Für viele westafrikanische Muslime ist die Stadt Touba ein heiliger Ort. Jedes Jahr pilgern Millionen Gläubige in den Senegal, um Cheikh Amadou Bamba zu gedenken.
Moschee Mittelpunkt der Stadt
Wer die senegalesische Stadt Touba auf einer der Zufahrtstraßen ansteuert, sieht bald die Große Moschee vor sich aufragen. Sie ist eine der größten des Kontinents und steht nicht nur spirituell, sondern buchstäblich im Zentrum des Stadtlebens: strahlenförmig sind die Hauptverkehrsadern um die Moschee herum angeordnet. Das Minarett der Großen Moschee ist mit seinen 87 Metern sowieso unübersehbar.
Für Touristen aus Richtung Dakar sind die Tankstellen in der Stadt Mbacke, unmittelbar vor den Toren Toubas, die letzte Station, um sich für die heilige Stadt fertig zu machen. Das heißt: für Frauen knöchellange Röcke, besser lange Ärmel und ein ausreichend großes Kopftuch. Männer sollten lange Hosen tragen. Zigaretten und Alkohol sind ebenfalls verboten. In Touba werden de facto die Regeln der muslimischen Bruderschaft der Mouriden vorrangig angewandt. Sie gehören zum Sufismus, einer mystisch-spirituellen Strömung im Islam.
Kein Moschee-Zutritt für Nicht-Muslime
Hotels gibt es in Touba nicht. Viele Reisende übernachten in Mbacke, das nur durch ein Stadttor von der heiligen Stadt abgegrenzt wird. Die meiste Zeit des Jahres ist es in der Region heiß und die Luft von Sand und Abgasen staubig. Die Sonne erhitzt den weiß-grauen Marmorboden rund um die Große Moschee in Touba. Was Besucher ohne Socken schmerzhaft zu spüren bekommen, denn alle müssen ihre Schuhe ausziehen. Ein örtlicher Führer erklärt beim Rundgang die Architektur der Moschee, die 1963 fertiggestellt wurde. Nicht-Muslime dürfen das Gotteshaus nicht betreten. Darin befindet sich das Mausoleum Cheikh Amadou Bambas. Er gründete 1883 die islamische Bruderschaft der Mouriden und 1887 die Stadt Touba. Bamba, der als Gründer von Touba auch unter dem Namen Serigne Touba bekannt ist, wurde vom französischen Kolonialregime zwei Mal ins Exil gezwungen.
Millionen Pilger jedes Jahr
Jedes Jahr pilgern bis zu fünf Millionen Muslime nach Senegal, um an das Exil von Bamba 1895 im zentralafrikanischen Gabun zu erinnern. Das Datum richtet sich nach dem muslimischen Kalender und fällt deswegen jedes Jahr auf einen anderen Monat. Die Großveranstaltung wird professionell organisiert.
Auf Wolof, der wichtigsten Verkehrssprache im Senegal, wird die Pilgerreise Magal genannt. Es bedeutet in etwa: jemandem eine Ehre erweisen. Der Magal gilt als eine der wichtigsten muslimischen Pilgerfahrten, weswegen Touba zuweilen mit der heiligen Stadt Mekka verglichen wird.
China wirtschaftlich mit im Spiel
Wegen des Magal bricht jährlich Chaos auf den Zufahrtsstraßen aus, es gibt Staus und Verkehrsunfälle mit völlig überfüllten Bussen. In Zukunft soll eine neue Autobahn zwischen Dakar und Touba, der zweitgrößten Stadt des Senegal, Abhilfe schaffen. Die offizielle Eröffnung der sogenannten "Ila Touba" ist für Ende Dezember geplant. Im Oktober 2018 wurde die Straße anlässlich des Magal schon mal probeweise eröffnet.
Maßgeblich finanziert wurde der 113 Kilometer lange Autobahnabschnitt von China, das nach Frankreich der wichtigste wirtschaftliche Partner des Landes geworden ist. Chinas Premierminister Xi Jinping besuchte den Senegal im Juli. Investiert wird vor allem in Infrastruktur und Wohnungsbau, aber auch in kulturelle Einrichtungen wie ein neues Museum in Dakar.
Nicht nur Religion, sonder auch Politik
Im Senegal der Sufi-Meister Bamba omnipräsent: Eine ikonisch gewordene Fotografie - angeblich die einzige - hängt in fast jedem Haushalt an der Wand, sie ziert Windschutzscheiben ebenso wie Lobrufe auf die Mouriden auf den bunten Minibussen in Dakar stehen. Denn: Die Mouriden sind über Touba hinaus eine praktisch veranlagte religiöse Organisation, die weite Teile des öffentlichen Transports organisiert, Kleinkredite an ihre Mitglieder vergibt und in der Erdnussregion in Zentralsenegal noch immer eine dominante Rolle spielt. Manche Forscher fordern deshalb, deutlicher von einem politischen Akteur zu sprechen.
Auch die Politik will nicht ohne die mächtigen Glaubensbrüder auskommen, deren Kalif - seit Anfang des Jahres der 88-jährige Serigne Mountakha Bassirou - großen Einfluss auf seine Anhänger ausübt. Legendär ist die offene Wahlempfehlung eines Kalifen 1988, die zur Wiederwahl des damaligen Präsidenten Abdou Diouf beitrug. Im Senegal sind im Frühjahr 2019 Präsidentschaftswahlen angesetzt. Für die Kandidaten war die Pilgerreise in diesem Jahr deshalb deutlich mehr als nur religiöse Pflicht.