Es ist heiß in der riesigen Produktionshalle, in der Luft hängt ein süßlicher Geruch, der einem sofort zu Kopf steigt. Fast ein bisschen benebelt wird man, wenn man imniedersächsischen Eystrup, im Kreis Nienburg, die Werkshallen des Familienunternehmens Göbber betritt.
Hier werden seit mehr als 125 Jahren Konfitüre, Fruchtaufstriche und Honig verarbeitet. In riesigen Töpfen brodeln Früchte vor sich hin, immer wieder hebt ein Mitarbeiter den Deckel und schaut prüfend hinein. Eine Etage tiefer rattert ein Fließband - „Glück" steht in großen, verschnörkelten Lettern auf den Gläsern, die in einer langen Reihe vorbeiziehen. Mit dieser neuen Marmeladensorte möchte Göbber in die Wachstumsoffensive gehen. Dabei bleibt das Unternehmen aber seinen Wurzeln treu.
Seit 1888 in familiären Händen80 000 Tonnen Fertigprodukt verließen im vergangenen Jahr das Göbber-Werk in Eystrup. Dazu gehörten Honig, Fruchtsirupe, Fruchtfüllungen und Konfitüre. Die Firma Göbber befindet sich noch heute genau in den familiären Händen, in denen sie auch schon im Jahr der Gründung 1888 war: Der Ur-Enkel des Firmengründers Friedrich Göbber, Michael Mayntz, ist der Inhaber.
Heute gehören zu Göbber neben dem Gründungsunternehmen Göbber GmbH gleich mehrere Schwestergesellschaften, die unter der Mayntz-Holding zusammengefasst sind: Die Deutsche Honig Import GmbH verarbeitet Rohhonig für den Einzel- und Großhandel. Mit der Eystruper Land GmbH produziert Göbber hauptsächlich für Discounter. Der jüngste Teil des Unternehmens ist die Privatmarmeladerie Friedrich Göbber, deren zentrales Produkt die Marke „Glück" ist. Sie soll als Marmelade imPremiumsegment verkauft werden.
Sämtliche Teile der Unternehmensgruppe sind unter einem Dach in Eystrup vereint. Göbber liegt inmitten einer strukturschwachen Region und ist nach eigenen Angaben der größte Arbeitgeber dort. 350 Beschäftigte sind für die Firma tätig. „Wir haben hier eine Verantwortung", sagt Geschäftsführer Michael Berghorn. Die Mitarbeiter, sagt er, seien durchschnittlich 13 Jahre für das Unternehmen tätig, die meisten in der zweiten und dritten Generation.
Aktuell hat der Betrieb 20 Auszubildende. Zur Produktion gehören vier gleichberechtigte Standbeine: Die Herstellung für den Lebensmitteleinzelhandel sowie Großverbraucher, Fruchtfüllungen für große Backbetriebe wie Sprüngli oder Coppenrath und Wiese und zuletzt Produkte für die lebensmittelverarbeitende Industrie.
Insgesamt gibt es zehn unterschiedliche Produktionslinien mit 750 Produkten, 360 Tonnen Früchte und Honig gehen hier täglich in 500 000 Gläsern vom Fließband. Das heißt: Die Chancen sind hoch, dass der Verbraucher schon einmal im Supermarkt oder bei einem Frühstücksbuffet ein Göbber-Produkt in der Hand hatte.
"Eigentlich ist die meiste Marmelade gar keine"All das stammt aus den Werkshallen, in denen der süßliche Geruch schon erahnen lässt, was hier produziert wird. Von Marmeladenherstellung zu sprechen, ist aber zu kurz gegriffen. „Denn eigentlich ist die meiste Marmelade keine Marmelade", sagt Berghorn.
Denn Marmeladen bestehen genau genommen nur aus Zitrusfrüchten. Produkte aus anderen Früchten sind Konfitüren, die einen bestimmten Frucht- und Zuckeranteil haben, was in der Konfitürenverordnung festgelegt ist. Außerdem gibt es noch Gelees, die aus Früchten und dem gelierten Fruchtsaft bestehen. Ist der Fruchtanteil im Glas besonders hoch und der Zuckeranteil niedrig, ist üblicherweise von Fruchtaufstrich die Rede.
Dass diese Regeln in Eystrup eingehalten werden, dafür sind unter anderem Thomas Feller, Teamleiter Abfüllung, und Elke Harms, Leiterin der Qualitätssicherung, zuständig. Die Produktion findet unter ihrer Aufsicht auf drei Etagen statt: ImObergeschoss des Werkes werden die tiefgefrorenen Rohfrüchte angeliefert und vorgekocht.
Dann fließen sie über Rohre in ein tieferes Geschoss, wo die Früchte in anderen Töpfen unter Vakuum erhitzt - das soll den Geschmack erhalten - und Zitronensäure sowie Zucker hinzugefügt werden. Von dort geht es in die letzte Etage, wo alles abgefüllt und verpackt wird.
Strenge HygienestandardsFeller erklärt, dass Göbber sich in seiner Produktion die Schwerkraft zunutze mache, um den Geschmack zu verbessern. Denn würde man die Masse zwischen den unterschiedlichen Produktionsstufen hin und her pumpen, würde das die Früchte weiter zerkleinern. Damit ginge das Aroma verloren. Früher, sagt Feller, sei das ganze Werk mehr Mensch als Maschine gewesen, als die Mitarbeiter noch an großen Kochtöpfen standen und die Masse rührten und abschmeckten.
Heute müssen strenge Hygienestandards eingehalten werden, weshalb jeden Morgen Proben in die Produktentwicklung gebracht und dort von Harms und ihrem Team getestet werden.
Je nachdem, welche Fruchtsorte sich in den Töpfen befindet, vergehen vom ersten Kochen bis zum Verschließen des Glases zwei bis drei Stunden, sagt Harms. Zuletzt werden die Gläser in die Lagerhalle mit 10 000 Palettenstellplätzen gebracht, auf die jeweils 1500 Marmeladengläser passen. Überfüllt sei das Lager allerdings nie, sagt Harms: Die meisten Paletten stünden höchstens vier Tage in der Lagerhalle, bevor sie ausgeliefert werden.
Göbber erreichte im Geschäftsjahr 2016 einen Umsatz von 200 Millionen Euro. Mit der neuen Marke „Glück" soll der Aufwärtstrend weitergeführt werden, laut Geschäftsführer Berghorn wolle man in Führungs- und Fachkräfte investieren und die Produktionsanlagen erneuern. Zwölf Millionen Euro sollen dafür in den nächsten drei Jahren in den Standort fließen.
Dabei steht Göbber, besonders wegen seiner Lage in Eystrup, vor großen Herausforderungen: Die nächste Autobahn liegt einige Kilometer weit entfernt, was kurzfristige An- und Auslieferungen erschwert. Zumal die Rohprodukte aus Südeuropa, Südosteuropa, Skandinavien oder Asien und Südafrika angeliefert werden. Außerdem steigen die Fruchtpreise weltweit, weil Anbauflächen in direkter Konkurrenz zu landwirtschaftlichen Produkten wie Mais stehen, die zur Energiegewinnung genutzt werden.
Davon lässt man sich bei Göbber allerdings nicht beirren. „Wir bekennen uns als Familienunternehmen mit Wurzeln in der Region klar zum Standort Eystrup", sagt Berghorn. Und mit etwas Glück wird sich der Aufwärtstrend in Eystrup fortsetzen.