Ein 13-jähriger Bub, vergiftet, drei Packungen Paracetamol, rezeptfrei aus der Apotheke. Es ist der vierte Krankenwagen heute, und es ist gerade erst elf Uhr morgens. Sarah Meier* hatte noch keine Pause, gerade hat sie sich mit den Eltern einer Zwölfjährigen, die sich selbst verletzt hat, beraten. Jetzt muss sie entscheiden, wie mit dem Bub zu verfahren ist: Dabehalten oder nicht? Meier muss abschätzen, ob er morgen wieder versuchen wird, sich umzubringen, oder nicht.
Die Kinder- und Jugendpsychiatrie auf dem Rosenhügel in Wien-Hietzing an einem Tag im Mai. Sarah Meier arbeitet erst seit wenigen Monaten hier und macht ihre Ausbildung zur Psychiaterin. Sie spricht mit dem 13-Jährigen, nur ein Facharzt darf eine Einweisung beschließen. Doch bis er Zeit findet, ist Meier auf sich gestellt.
„Es ist eigentlich ein absolutes No-Go, dass Assistenzärzte alleine solche heiklen Dinge entscheiden. Eine Unterbringung muss vom Gericht bestätigt werden. Es geht später auch darum, ob das Kind den Eltern abgenommen und fremduntergebracht werden muss", sagt die junge Ärztin. Ihren echten Namen will sie nicht in der Zeitung lesen, es wäre ein Entlassungsgrund.