Einen Namen für ihr Unternehmen haben Monika Černiauskaitė und Elvira Bechtold schon: Rest:art. Die beiden Lebensmitteltechnologie-Studentinnen von der Hochschule Geisenheim im Rheingau wollen aus Biertreber, einem Abfallprodukt, das in Brauereien anfällt, Fleischersatzprodukte und Erfrischungsgetränke fertigen. Biertreber enthält, wie sie schildern, reichlich Proteine, Ballaststoffe und wertvolle Mikronährstoffe. Sie werden jedoch bei der Bierproduktion, häufig weggeworfen, da sie schnell verderblich sind. Jährlich etwa zwei Millionen Tonnen davon fallen allein in Deutschland an. Die beiden Gründerinnen wollen das nutzen.
Die Idee für ihr Start-up entstand im Mai vergangenen Jahres, als Černiauskaitė bei einem Upcycling-Praktikum in Dänemark Bier gebraut hat. Gegründet ist das Unternehmen noch nicht. Doch das Konzept steht, die Studentinnen haben es in den vergangenen Monaten im Rahmen des „Hessen Ideen Stipendiums" entwickelt. Für die Gründung fehlt aber noch ein entscheidender Baustein: „Wir können die Produktentwicklung machen, wo uns tatsächlich aber die Kompetenz fehlt, ist im ganzen BusinessDevelopment-Bereich", sagt Bechtold.
Darum suchen sie einen Mitgründer, der idealerweise schon Start-up-Erfahrung haben soll. Um jemanden mit genau diesen Kompetenzen zu finden, sind sie nach Frankfurt ins Techquartier zur Veranstaltung „Meet your Co-Creator" gekommen. Ein Unternehmen allein aufbauen, würden sie aus mehreren Gründen nicht, wie sie sagen: Zum einen sei die emotionale Unterstützung durch Ko-Gründer wichtig, zum anderen sei es anmaßend zu denken, eine einzelne Person könnte alle Kompetenzen allein abdecken.
Wie Speeddating„Das ist auch der Grund, warum wir dieses Event veranstalten", sagt Sarah Gronwald vom Techquartier, einer branchenübergreifenden Innovationsplattform mit Sitz in Frankfurt. Letztlich gehe es auch den Investoren darum, dass die Gründer fähig seien, Krisen aufzufangen. Das funktioniere am besten, indem man die Zuständigkeiten auf verschiedene Personen verteile, um sich auf die eigenen Kernkompetenzen fokussieren zu können.
Deshalb bietet das Techquartier Veranstaltungen, um mögliche Mitgründer zu finden. Rund 20 Gründerteams und zahlreiche potentielle Mitgründer kommen dabei zusammen, um passende Partner zu finden. „Wir schaffen einfach eine Plattform, um diese Leute zusammenzubringen, gar nicht mal nur die Young Professionals, sondern auch Leute, die schon mehr Erfahrung haben", sagt Gronwald.
Es funktioniert ein wenig wie Speeddating. Jedes Start-up stellt in einem einminütigen Vortrag die eigene Gründungsidee vor und was für seinen Wunschpartner wichtig ist. Anschließend stehen sie an einen Meter hohen Holzkisten, die in der offenen Bürofläche verteilt sind, für weitere Gespräche bereit. Es werden erste Kontakte ausgetauscht, um am Ende vielleicht sogar als Gründerteam zusammenzukommen. Bechtold glaubt, für sie eigne sich der Standort Frankfurt perfekt, da es hier viele Wirtschaftsstudiengänge gebe.
Mit ihrer Mitstreiterin ist sie sich jedoch einig, dass zu viele Gründer im Team zu Schwierigkeiten führen könnten. „Die magische Zahl liegt bei drei, das vereinfacht demokratische Entscheidungen", sagt Černiauskaitė. So ähnlich sieht das auch Maximilian Bannasch, einer der Gründer von Circolution. Gemeinsam mit Kirils Jegorovs und Alessandro Marchiaro hat er ein neues, nachhaltig skalierbares Mehrwegsystem für alle Lebensmittelsegmente entwickelt.
Ständige HerausforderungDamit sollen Einwegverpackungen vermieden und der Weg in eine Welt ohne Verpackungsmüll beschleunigt werden. Kennengelernt haben sich die drei im Inkubationsprogramm „Futury" im September 2019. Das dreimonatige Projekt brachte sie als Gründerteam zusammen und ließ die Idee des nachhaltigen Mehrwegsystems entstehen. „Wir haben uns von unseren Kompetenzen sehr ergänzt", sagt Bannasch.
Er vereine die Themen Partnerschaften, Sale und IT, während Marchiaro das Thema Finanzierung übernehme. Harvard-Absolvent Jegorovs sei zuständig für die Produktentwicklung und dank seiner 15 Jahre langen Expertise bei verschiedenen Lebensmittelherstellern der Kopf hinter dem Konzept. Da sie aber vor allem eine digitale Plattform für Mehrweg aufbauen wollen, suchen sie noch einen vierten Mitgründer - einen Programmierer, am besten mit Start-up-Erfahrung.
Als Mitgründer ins bestehende Team zu kommen könne auch Probleme mit sich bringen, sagt Bannasch. „Man ist nicht zusammen durch dick und dünn gegangen, gerade beim Start kann es nämlich schwierig sein", sagt der Wirtschaftsinformatiker. Dennoch glaubt Bannasch, dass „so ein Event ein guter Startschuss sein kann". Die Circolution-Gründer wollen sich mehrere Monate Zeit nehmen, um zu sehen, inwiefern Kandidaten anhand ihrer Persönlichkeit und ihrer Kompetenzen ins Team passen.
Schließlich fordere man sich im Gründerteam ständig gegenseitig heraus. Nur so könne ein Unternehmen wachsen. Bei einer Gründung ohne Partner bestehe die Gefahr, eingefahren zu bleiben und sich in der eigenen Gedankenblase zu verlieren. „Um wirklich schnell voranzukommen, braucht man einfach Leute, auf die man sich verlassen kann", so Bannasch.