Schießbude, Entenangeln, Armbrust-Schießen - auf dem Hof von Jürgen Köster könnte glatt ein kleiner Jahrmarkt stattfinden. Aber die Geschäfte stehen hier unfreiwillig still: Der Schausteller kann seit Weihnachten 2019 nicht mehr arbeiten. Denn Volksfeste mit mehreren tausend Besuchern waren in Corona-Zeiten lange nicht durchführbar. Seit über fünfzig Jahren verdienen die Kösters aber damit ihren Lebensunterhalt und nun seit März: Zwangspause. Für den 72-jährigen eine schwere Zeit. Ihm fehlt die Arbeit und die Situation bringt ihn auch finanziell unter Druck.
Auch Heiner Heitkamp Junior aus Heide kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Der 22-jährige ist Nachfolger in der sechsten Generation einer Schaustellerfamilie. Seine Eltern, seine Schwester, seine Cousins, sie alle leben von und für Volksfeste. Heiner Heitkamp Junior hatte sich für das Jahr 2020 viel vorgenommen: Endlich mit dem eigenen Fahrgeschäft, der "Poolparty", durchstarten. Dafür habe er mit Unterstützung seiner Eltern einen Kredit in sechsstellige Höhe aufgenommen. Bislang stand das Fahrzeug monatelang abgebaut Zuhause, verdient hat der junge Schausteller damit noch keinen Cent, sagt er. "Hätte ich vorher gewusst, dass das so kommt, hätte ich wahrscheinlich etwas anderes gemacht", erklärt der junge Mann.
Immerhin gibt es für die Schausteller in Schleswig-Holstein einen Lichtblick: Seit Mitte Juli sind Veranstaltungen bis 500 Personen außerhalb geschlossener Räume wieder erlaubt. Die Stadt Schleswig machte mit dem Peermarkt am ersten Septemberwochenende den Anfang. Zwar unter Auflagen, wie maximal 500 Besucher und ohne Alkoholausschank. Das finanzielle Loch werden diese Veranstaltungen wohl nicht stopfen, aber für die Schausteller gehe es vor allem darum, sich endlich mal wieder zu zeigen, meint Frank Dörksen. Er ist Vorsitzender des Landesverbandes der Schausteller und Marktleute in Schleswig-Holstein und hat seit Sommer gemeinsam mit der Stadt Flensburg an einem Konzept gefeilt. Der Schausteller zeigt sich kämpferisch: "Wenn das jetzt ein normales Unternehmen wäre, würden wir sagen, wir machen die Tür zu und hören auf. Das geht bei uns nicht. Wir wollen das auch nicht. Wir kämpfen da und ich denke mal, wir werden es auch schaffen!"
Mittlerweile hat die Stadt die Auflagen gelockert und lässt statt 500 nun 1.500 Besucher gleichzeitig auf den Platz. Auch das Land Schleswig-Holstein erlaubt seit dem 19.9. wieder 1.500 Menschen im Freien in temporären Freizeitparks. Weitere Jahrmärkte in Kiel oder Preetz stehen in Aussicht. Und auch für die Weihnachtsmärkte sieht es bislang gut aus. Viele der Schausteller verdienen hier rund 30 Prozent ihres Jahresumsatzes. Sie hoffen nun, dass Corona nicht auch dieses Geschäft kaputt macht.
ein Film von Brid Roesner und Lucie Kluth
Text: Lucie Kluth