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Im Nürnberger Eisstadion konfiszieren Ordner sogar Bonbons - WELT

Im Nürnberger Eisstadion konfiszieren Ordner sogar Bonbons

Fans beschweren sich über neue Spielstätte: Harsche Kontrollen stehen im krassen Gegensatz zu gefährlichen Baumängeln

Kaum eingeweiht, hat das neue Eisstadion in Nürnberg bereits heftige Debatten ausgelöst. Die Eishockey-Fans beklagen die schlechten Sichtverhältnisse, eine Regionalzeitung druckte erst vor kurzem einen Leserbrief eines Gästefans unter dem Titel "Eine Frechheit", in dem sich der sich ein Fan über die viel zu schmalen Treppen genauso ärgert wie über den Sicherheitsdienst, der beleidigend aufgetreten sei. Das Fazit des Leserbriefschreibers: "Das Stadion ist meiner Meinung nach nicht WM-tauglich!"

Doch die Eishockey-Weltmeisterschaft rückt näher, und Abhilfe lässt sich nicht mehr schaffen. Bereits am Dienstag, 24. April, findet ein Testspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Italien in der Arena Nürnberg statt, die WM-Vorrundenspiele beginnen vier Tage später. Mindestens 13 Spiele sollten in Nürnberg ausgetragen werden. Und das, obwohl sich die von zahlreichen Fans beklagte "Fehlkonstruktion der Arena" bis zur WM nicht verbessern lässt.

"Ich sehe einen sechs bis sieben Meter breiten Streifen über das gesamte Spielfeld nicht", klagte zum Beispiel Leonhard Krauß kürzlich bei der ersten Fan-Sprechstunde in der Arena. Die Sicht der Zuschauer im Oberrang - das hat inzwischen auch EHC-Präsident und Gesellschafter der Betreibergesellschaft Herbert Frey eingeräumt - sind stark eingeschränkt. Doch was kann man jetzt noch ändern? Frey zuckte mit den Schultern: Die Probleme seien erst erkannt worden, als der Rohbau bereits gestanden war. "Jetzt kann man die ganzen Schmerzen nicht mehr heilen, man kann sie nur lindern."

Herbert Frey will etwa den Vorschlag aufgreifen, Dauerkartenbesitzer künftig früher ins Stadion einzulassen als Besucher mit einem Einzelticket. Beim ersten Spiel in der Arena standen die Fans auf einer steilen Treppe am Eingang bis zu einer Dreiviertelstunde an, weil nur fünf der neun Türen am Haupteingang geöffnet waren. "Vor den letzten drei Spielen habe ich mich fast zu Tode drücken lassen müssen", ärgerte sich ein treuer Fan. "Bei kleinen Kindern könnte Schlimmes passieren."

An der Eingangtreppe ist bisher noch kein Unfall bekannt geworden. Auf den steilen und schmalen Stufen auf den Blöcken dagegen hat sich bereits während des ersten Spiels eine Frau verletzt, vermeldet die Rettungsleitstelle. Ein Fan sprach bei der Sprechstunde davon, dass bereits fünf Besucher abgerutscht seien. Herbert Frey zeigt mittlerweile Verständnis für die Sorgen und Nöte der Fans. "Ich verstehe auch die Besucher, die sagen, die Sitzschalen sind zu schmal für mein Hinterteil." Wer aufrecht sitzt, hat die Beine des Hintermanns im Nacken. Fehler bei der Planung. Fehler, auf die weder die Ice Tigers noch die Betreibergesellschaft mehr Einfluss nehmen können.

Dennoch ist der Buhmann der Fans die Betreibergesellschaft. Deren Geschäftsführer, Rudolf Schnabel, musste sich bereits bei der Eröffnungsgala mit Nena und DJ Bobo als Einziger Pfiffe anhören. In die Kritik geraten ist Schnabel vor allem wegen seiner Preispolitik: Wer beim Training des DEL-Vereins zusehen will, sollte ursprünglich Eintritt bezahlen. Genauso wie Eltern, die ihre Kinder zum Eislauftraining begleiten, selber aber gar nicht aufs Eis gehen. Angeblich soll die Gesellschaft eine Vorverkaufsgebühr auf Tigers-Karten noch eine Dreiviertelstunde vor Spielbeginn verlangen, ärgert sich ein Fan. "Das höre ich zum ersten Mal", wundert sich Tigers-Geschäftsführer Marcus Rössler. "Das darf aber natürlich nicht vorkommen."

Am Haupteingang kontrollieren die Sicherheitskräfte gründlicher als im maroden ehemaligen Lindestadion, an dem die Nürnberger bisher ihre Eishockeyspiele ausgetragen haben. Sie achteten aber nicht nur auf Messer, Glasflaschen oder Tränengas, sondern haben - besonders akribisch beim ersten Spiel - den Besuchern Keksdosen, Sitzkissen, Rucksäcke, eine Bäckereitüte oder gar Bonbons abgenommen. "Was das soll, verstehen wir auch nicht", seufzte ein Ordner. Der Hintergrund dürfte sein, dass die Verkaufsstände im Innenraum hoffen, so mehr Geschäft zu machen. Immerhin dieses Ärgernis ließe sich bis zur WM abstellen.

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