Er will alles abreißen. Die Ecke, wo früher Schnaps und das Feldbett seines Vorgängers standen und sich jetzt ein Schreibtisch möglichst unauffällig an die Wand drückt, Holzplatte, bisschen Papierkram, nichts Persönliches. Den ganzen riesigen Raum, in dem Umzugskartons und Farbeimer den Wandel in Deutschlands mächtigster Boulevardzeitung illustrieren wie schlechte Requisiten. Schatten liegen unter Johannes Boies Augen. Mit 38 steht er hier im 16. Stock als neuer Chefredakteur der Bild-Zeitung. Als derjenige, der eine von Sexskandalen erschütterte Redaktion irgendwie zusammenraufen muss.
Das neue Büro liegt auf der Mitte des Korridors, hat eine Glastür und ist halb so groß. Will man das Prinzip verstehen, mit dem Johannes Boie die Aufräumarbeiten bei der Bild anpackt, dann vielleicht mit diesem Raumwechsel. Bescheidenheit, Transparenz, Erreichbarkeit. Boie will "eine veränderte Kultur auch vorleben". Und hofft auf Nachahmer.
Er bietet sofort das Du an, sagt "Sorry" für die 40 Minuten Verspätung. Einer seiner Reporter hatte in der Ukraine Probleme. Trotz Kriegs nimmt er sich an diesem Mittwochabend Zeit für einen Spaziergang durchs Berliner Zeitungsviertel, um über seinen neuen Job und die Zukunft der Bild zu sprechen. ...
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