Reportage | Juni 2011 | Ausgabe 93 - Energie
Grün scheint die Farbe des Jahres zu sein. Viele versuchen etwas für ihre Umwelt zu tun. Aber was kann ich eigentlich tun, um meinen CO2-Ausstoß zu senken? Und was spielt Energieeffizienz dabei für eine Rolle? Schekker-Autor Marcus hat bei der Bundesstelle für Energieeffizienz nachgefragt.
Als ich heute Morgen aus meinem Bett steige, schalte ich meine Energiesparlampe an. Es lässt sich darüber streiten, ob das schon energieeffizient ist, aber es ist zumindest ein Anfang. Den gewünschten Nutzen - nämlich Helligkeit - erreiche ich mit möglichst wenig Aufwand und mein Fußabdruck sieht in meinen Augen schon viel grüner aus. Um aber endlich mal etwas mehr über effizientes Nutzen von Energie zu erfahren, führt mich mein Weg heute nach Eschborn, zur Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE).
Eine Zugfahrt, die ist lustig
Die Fahrt beginnt ganz und gar nicht wie geplant. Der Zug quillt nämlich vor Fahrgästen über. Daher verbringe ich wie viele andere die Reise auf dem Boden im Gang - gleich neben der Toilette. Meine Vorfreude ist etwas getrübt. Meditierend stelle ich mir selbst die Frage, ob das Leiden auf dem Fußboden energieeffizient ist. Ich glaube nicht! Aber möglichst viele Menschen mit demselben Vehikel zu befördern vielleicht. Ist mir in diesem Moment aber egal.
Ich brauche frische Luft!
Die unbequeme dreistündige Fahrt endet in Eschborn, einem Vorort von Frankfurt. Hier hat die BfEE ihren Sitz. Mein Energielevel ist durch die Reise schon stark angegriffen, aber das Ziel vor Augen gibt mir wieder die nötige Kraft. Das Gebäude verfehle ich trotzdem erst mal. Ich sehe bloß große graue Kästen, dort einen Telefonanbieter, da eine Bank. Die Bundesstelle liegt gut verborgen in einem riesigen Haus, das wie ein Hotel wirkt.
Drinnen empfängt mich ein älterer, sehr gut gelaunter Portier. Ich soll am Empfang warten. Nicht lange und schon werde ich abgeholt. Dann geht's mit dem Fahrstuhl nach oben. Ich bewundere die tolle Aussicht: lauter Hochhäuser und Wolkenkratzer. Endlich am Ziel angekommen erwartet mich Natascha Wessel, Referentin des BfEE: eine gutaussehende junge Frau mit schwarzen Haaren, dezent geschminkt und in einen Hosenanzug gekleidet.
Sie scheint locker drauf zu sein und erzählt mir, dass die BfEE ein Referat vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ist. Die Bundesstelle setzt die durch die EU-Energiedienstleitungsrichtlinie vorgegebenen Aufgaben um und ist dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) in einem Aufsichtsverhältnis unterstellt. Aber die BfEE ist weitgehend unabhängig in ihren Entscheidungen.
Ich verstehe nur Bahnhof - und an den will ich nach meiner Odyssee heute morgen wirklich nicht denken. Natascha Wessel grinst. Im Klartext heißt das nichts anderes, als dass die BfEE mit ihren zehn Mitarbeitern und zwei Auszubildenden die Richtlinien zur Energieeffizienz der Europäischen Union aus zu befolgen hat und vom BMWi überwacht wird. Die BfEE ist dabei wiederum eine untergeordnete Abteilung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Das wirkt auf den ersten Blick etwas durcheinander, weil hier gleich zwei Ministerien ihre Finger im Spiel haben. Aha.
Eine Glühbirne kann effizienter genutzt werden!
Und wofür gibt es die BfEE? Das große Ziel der BfEE ist die Steigerung der Energieeffizienz, die Einsparung von Endenergie und damit die Senkung des CO2-Ausstoßes, erzählt Wessel und lehnt sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück. „Da kann tatsächlich jeder seinen Beitrag leisten und mithelfen energiebewusster zu leben." Die Theorie klingt schon mal gut. Aber was Energieeffizienz nun konkret ist, weiß ich immer noch nicht.
Ein Beispiel für Energieeffizienz: Die Energiesparlampe. Foto: Viktor Mildenberger / pixelio.de
„Man hört oft die Daumenregel, dass für die Nutzung einer Kilowattstunde Strom durchschnittlich drei Kilowattstunden Strom erzeugt werden müssen, weil bei der Anwendung ineffizienter Technologien oder bei ineffizienter Nutzung von Energie bis zu zwei Drittel der Energie verloren gehen können.", erklärt mir Wessel. „Veranschaulichen lässt sich das anhand des klassischen Beispiels der Energiesparlampe." Ihre Augen blitzen begeistert. Das Thema ihres Jobs liegt ihr offenbar sehr am Herzen. „Wenn ich eine herkömmliche Glühbirne nehme, ist diese nicht energieeffizient, weil ein Großteil der Energie durch Wärme wieder abgegeben wird. Tauscht man sie aber gegen eine Energiesparlampe aus, kommt man der Sache schon etwas näher: Die nutzt nämlich den Großteil der Primärenergie zur Erzeugung von Licht und gibt dabei weniger Energie in Form von Wärme wieder ab - Energie, die damit verloren geht. Dadurch wird das eigentliche Ziel der Lichterzeugung effizienter."
Ich scheine schon wieder nach Bahnhof auszusehen, denn Natascha Wessel gibt mir den Tipp, mir für den konkreten Gebrauch zu Hause die sogenannte „Anbieterliste" anzuschauen. Mit dieser Liste kann ich einen unabhängigen Berater kontaktieren, der mir sagt, wo das Haus noch energieeffizienter werden kann. Das Gutachten des Beraters wird von der BfEE gefördert.
Arbeitsroutine? Gibts nicht!
Und was macht sie so in der Bundesstelle? „Einen typischen Arbeitsalltag gibt es so nicht", sagt Natascha Wessel, während sie mir ein paar der Büros zeigt. „Wir setzen zunächst einmal Rechtsvorschriften aus Brüssel um. Die EU-Vorgaben finden sich im vom erlassenen Energiedienstleistungsgesetz wieder. Energieunternehmen bekommen damit Pflichten vorgeben - wie zum Beispiel Endkundeninformation über Wirksamkeit von Energieeffizienzmaßnahmen. Außerdem sieht das Gesetz vor, dass die Behörden eine besondere Vorbildfunktion haben." Frau Wessel und ihre Kollegen geben Unternehmen und Behörden Impulse und begleiten die Umsetzung. „In unserer Arbeit geht es außerdem stark darum, dass wir uns mit den anderen Mitgliedsstaaten aus der EU koordinieren."
Das riecht verdächtig nach Schreibtischarbeit. Wessel kann das nur bestätigen. Zahlen prüfen, Statistiken und Berichte schreiben gehören zum Tagesgeschäft. Am Ende entsteht aus den Statistiken der jährliche Abschlussbericht mit den erreichten Zielen. Für Abwechslung sorgen hin und wieder Konferenzen und Messebesuche. Auf dem Gang direkt bei den Fahrstühlen gibt es für Selbstversorger eine kleine Küche. Gute Arbeit leisten nur satte Mitarbeiter - das Gehirn verbraucht schließlich eine Menge Energie. Mit dem Rundgang endet meine Reise zur Bundesstelle für Energieeffizienz.
Natascha Wessel reicht mir die Hand. Am Ausgang sitzt immer noch der Portier vom Vormittag - noch genauso motiviert wie bei meiner Ankunft. Mein Zug fährt erst zwei Stunden später als geplant. Also nutze ich die Zeit und schaue mir Frankfurt noch an. Auch Zeit will effizient genutzt werden! Nichts zu tun, wäre Verschwendung.
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