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Gebrauchte E-Bikes: Wann lohnt sich der Kauf?

Sieht aus wie neu, ist aber gebraucht: Das E-Bike Cube Ella Cruise Hybrid wurde refurbished und per Paketbote aus Frankreich zugestellt. Foto: Marie-Luise Braun

Drei Tage nach der Bestellung ist es schon da: Mit schief gestelltem Lenker, ohne Pedale und gut gepolstert steckt das frühlingsgrüne Cube Ella Cruise Hybrid in einem riesigen Karton, als der Paketbote es vom LKW hebt. Nach wenigen Handgriffen ist es startklar für eine erste Fahrt. Das notwendige Werkzeug liegt bei, der Akku ist zur Hälfte geladen. Es kann also losgehen.

Refurbished - bisher ist das Verfahren hauptsächlich für Handys oder Laptops bekannt. Das Wort bedeutet etwa „generalüberholt" oder „aufpoliert" und meint in der E-Bike-Praxis: Zweiradmechaniker prüfen gebrauchte Stromer auf ihre Qualität, reinigen und reparieren sie, bringen Ersatzteile an und machen sie fertig für den Verkauf. Im Onlineshop werden Fotos und die Daten der Bikes hochgeladen, damit sie begutachtet werden können. Für Refurbished-Bikes übernimmt beispielsweise Upway ein Jahr Garantie und verlangt einen niedrigeren Preis als für ein neues E-Bike. Beim Cube Ella Cruise Hybrid beträgt der Neupreis etwa 2750 Euro. Refurbished kostet es bei Upway 2149 Euro zzgl. Versandkosten in Höhe von 49 Euro, bei Lasten-E-Bikes sind es etwa 98 Euro.

Selbstbegutachtung hat Grenzen

Beim Kauf vor Ort bei Privatleuten gibt es keine Versandkosten. Allerdings ist es schwierig, den Zustand eines E-Bikes selbst zu bewerten. Während der Gesamtzustand noch mit Blick auf Reifen, Bremsbeläge, Kette oder Antriebsriemen und Rahmen zu beurteilen ist, gestaltet sich das bei Motor und Akku schwierig. Experten vom ADFC empfehlen, während der Probefahrt auf Motorengeräusche zu achten. Diese sollten gleichmäßig und nur in leiser Umgebung deutlich zu hören sein.

Das Baujahr ist zudem wichtig, denn die Technik eines Pedelecs kann nach wenigen Jahren veraltet und Ersatzteile - vor allem bei selteneren Antriebstypen - nicht mehr erhältlich sein. Um den Zustand des Akkus - dessen Kapazität mit der Zeit sinkt - zu bewerten, können im Fachhandel die jeweiligen Fabrikate ausgelesen werden. Die Kosten dafür sind eine gute Investition, können allerdings variieren. Bei einer Stichprobe anlässlich einer ADAC-Untersuchung kostete ein derartiges Batteriezertifikat zwischen 20 und 30 Euroin Onlineshops.

Grundsätzlich sollte man sich im Vorfeld in Ruhe überlegen, wofür man das E-Bike braucht und wie es ausgestattet sein soll, wie Reichweite des Akkus, Power des Motors, Tragfähigkeit des Gepäckträgers. Von Spontankäufen raten Profis ab, ein gesundes Misstrauen empfehlen sie, ebenso wie einen Besichtigungstermin mit Probefahrt. Nachweise über den Service einer Fachwerkstatt, die der Vorbesitzer möglichst jährlich besucht hat, sind ein gutes Zeichen wie auch der Nachweis über den Kauf des Bikes. Ist es gestohlen, kann es plötzlich von der Polizei abgeholt werden. Dann sind Rad und Geld weg.

Beim Kauf in Handel ist der Gesamtzustand einsehbar

„Zwischen 25 und 60 Prozent Discount gibt es bei gebrauchten E-Bikes", sagt Jan Rockmann. Der Zweiradmechaniker in der Upway-Werkstatt Berlin ergänzt: „Bei Autos ist es völlig normal, ein gebrauchtes zu kaufen. Wir wollen das auch für E-Bikes möglich machen." In der Werkstatthalle erläutert er das Prozedere: Die Räder durchlaufen verschiedene Stationen: „Nach Möglichkeit wird repariert. Kaputte Teile werden ausgetauscht." Dafür gebe es in der Werkstatt ein Lager aus Original- oder gleichwertigen Ersatzteilen, betont Rockmann. An einer speziellen Station wird der Motor geöffnet und geprüft. Die Leistungsfähigkeit des Akkus testen die Mechaniker, indem er softwaregesteuert, kontrolliert entladen und dann wieder vollständig aufgeladen wird. Mit den dabei gesammelten Daten bestimmen sie Kapazität und Zustand des Akkus. Dies wird im Datenblatt zum Fahrrad vermerkt, das online einsehbar ist.

Gereinigt werden die Räder mithilfe von Trockeneis. „Der Vorteil ist, dass die Elektronik dadurch besser geschützt ist. Der Schmutz geht außerdem leichter ab", erläutert Rockmann. Am Ende werden die technischen Daten geprüft, die E-Bikes aus festgelegten Perspektiven fotografiert, mögliche Gebrauchsspuren dokumentiert, der Preis kalkuliert und alles zusammen mit den technischen Angaben im Internet hochgeladen. Das Rad steht nun zum Verkauf.

Kundinnen und Kunden geben dafür in einen Filter ihre Vorgaben und Wünsche ein: Körpergröße, Fahrradtyp, Motor, Rahmen, Antrieb, Preis und weitere Parameter. Am Ende bleiben wenige Räder übrig, die auf die Vorgaben passen.

Mit meinem frühlingsgrünen Cube Ella Cruise Hybrid habe ich offenbar einen guten Griff getan: Während der Fahrt schnurrt der Motor gemütlich vor sich hin, Gebrauchsspuren sind nicht zu entdecken. Es klappert nichts. Einzig die Klingel gibt bei Schlaglöchern ein leises Ping von sich.

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