Gleich mehrfach ist es in den vergangenen Wochen im Stadtverkehr zu Unfällen gekommen, bei denen Radfahrer Kopfverletzungen davongetragen haben. Ein Fahrradhelm kann verhindern, dass ein Unfall besonders schlimme Folgen hat: Wer einen Helm trägt und verunglückt, der wird in 80 Prozent der Fälle besser davonkommen, sagt die Polizei.
Die Kopfverletzungen würden zu 80 Prozent durch den Helm gemindert, erklärt die Präventionsstelle der Polizei und empfiehlt deshalb das Tragen. Allerdings gehen die Meinungen über den Fahrradhelm auseinander: Organisationen wie der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) sind gegen eine Helmpflicht und machen sich dafür stark, Unfallursachen besser zu bekämpfen.
Laut Straßenverkehrsordnung müssen Radfahrer keinen Helm tragen. Aber trotzdem empfehlen Experten einen Kopfschutz. So auch der Chefarzt der Unfallchirurgie des Klinikums Bremen-Mitte, Michael Paul Hahn. Denn 73 Prozent der Radfahrunfälle mit Helm, sagt er, gehen ohne Kopfverletzung aus.
"Tragequote von Helmen liegt unter 20 Prozent"Auch wenn sich die meisten Radfahrer den Arm, das Bein oder die Hüfte verletzten, ziehe gerade ein ungünstiger Sturz vom Sitz oder über den Lenker schwere Kopfverletzungen nach sich. Trotzdem setzen nur wenige Radfahrer einen Helm auf: „Wir sehen, dass die Tragequote von Helmen unter 20 Prozent liegt", sagt Hahn.
Ein- bis dreimal am Tag wird in der Notaufnahme ein Radfahrer behandelt, schätzt Hahn, besonders in den Sommermonaten steige die Zahl. In 50 Prozent der Fälle seien die Unfälle von den Radfahrern selbst verschuldet, sagt Hahn. Die zweithäufigste Ursache seien Unfälle von Autos mit Radfahrern. Und nur in etwa zehn Prozent der Fälle, sagt Hahn, seien zwei Radfahrer oder Radfahrer und Fußgänger die Verursacher.
Eine besondere Kopfverletzungsgefahr sieht Hahn bei älteren Verkehrsteilnehmern, die mit einem Pedelec oder einem E-Bike unterwegs sind. Viele von ihnen sind trotz der erhöhten Geschwindigkeit ihrer elektrischen Räder ohne Helm unterwegs. Deswegen sagt der Unfallchirurg, spreche er sich persönlich für eine Helmpflicht bei E-Bikes aus. Die meisten Nutzer wüssten nicht, wie sie mit der erhöhten Geschwindigkeit umzugehen hätten.
Polizei rät zum HelmDie Polizei Bremen empfiehlt Rad- und E-Bikefahrern das Helmtragen. Aber letztlich müsse jeder Radfahrer selbst entscheiden, ob er einen Helm aufsetze oder nicht, sagt Claudia Hallensleben von der Präventionsstelle. Das Tragen eines Fahrradhelms sei aber vor allem deshalb wichtig, um sich vor Unfällen zu schützen, die auf Fremdverschulden zurückzuführen sind.
Der ADFC positioniert sich klar gegen eine Helmpflicht für Radfahrer, wie sein Vertreter Albrecht Genzel sagt. Es gelte, die Unfallgefahr an sich zu vermeiden, damit das Tragen eines Helms nicht mehr nötig sei. Die Infrastruktur in Bremen müsse ausgebaut werden, um Unfallgefahren im Straßenverkehr zu minimieren und so auch die einzelnen Verkehrsteilnehmer zu schützen. In Bremen gebe es einige Orte, an denen Fahrradfahrer besonders gefährdet sind. Ein Beispiel sei die Wilhelm-Kaisen-Brücke, sagt Genzel.
Auf beiden Seiten der Autofahrbahn befinden sich Spuren, die in beiden Richtungen geführt werden. Das ist am Beginn der Brücke gekennzeichnet, danach nicht mehr. Genzel sagt, auf dieser Spur müsse es eigentlich einen Mittelstreifen geben, damit keine Radfahrer mehr in den Gegenverkehr geraten oder um gefährliche Überholmanöver zu vermeiden. Denn auch wenn langfristig eine Fahrradbrücke geplant sei, brauche es eine akute Lösung für diesen Knotenpunkt, findet der Radexperte.
Radfahrer sind vielerorts gefährdetEine Mittelmarkierung des vorhandenen Fahrstreifens würde aber zu weniger als einem Meter Fahrbahnbreite für die Radfahrer führen, weshalb auf der Brücke größere Umbaumaßnahme nötig seien, sagt Genzel. So könnte zum Beispiel die Autofahrbahn verkleinert werden, dafür seien aber Tiefbaumaßnahmen erforderlich. Und das kostet.
Auch andere Verkehrsknotenpunkte in Bremen sind laut ADFC gefährlich für Radfahrer: So seien am Brill Radfahrer, die über die Bürgermeister-Smidt-Brücke stadteinwärts fahren, immer durch die Rechtsabbiegerspur für Autos gefährdet. Hier könnte ein separater Streifen auf der Autofahrbahn Abhilfe schaffen, sagt Genzel. So etwas gebe es schon im Herdentor. Auf diese Weise könnten Radfahrer geradeaus fahren, ohne die Rechtsabbiegerspur zu kreuzen. Aber auch eine solche Umbaumaßnahme koste mehrere zehntausend Euro.
Ein weiteres Problem im Bremer Straßenverkehr sei die Sichtbeziehung zwischen Radwegen und der Fahrbahn. Oft verhinderten Parkplätze einen uneingeschränkten Sichtkontakt, weshalb auch hier die Gefahr für Unfälle erhöht sei. Außerdem, so Genzel, müsse es eigentlich einen ausreichenden Schutzstreifen zwischen Parkplätzen und Radwegen geben, um Unfälle durch unvorsichtig geöffnete Autotüren zu verhindern.
Sicherheit der Radfahrer steht im MittelpunktAuch das sei nicht immer gegeben. Ein Negativbeispiel dafür sei die Bismarckstraße, wo der Radweg wegen der Parkplätze schlichtweg zu schmal sei: „Wer hier Rad fährt, ist immer gefährdet", sagt Genzel. Genau solche Gefahren in der ganzen Stadt zu vermindern, sei wichtig.
Für die Polizei steht die Sicherheit der Radfahrer selbst im Mittelpunkt, sagt Claudia Hallensleben, weshalb sie sich dafür starkmache, dass Fahrradfahrer einen Helm aufsetzen. Allerdings sei auch die Auswahl des richtigen Modells wichtig, weshalb Hallensleben empfiehlt, beim Kauf auf zwei Faktoren zu achten: die Passgenauigkeit am Kopf und ein geschlossener und gut sitzender Kinnriemen. Nur so kann beim Aufprall das Verrutschen des Helms verhindert werden. Im Zweifel können sich Käufer auf das europäische Prüfsiegel verlassen: Helme, die mit DIN-EN-1078 ausgezeichnet sind, bieten guten Schutz.
Auch wenn die Nutzung des Helms für Diskussionen sorgt, stellt die Polizei in allen Bereichen der Unfallstatistik positive Entwicklungen fest: Die Zahl der Unfallbeteiligten sei genauso gesunken wie die der Getöteten und Verletzten.