Vor einigen Wochen ereignete sich eine Tragödie im Privatfernsehen. Sie hieß Melanie. Melanie tauchte in der ersten Folge der neuen Staffel "Deutschland sucht den Superstar" auf. Selten sah man in diesem Casting-Format, das mehr Träume schreddert als der Verfassungsschutz NSU-Akten, eine Hoffnung schmerzvoller zerfleddern. Und das ausgerechnet in dieser 19. Staffel DSDS, die sich das Motto "Music is King" aufs angeschmuddelte Image pinselte. Ausgerechnet jetzt, wo sie nach dem Verschwörungsguru Xavier Naidoo, dem KZ-Relativierer Michael Wendler und dem Kotzbrocken Dieter Bohlen den Saubermann Florian Silbereisen an die Spitze wählte, ausgerechnet jetzt, wo alle lieb sein wollen, hinterließ die erste Folge ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit und der Enttäuschung. Wie konnte das passieren? Wo doch Empathie-Neandertaler Dieter Bohlen samt Keule fehlt?
Der Tatort der Grausamkeit ist Wernigerode im Harz. Mitten auf dem Kopfsteinpflaster steht die Casting-Bühne im gläsernen Kubus, um den sich Eis schleckende Deutsche versammeln. Flamingos glitzern auf T-Shirts, weiße Sieben-Achtel-Hosen spannen, Käppis wackeln auf lichtem Haar, dazu offen stehende Münder. An diesem Drehtag im Sommer stürmt Melanie in den Kubus. Sie wirft die blonde Mähne zurück, winkt und vollführt parallel etwa zwanzig weitere Bewegungen. Sie lacht, die Jury lacht, die Regie legt einen warmen Filter übers Bild. ...
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