Zwanzig Jahre lang musste Penelope, die einst spartanische Prinzessin war, Zuhause bleiben, ihrem Mann die Treue halten, den Haushalt hüten und den gemeinsamen Sohn erziehen, ehe ihr Gatte Odysseus, der König von Ithaka, endlich von seiner langen Reise samt zahlreich erlebter Abenteuer zu ihr zurückkehrte. Auf der einen Seite die männliche Heldenikone, auf der anderen Seite die völlig eindimensional erzählte Frauenfigur in Homers "Ilias". Ein ähnliches Schicksal ereilt viele weibliche Figuren in Literatur und Dramatik des Westens. Auch so Solveig in Henrik Ibsens "Peer Gynt": Jahrzehntelang wartet sie auf ihren Peer, einen armen Bauernjungen, den es in die weite Welt hinauszog, um ihn am Ende vor seinem drohenden Schicksal zu bewahren. Doch dem Warten auf den Mann setzt der Regisseur Dušan David Pařízek in seiner Neuinszenierung des Ibsen-Klassikers nun ein Ende und lässt dabei auch gleich mit dem gesamten westlichen Dramenkanon und der 500 Jahre alten europäischen Kolonialgeschichte abrechnen. Digital-Premiere feierte der Abend am 24. April im Stream des Schauspielhaus Bochum. Seit dem 13. Juni ist der Abend nun auch live zu erleben.
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