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Computerkurse: Angst vor dem digitalen Versagen

Kirsten Marin-Munoz jubelt, als sie auf „Senden" drückt. Per Mail hat sie sich soeben um eine Stelle als Kosmetikerin beworben. Nachdem sie viele Jahre in der Personalabteilung einer Reinigungsfirma gearbeitet hat, möchte sie sich beruflich neu orientieren. Die passende Qualifikation, andere Menschen schöner zu machen, kann sie vorweisen. Doch fühlte sie sich nicht in der Lage, die Online-Bewerbung für die neue Stelle ansprechend zu gestalten. Deswegen nimmt sie die Hilfe von Martina Peukert in Anspruch. Die IT-Trainerin zeigt ihr, wie sie mit Word umgehen und korrekt formulierte E-Mails samt Anhang verschicken kann. Schließlich ist es schon eine Weile her, dass sich Marin-Munoz auf Jobsuche begeben musste.

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65 Euro kostet das private Einzeltraining, es dauert 90 Minuten je Einheit. Marin-Munoz macht den Kurs regelmäßig und findet, dass Geld und Zeit gut investiert sind. Sie freut sich, dass Peukert ihr während des Kurses ein Erfolgserlebnis beschert und sie die Bewerbung sofort abschicken kann. „So macht Lernen doch viel mehr Spaß, weil ich sehe, was ich geschafft habe", sagt die 47 Jahre alte Frankfurterin. „Ich lasse mir gerne helfen."

Die Gefahr, abgehängt zu werden

Für viele andere hingegen, die in ihrer Freizeit einen Computerkurs machen, besteht kein Grund, zu jubeln. Oft fühlen sie sich in der digitalen Welt und in ihrem Job abgehängt. Angesichts der vielen technischen Entwicklungen kommen sie nicht mehr hinterher. Den meisten fällt es schwer, über ihre Schwierigkeiten zu reden. Sie denken, dass Wissenslücken im Umgang mit Computer, Smartphone und Tablet sie zum Außenseiter machen könnten.

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Wer trotzdem nachfragt, bekommt entweder keine Antwort oder Sätze wie „Dazu möchte ich nichts sagen" zu hören. Auch viele PC-Trainer müssen passen, wenn ein Journalist sie darum bittet, eine Unterrichtsstunde begleiten zu dürfen: Die Kunden wollen nicht, dass ihre vermeintlichen Schwächen öffentlich werden. Peukert, die seit 15 Jahren Computerkurse anbietet, sagt: „Viele schämen sich, wenn sie mit dem PC nicht zurechtkommen." Das zeige sich auch daran, dass sie kaum noch Kurse mit mehreren Teilnehmern geben könne. „Die meisten wollen lieber alleine unterrichtet werden." Dann sei die Hemmschwelle geringer, und die PC-Laien hätten nicht so schnell das Gefühl, sich zu blamieren.

Auf politischer Ebene ist das Thema erkannt. Ende vergangenen Jahres sagte der ehemalige Chef der Arbeitsagentur Frank-Jürgen Weise sinngemäß, Arbeitnehmer sollten sich gut überlegen, ob sie in ihrer Freizeit lieber Computerkurse besuchen oder sich mit PC-Spielen die Zeit vertreiben wollten. Und er warnte vor der Gefahr, in einer digitaler werdenden Arbeitswelt abgehängt zu werden.

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