Der Zwölftklässler Leonard Kühlewind ist froh, dass er in ein paar Monaten mit der Schule fertig sein wird und nicht noch ein Jahr länger die Schulbank drücken muss. Der 17-Jährige ist Mitglied im Sächsischen Landesschülerrat. Hier spricht man sich ganz klar für ein Abitur nach zwölf Jahren aus. G8 habe sich bisher bewährt, das zeigten Bildungsstudien, wie Pisa. "Sachsen führt da ganz oft die Rankings an." Die Lehrpläne in Sachsen seien nun auf G8 ausgerichtet, der Landesschülerrat sehe derzeit keinen Grund, daran etwas zu ändern.
Einen Vorteil des Abiturs nach zwölf Jahren sieht Kühlewind in der Möglichkeit, früher in die Karriere starten zu können. Wer unbedingt eine G9-Laufbahn in Sachsen machen wolle, der könne beispielsweise über das berufliche Gymnasium gehen. Diese Möglichkeit begrüßt der sächsische Landeselternrat. Dessen Vorsitzender Michael Becker sieht in beiden Systemen Vor- und Nachteile. G8 sei vor allem für leistungsstarke Schüler eine gute Sache. Den Vorteil von 13 Jahren Schule sieht Becker darin, dass die Schüler mehr Zeit hätten. Dadurch hätten sie die Möglichkeit, sich mit verschiedenen Berufen und Studiengängen mehr auseinanderzusetzen. "Sie haben einfach mehr Freiraum an der Stelle."
Becker glaubt, dass das G8-Modell zu mehr Stress bei den Schülern führt. Außerdem bleibe weniger Freizeit. Letzteres stimmt, räumt der Bildungsforscher Olaf Köller ein. G8 erfordere ungefähr eine halbe Stunde mehr Schulzeit pro Tag. Die fehle den Jugendlichen. Trotzdem unterscheidet sich das Freizeitverhalten der G8-Schüler nicht von dem der G9-Schüler, ergab eine Studie der Uni Tübingen.
Die Leistungen der Gymnasiasten hat Köller 2009 in einer ländervergleichenden Studie untersucht. Auch hier gab es keine Unterschiede. 2015 wurde die Studie wiederholt, das Ergebnis blieb das Gleiche. "Alle Studien, die wir kennen, weisen darauf hin, dass das Belastungserleben der G8-Schülerinnen und Schüler nicht größer ist als das der G9-Schülerinnen und Schüler." Die Studien zeigten auch, dass sich Gymnasiasten und Gymnasiastinnen, je näher sie dem Abitur kämen, generell belastet fühlten. Die Reform, die die Schulzeit verkürzt hat, habe insgesamt zwar nicht geschadet, sie habe aber auch nicht groß genutzt. Deshalb glaubt Köller auch nicht, dass die Rückumstellung von G8 auf G9, wie sie jetzt in Bayern geplant ist, positive oder negative Effekte haben wird.
Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im: Radio | 08.04.2017 | ab 05:00 Uhr
Zuletzt aktualisiert: 08. April 2017, 05:00 Uhr