits eine ernste, lesbische Beziehung vor. Zur Jahrtausendwende heirateten in der Soap mit Simon und Philipp erstmals zwei Männer. Aktuell beschäftigen sich die Autoren unter anderem mit der Flüchtlingskrise.

Unvergessen: Flo und Andi heiraten in Folge 1500. Foto: RTL Noch immer ein Quotenbringer

Die Serie selbst hat in Sachen Quotenerfolg sicherlich schon sehr gute und sehr schlechte Zeiten gesehen, wirklich in der Krise steckte sie allerdings nie. Noch im vergangenen Monat erreichte GZSZ in der werberelevanten Zielgruppe zeitweise wieder rund 20 Prozent Marktanteil, das sind über 1,7 Millionen Zuschauer. Schröders Auftritt im Restaurant „Der Fasan" verfolgten 1998 übrigens 6,73 Millionen Deutsche mit.

Er gab sich die Ehre: Gerhard Schröder bei GZSZ. / RTL

Bevor heute Abend um 20.15 Uhr die 6000. Folge GZSZ läuft, bleibt mir nur noch, „Danke!" zu sagen. Für Geschichten und Lieder, über die ich manchmal sogar noch spreche, wenn ich mit Schulfreunden in den guten und schlechten alten Zeiten schwelge. Dann ist GZSZ immer mal ein Thema. Wie Techno, Harry Potter, Sushi to-go - und alles andere, was die neunziger Jahre überlebte und einfach nicht totzukriegen ist.

Heute wird bei GZSZ gefeiert. Foto: RTL / Sebastian Geyer

Wir freuen uns auf die nächsten 6000! Und natürlich auf das große Star-Comeback, das die Macher heute Abend in einer Spezial-Sendung offiziell verkünden wollen. Wird es Raul Richter als Geist sein, Raphael Vogt oder doch das erste GZSZ-Playboy-Bunny Sandra Keller? „Die Geschichten sind so billig", ätzte Fanta4-Smudo im Jahr 2000, „so ganz übele Moralvorstellungen, die da transportiert werden." Wie konterte Oli P. damals? „Es ist nicht Kunst wie Kino, sondern einfach Unterhaltung!" Darauf Champagner für alle!

Für die TV-Movie-Online-Redaktion, Maryanto Fischer

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