Es ist eine Premiere: Bernd Kaffenberger gibt seinen Mitarbeitern „Eintracht-frei". Sechs Rewe-Märkte betreibt der Unternehmer in Bad Vilbel und Eschborn, vier davon haben normalerweise bis 22 Uhr geöffnet. Doch an diesem Mittwoch werden sie schon zwei Stunden früher schließen, schließlich herrscht im Rhein-Main-Gebiet Ausnahmezustand: Zum ersten Mal seit 42 Jahren stehen die Profifußballer der Frankfurter Eintracht wieder in einem europäischen Finale. Damals, im Mai 1980, setzte die Eintracht sich gegen den deutschen Konkurrenten Borussia Mönchengladbach durch. Nun kämpft das Team im spanischen Sevilla gegen die Glasgow Rangers. Und nicht nur eine Stadt, sondern eine ganze Region steht kopf.
„Ganz spontan" hatte Bernd Kaffenberger die Idee, seine Supermärkte früher zu schließen, damit seine Mitarbeiter das Finale, das um 21 Uhr beginnt, nicht verpassen. Nun wird im Markt in Bad Vilbel gemeinsam geschaut, bei Bier, Apfelwein und Bratwurst. Doch komplett ist die Belegschaft nicht. Der Chef selbst wird fehlen, weil er noch eine der raren Karten für das Spiel in Sevilla ergattert hat. Anderen Mitarbeitern ist es gelungen, an Tickets für das Public Viewing im Frankfurter Waldstadion zu kommen.
„Fanmarsch" zum StadionDie Karten für das gemeinsame Fußballgucken im Heimstadion der Eintracht waren heiß begehrt, die 50.000 Plätze schnell ausverkauft. Damit noch ein paar Fans mehr an der Fußballparty teilnehmen können, wird nun auch noch vor dem Stadion eine Leinwand aufgebaut.
Eine riesige Menschenmenge soll dorthin marschieren, ein „Fanmarsch" will sich vom Römerberg aus auf den Weg zum Stadion machen. Mit Megafonen, Trommeln und Fahnen wollen sie den Verein ihres Herzens lautstark anfeuern. „Jeder, den ich kenne, kann an gar nichts anderes mehr denken", sagt Bjarne May, der sich an der Organisation beteiligt hat. Die Eintracht-Community hat in den vergangenen Tagen in den sozialen Netzwerken zu dem Marsch getrommelt, um 17.30 Uhr soll es am Römer losgehen. 1000 Teilnehmer sind offiziell angemeldet, die Veranstalter vermuten jedoch, dass auch deutlich mehr Fans kommen könnten.
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Viele wollen das Spiel aber auch in Kneipen, Restaurants und auf den Terrassen der Lokale verfolgen. Doch wer dafür nicht reserviert hat, dürfte kaum mehr einen Platz finden. Im Kneipenviertel Alt-Sachsenhausen jedenfalls wird mit einem großen Ansturm gerechnet. „Beim Halbfinale hast du den Boden gar nicht mehr gesehen", erinnert sich Lorna O'Sullivan, von der Apfelweinwirtschaft „Dauth-Schneider". Große Bildschirme sollen im Außenbereich der Kneipe aufgestellt werden, sodass auch die Fans, die drinnen nicht unterkommen, das Spiel verfolgen können. Das „Dauth-Schneider" ist seit einer Woche ausgebucht. O'Sullivan freut sich auf den Abend und die Fans. „Die Stimmung ist generell so euphorisch, das macht einfach nur Spaß", sagt sie.
Außenbereiche am Römerberg müssen schließenGleich um die Ecke, im „O'Dwyer's Irish Pub", sieht es nicht anders aus. „Ich muss zehn Leuten pro Tag absagen", berichtet Wirtin Ruth Twelde.