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Family-Office: Geldvermehrung für die Reichsten

Wie in einem James-Bond-Film gleitet die schwarz glänzende Bürotür von René Köhler auf, sobald er in der Nähe ist. Nur er kann mit dem Signal eines Transponders, den er in seiner Hosentasche trägt, in den Raum treten. In seinem Büro oberhalb des Stuttgarter Marktplatzes: Pokale und Urkunden, die ihn als Entrepreneur würdigen. René Köhler hat es geschafft, und daraus macht er kein Geheimnis.

Knapp 15 Jahre leitete Köhler den Online-Handel fahrrad.de; 2017 verkaufte er die meisten Anteile. Für 50 Millionen Euro. Mit dem baute er die Koehler Group auf, ein Family-Office. Family-Offices sind Firmen, die große Privatvermögen verwalten. Die ersten entstanden im 19. Jahrhundert in den USA, so etwa das der Rockefellers. John D. Rockefeller war mit Ölgeschäften zum ersten Milliardär der Weltgeschichte geworden - zu viel Geld, um sich alleine darum zu kümmern. Heute beraten Family-Offices Unternehmer und auch ihre Familien, etwa bei Nachfolgefragen. Das Family-Office der Ottos sitzt in einem Glasgebäude in Hamburg, die Nachkommen des Industriellen Harald Quandt werden von einem Family-Office in Bad Homburg betreut.

"Die großen deutschen Unternehmerfamilien haben Family-Offices - alleine oder im Verbund mit anderen", sagt Andreas Maurer. Für die Boston Consulting Group berät er Familienfirmen, und in einer Studie hat er gezeigt, dass Unternehmerfamilien von geringeren Kosten und mehr Transparenz profitieren, wenn sie auf Family-Offices statt auf Banken setzen. Sogenannte Multi-Family-Offices bieten ihre Dienste mehreren Familien gleichzeitig an. Die Managementberatung Investors Marketing schätzt, dass es in Deutschland rund 400 solcher Geldvermehrungs-Clubs gibt, gemeinsam verwalten sie rund 200 Milliarden Euro. "Viele Unternehmerfamilien haben gemerkt, dass sie an manche Anlageformen ohne einen professionellen Vermögensverwalter nicht herankommen", sagt Andreas Maurer.

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Und in Zeiten von Negativzinsen ist der Druck groß: Wer nicht will, dass sein Geld auf der Bank an Wert verliert, muss sich etwas einfallen lassen. Laut einem Report der Großbank UBS erzielen Family-Offices eine jährliche Rendite von rund 6,3 Prozent - das kann sich sehen lassen. Dabei setzen sie heute aber oft auch auf Private-Equity-Fonds, die ihr Geld als Eigenkapital in Unternehmen investieren - etwa in junge oder sanierungsbedürftige Firmen. Was Chancen, aber auch größere Risiken birgt, wie der Frankfurter Finanzprofessor Andreas Hackethal sagt.

René Köhler ist noch recht neu in der Welt der Superreichen. Nach der zehnten Klasse brach er die Schule ab und machte eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann bei seinem Vater, einem Fahrradhändler. Im Jahr 2003 gründete Köhler fahrrad.de, da war er 20. Das Unternehmen ist heute Weltmarktführer für den Online-Handel mit Fahrrädern, Jahresumsatz: fast 400 Millionen Euro. "Ich habe den E-Commerce nach Stuttgart gebracht", sagt Köhler. Auf einer Kommode hinter seinem Schreibtisch reihen sich zwischen Fotos seiner Ehefrau und seiner Kinder bunte Miniatur-Fahrräder.

Ein gutes Family-Office hilft nicht nur bei der Geldanlage. Es bringt auch die Interessen in Einklang.

Nachdem Köhler sein Unternehmen versilbert hatte, umschwärmten ihn Banker und Vermögensverwalter mit Anlagestrategien. Aber Köhler entschied, sein Geld selbst zu verwalten. Weil er selbst Strategien entwickeln wollte. Nach seinen Worten mit Erfolg: Durch die Koehler Group habe er sein zweistelliges Millionen-Vermögen auf ein dreistelliges vergrößern können. Und das in weniger als fünf Jahren.

Elf Menschen managen Köhlers Anlagen, die er breit gestreut hat, um die Risiken zu minimieren: 37 Prozent seines Vermögens stecken in Unternehmensbeteiligungen, 18 Prozent in börsennotierten Unternehmen und 45 Prozent in Immobilien, etwa in Wohn- und Geschäftshäusern, in Lager-, Logistikflächen und Gewerbeparks. Köhler sagt, er liebe diese Vielfalt.

Und Köhler hat einen zweistelligen Millionenbetrag in einen eigenen Aktienfonds gesteckt, in den auch andere einsteigen können. Enthalten sind 30 internationale Technologieaktien: Apple, PayPal und Facebook etwa. "Tech ist für mich nicht nur eine Anlagestrategie", sagt Köhler, "Tech ist die Zukunft."

Köhler will sein Geld aber nicht einfach vermehren. "Ich möchte innovative Ideen voranbringen", sagt er. Auf seinem Smartphone zeigt er Bilder mit bekannten Köpfen der Gründerszene, aufgenommen bei einem Dinner in Saint-Tropez. Ja, sich an jungen Firmen zu beteiligen kann im Totalverlust enden. Aber Köhler hat Spaß am Risiko: "Die Suche nach dem nächsten großen Deal ist wie in diesen alten Nintendo-Spielen, in denen der Boden hinter einem wegbricht und man immer weiterläuft, auf der Suche nach dem nächsten Treffer."

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